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Verbriefung von Kreditportfolios

Definition: Was ist "Verbriefung von Kreditportfolios"?

Zahlungsansprüche von Unternehmen gegen ihre Kunden stellen illiquide Buchforderungen dar. Die Verbriefung solcher Forderungsbestände bietet eine Möglichkeit zur Refinanzierung, da sie die Forderungsbestände in handelsfähige Wertpapiere umwandelt, die am Kapitalmarkt platziert werden können. Unternehmen können mit dem frischen Kapital Investitionen tätigen oder Fremdkapital zurückgewähren. Für Unternehmen kann diese Art der Kapitalaufnahme eine Alternative zu klassischen Bankkrediten darstellen.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Grundsätze
      1. Vermögensgegenstände
      2. Grundstrukturen
      3. Weiterentwicklungen
    2. Finanzkrise
    Zahlungsansprüche von Unternehmen gegen ihre Kunden stellen illiquide Buchforderungen dar. Die Verbriefung solcher Forderungsbestände bietet eine Möglichkeit zur Refinanzierung, da sie die Forderungsbestände in handelsfähige Wertpapiere umwandelt, die am Kapitalmarkt platziert werden können. Unternehmen können mit dem frischen Kapital Investitionen tätigen oder Fremdkapital zurückgewähren. Für Unternehmen kann diese Art der Kapitalaufnahme eine Alternative zu klassischen Bankkrediten darstellen. Es wurde teilweise schon von einer Substitution der herkömmlichen (Hausbank-)Kredite durch dieses Finanzierungsinstrument gesprochen.

    Für Finanzinstitute hat die Weiterveräußerung verbriefter Kredite den Vorteil, dass weniger Reserven zur Ausfallsicherung vorgehalten werden müssen. Das frei werdende regulatorische Eigenkapital ermöglicht es ihnen, neue Kredite zu vergeben. Erste Bündelungen solcher Verbriefungen gab es in den USA Ende der 1980er-Jahre, erst Ende der 1990er-Jahre wurde „originate and distribute“ bzw. später „originate to distribute“ jedoch zu einem attraktiven Geschäftsfeld v.a. der Investmentbanken und etablierte sich auch in Deutschland. Dies lag auch an der Weiterentwicklung der verschiedenen Strukturierungen, Risikotransferinstrumente und - techniken, denn nicht zuletzt bedeuten Verbriefungen die Auslagerung und Verteilung von Risiken auf viele Parteien. Die Einschaltung von Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicle, SPV) als außerbilanziellen Vehikeln bot zudem einen attraktiven Leverage-Effekt.

    Grundsätze

    Vermögensgegenstände

    Zu einer Verbriefung eignen sich insbesondere Forderungen mittelfristiger Art aus Lieferungen und Leistungen, Forderungen aus Leasing-Finanzierungen, aus Franchise- und sonstigen Lizenzvereinbarungen, aus Konsumentenkrediten wie z.B. Autokrediten, aus Unternehmensdarlehen, aus Hypotheken- und Wohnungsbaukrediten, aber auch aus Mietforderungen. Die Forderungen sichern dabei die Wertpapiere ab. Die aus einer solchen Verbriefung (Asset Securitisation) hervorgehenden Wertpapiere bezeichnet man als Asset Backed Securities (ABS). Bei Immobilienkrediten bzw. Hypothekendarlehen auf Immobilien nennt man sie Mortgage Backed Securities (MBS). Bei Residential Mortgage Backed Securities (RMBS) handelt es sich um durch private Wohnimmobilien besicherte Wertpapiere, Commercial MBS liegen Finanzierungsforderungen aus gewerblich genutzten Immobilien zugrunde. Handelt es sich bei den Assets nicht um Forderungen aus Darlehensverträgen, sondern z.B. aus Leasingverträgen, spricht man auch von ABS im engeren Sinne.

