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Grundfunktionen des Personalmanagements

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Grundgedanken: Aus funktionalistischerer Sicht betrachtet trägt das Personalmanagement über seine vielfältigen Managementfelder mit dazu bei, die organisationalen Grundfunktionen und damit die zentralen organisationalen Bindekräfte aufrecht zu erhalten. So unterscheidet etwa Christian Scholz (2011, S. 40) zwanzig Aktivitätsfelder, die hierfür relevant sind. Orientiert am Modell der Wertschöpfungskette unterscheidet er zum einen primäre Wertschöpfungsaktivitäten, die kennzeichnend für den Hauptprozess des Personalmanagements sind und die von der Personalbedarfskalkulation bis zur Personalreduktion reichen. Zum anderen nennt er die sekundären, also unterstützenden Wertschöpfungsaktivitäten, die quer zu den Prozessphasen verlaufen und diese somit durchgängig durchziehen.  Darüber hinaus sind die Aktivitätenfelder über „informatorischen Rückkopplungen“ miteinander verbunden, die in letzter Konsequenz die Basis bzw. das Grundgerüst für den Wertschöpfungsbeitrag des Personalmanagements bilden.

    2. Die sechs Grundfunktionen: Ausgehend von diesen Aktivitäten- bzw. Managementfeldern ist wieder zu fragen, welches nun denn die zentralen Funktionen des Personalmanagements sind, die allgemein zum Erhalt eines Sozialsystems beitragen. Diese Grundfunktionen sind dann als Leitbild für den Auf- bzw. Ausbau eines effektiven Personalmanagements anzusehen, da sie für alle Sozialen Systeme gleichermaßen Relevanz besitzen.

    Nach Albert Martin (2001, S. 33 ff.) sind sechs Grundfunktionen des Personalmanagements zu unterscheiden: Selektion, Integration, Sozialisation, Anreizgestaltung, Kontrolle  und Aufgabengestaltung. Für diese lassen sich unterschiedliche Gestaltungsansätze ableiten, mittels derer die Entwicklung und der Erhalt dieser personalen Grundfunktionen und damit des jeweiligen Sozialen Systems befördert werden kann. Einige Gestaltungsansätze werden nachfolgend bei der Beschreibung der Grundfunktionen bereits benannt.

    3. Beschreibung der sechs Grundfunktionen: a) Selektion: Sie ist von strategischer Bedeutung. Wer soll etwa im Unterneh­men als Mitarbeiter tätig sein, an welchem Arbeitsplatz? Wer soll Karriere machen? Wer soll an Personalentwicklungsmaßnahmen, z.B. job enlargement, job enrichment und job rotation und wer an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen? Ausgangspunkt dieser Überlegungen sollte immer der Business Case, die strategische Positionierung der Organisation sein. Hieraus sind die notwendigen Kompetenzfelder und Kompetenzprofile abzuleiten, die dann von einzelnen Mitarbeitern, oder Mitarbeitergruppen abgedeckt werden. Die Auswahlkriterien im Rahmen der Personalsuche, -beschaffung und -auswahl sollen sich an diesen kompetenzbasierten Arbeitsanforderungen orientieren. Bei der Personalauswahl kommt es somit darauf an, für jeden Arbeitsplatz die jeweils zutreffenden Kriterien auszuwählen, sie zu gewichten und das erforderliche Anforderungsniveau zu bestimmen. Diese Anforderungen sind dann in den unterschiedlichen Auswahlmethoden, wie den Bewerbungs- und Einstellungsgesprächen, Einstellungs-, Persönlichkeits- und Leistungstests, Simulationen usw., umzusetzen und anzuwenden.
    b) Einbindung in die Organisation: Unter der Einbindung des Einzelnen in die jeweilige Organisation ist die formale und formelle Beziehung zwischen Organisationsmitglied und Organisation zu verstehen. Ohne die graduelle Bereitschaft der Mitglieder, sich in eine Organisation einbinden zu lassen, ist deren Zusammenhalt gefährdet. U.a. werden im Arbeitsvertrag und in der Betriebsordnung erste Eckwerte formuliert, z.B. hinsichtlich der Pflichten aber auch der Rechte des Organisationsmitgliedes. Durch die Festlegung eines disziplinarischen und/oder fachlichen Vorgesetzten erfolgt etwa die Einordnung in die Hierarchie innerhalb der Organisation und in das zu betreuende Aufgabengebiet. Letzteres wiederum bestimmt u.a. den Intensitätsgrad der erforderlichen Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern der Organisation. Mit Blick auf die Einbindungsbereitschaft ist auch zu fragen, inwieweit sich das zukünftige Organisationsmitglied als zugehörig zur Organisation betrachtet.  Steht es deren Zielen und Leitgedanken positiv gegenüber? Basiert die Mitglied­schaft eher auf Opportunismus oder auf Identifikation? Bereits im Rahmen der Selektion ist zu überprüfen, inwieweit der neue Mitarbeiter zur Einbindung bereit ist. Einem neuen Mitarbeiter wird diesbezüglich meist ein Vertrauensvorschuss geschenkt. Diesen muss er dann rechtfertigen und gerade zu Beginn seiner Mitgliedschaft in der Organisation regelmäßig bestätigen, um eine entsprechende Akzeptanz bei den übrigen Organisationsmitgliedern zu erlangen. Daher ist es bedeutsam, dass für die neuen Mitarbeiter in der Zeit ihrer Eingewöhnung Begleitmaßnahmen organisiert werden und für regelmäßige Rückmeldegespräche gesorgt wird. Dies kann z.B. über einen klar strukturierten und nachgehaltenen Einarbeitungsprozess und regelmäßige Gesprächsrunden mit vielfältigen Mitarbeitergruppen erfolgen, wie Führungskräften, Arbeitskollegen aus unterschiedlichen Organisationsbereichen, Mitgliedern des Betriebsrates oder Personalbetreuern.
    c) Sozialisation: Mitarbeiter werden häufig aus zunächst fachlichen Grün­den für ein Aufgabengebiet eingestellt, in dem sie dann mit anderen Organisationsmitgliedern zusammenarbeiten. Damit sind sie automatisch in ein soziales Beziehungsgeflecht eingebunden ist. In Gemeinschaften bilden sich nun Werte, Einstellungen und damit korrespondierende Verhaltenserwartungen an die einzelnen Mitglieder heraus, die das Zusammenarbeiten erleichtern. Diese spezifischen kulturellen Besonderheiten einer Organisation bzw. eines Organisationsbereiches werden einem neuen Mitarbeiter ebenfalls in der Phase der Eingewöhnung nahegebracht. Hierbei wird er so zu sagen auf die „Dos and Dont's“ eingeschworen, auf ungeschriebene Regularien, z.B. wann üblicherweise die Pausenzeiten genommen werden, auf Verhaltensgewohnheiten, z.B. welcher Sitzplatz im Besprechungsraum wem vorbehalten ist, und auf Verhaltenserwartungen, z.B. wird vom neuen Mitarbeiter erwartet, dass er eine Einstandsfeier ausrichtet oder nicht. Die Sozialisation kann direkt durch die Organisation bewirkt werden, etwa im Rahmen eines Begrüßungstages, über Instruktionen zum Arbeitsverhalten, z.B. mittels eines Vortrages über Compliance oder über ein Patenprogramm. Meist erfolgt die Sozialisation jedoch über informelle Gespräche mit Arbeitskollegen, über das Vorleben, das Nachahmen und das Kommentieren von Verhaltensmustern.
    d) Anreizgestaltung: Die Differenzierung von Anreizen gehört ebenfalls zu den Grundfunktionen des Personalmanagements. Sozialen Beziehungen in und zu Organisationen liegt häufig das Prinzip von Leistung und Gegenleistung zugrunde. Ein Mitarbeiter etwa stellt seinem Unternehmen seine Arbeitskraft zur Verfügung und darf als Gegenleistung eine angemessene Entlohnung erwarten. Über die Ausgestaltung von Entlohnungsformen eröffnen sich damit Möglichkeiten, das Leistungsverhalten der Mitarbeiter in gewissen Grenzen zu stimulieren. Diese Annahme liegt etwa der Idee einer Restaurantkette zugrunde, bei der die Kellner eine Gehaltserhö­hung erhalten, wenn sie 100 Stammkunden persönlich mit ihrem Namen ansprechen können.  Neben finanziellen Anreizen, wie Prämien, Boni und Tantiemen gibt es eine Vielzahl von weiteren materiellen und immateriellen Belohnungen. Dazu gehören Statussymbole, Titel, exklusive Einladungen, offizielle Preisverleihungen, persönliche Dankschreiben, oder Firmenwagen. Eine hohe Anreizwirkung geht auch von Karrierezusagen und Entwicklungsmöglichkeiten aus.
    e) Kontrolle: Anreiz und Kontrolle sind zwei wichtige und miteinander verbundene Stellschrauben zur Einflussnahme auf das Verhalten von Menschen. Anreize sollen einerseits das Leistungsverhalten der Mitarbeiter befördern. Über die Kontrollfunktion wird anderseits aus Organisationssicht ermittelt, ob und inwieweit die Mitarbeiter das erwartete bzw. das zugesagte Leistungsverhalten auch tatsächlich erbringen und inwieweit durch letzteres  Leistungsergebnisse erzielt werden, die von der Organisation am Markt platziert bzw. verkauft werden können. Die Kontrolle der beiden Leistungsdimensionen Arbeitsverhalten und Arbeitsergebnis ist damit eine weitere bedeutsame Grundfunktion des Personalmanagements. Beim Arbeitsverhalten stellt sich u.a. die Frage, inwieweit ein Mitarbeiter seine Aufgabenerfüllung ernst nimmt. Arbeitet er bei Bedarf auch über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus oder leistet er nur Dienst nach Vorschrift? Mit Blick auf die Arbeitsergebnisse ist u.a. zu ermitteln, inwieweit ein Mitarbeiter die vereinbarten Zielerreichungsgrade, z.B. bezüglich Kosten, Zeit und Qualität erfüllt oder übererfüllt. Neben der Fremdkontrolle, etwa durch die Führungskraft in einem Reviewgespräch, ist es ebenso sinnvoll, dem Mitarbeiter die Möglichkeit zur Selbstkontrolle und damit zur Selbststeue­rung zu geben, z.B. über Job Aids, Handbücher, Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen und Checklisten.
    f) Arbeitsgestaltung: Auch die Gestaltung von Arbeitsinhalten und -prozessen ist Teil der Grundfunktionen des Personalmanagements. Zum einen ist der Arbeitsablauf zu koordinieren. Die verschiedenen Teilaufgaben innerhalb einer Organisationseinheit müssen einen inhaltlichen Zusammenhang aufweisen, damit ein Bewusstsein für eine gemeinsame Aufgabenstellung entsteht und erhalten bleibt. Notwendig sind sowohl inhalts- als auch beziehungsorientierte Kommunikationsformen zwischen den Mitarbeitern, ebenso die Förderung der gegenseitigen Unterstützung. Zum anderen ist zu überdenken, wie der Arbeitsplatz gesundheitsförderlich gestaltet werden kann und wie die Arbeitsinhalte entwickelt werden können, damit diese von den Mitarbeitern motivierend erlebt werden. Es empfiehlt sich, die Aufgaben mit planenden, ausführenden und kontrollierenden Elementen zu versehen. Daneben fördern in der Regel Anforderungsvielfalt, Möglichkeiten zur sozialen Interaktion, zur eigenständigen Disposition und Entscheidung bei Mitarbeitern das Interesse an und ein Engagement für die Aufgabenstellung.

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