    Grundstrukturen

    Es haben sich zwei Arten von Grundstrukturen der Verbriefung herausgebildet: die True-Sale-Transaktion, bei der das Unternehmen, der "Originator", die Forderungen verkauft und die synthetische Transaktion, bei der nur die sich aus den Forderungen ergebenden Risiken am Kapitalmarkt platziert werden.
    Bei der True-Sale-Verbriefung handelt es sich rechtlich um einen regresslosen Forderungsverkauf an eine Zweckgesellschaft, die eigens für diese Transaktion gegründet wurde (SPV, auch Asset Backed Securities Corporation). Gewünscht ist bei dieser Konstruktion, dass der Eigentumsübergang bilanzbefreiende Wirkung hat. Dazu darf die SPV nicht zum Konsolidierungskreis des Originators gehören, was entsprechende Gestaltungen erfordert. Um den Kauf der Forderungen zu finanzieren, emittiert die SPV Geldmarktpapiere bzw. ABCPs (Asset Backed Commercial Paper). Die Anleihen werden aus den Tilgungen der zugrundeliegenden Kredite aufgebracht. Die Investoren tragen das Risiko des Forderungsausfalls. Oftmals wird das Risiko durch Garantien aufgefangen, die gegeben werden, um die Papiere für Investoren attraktiver zu machen.
    Im Rahmen einer synthetischen Verbriefung verbleiben die Vermögensgegenstände beim Originator, also auch in seiner Bilanz. Übernommen werden von der SPV nur die Risiken, v.a. die Ausfallrisiken, bei deren Eintreten ein Ausgleich an den Originator zu zahlen ist. Für diese Kreditversicherung (Credit Default Swaps, CDS, Kreditderivate) erhält die SPV vom Originator eine Gebühr. Auch bei dieser Konstruktion platziert die SPV eine Anleihe, mit deren Erlöse sie dann sichere Anlagen, wie z.B. Staatsanleihen erwirbt, oder eine Rückversicherung, z. B. durch einen weiteren CDS, erzielt. Die Gebühr und die Geldströme aus den Anlagen dienen zur Bedienung der Anleihe.
    Beiden Grundstrukturen ist gemein, dass sie meist in verschiedene Tranchen aufgeteilt werden, um unterschiedliche Risikoklassen zu schaffen. Sie sind so strukturiert, dass ein möglicher Kreditausfall zunächst die „unteren“ Tranchen trifft (First Loss), die dafür höher verzinst werden als eine weniger risikoreiche Tranche.

    Weiterentwicklungen

    a) Collateralized Debt Obligations (CDOs), die zur Gruppe der ABS gehören, sind strukturierte Produkte. Sie bilden einen Korb von Collateralized Loan Obligations (CLOs) mit Krediten als unterlegten Vermögenswerten (Underlying), Collateralized Bond Obligations (CBOs) mit Anleihen als Basis, Collateralized Synthetic Obligations (CSOs) mit Derivaten als Vermögenswerten. Es handelt sich dabei um hochkomplexe Finanzinstrumente, deren Risiken entsprechend schwer einzuschätzen sind.

    b) ABCP-Programme und Conduits: Standardisierte Asset-Backed-Commercial-Paper-Programme (ABCP-Programme) ermöglichen es einem oder mehreren Unternehmen, laufend Forderungen an eine SPV zu verkaufen, die zur Refinanzierung revolvierend Commercial Papers ausgibt. Eine solche SPV, die nicht nur für eine Anleihe gegründet wird, sondern einem ABCP-Programm dient, wird Conduit genannt.

     

    Finanzkrise

    Als Auslöser der Finanzkrise gelten die Subprime-RMBS aus den USA. Dabei bedeutet die Bezeichnung „Subprime“ Hypothekendarlehen an Kreditnehmer geringer Bonität, von geringen oder unsicheren Einkommen. Sie wurden in aggressivem Vertrieb mit niedrigen Anfangsraten und hoher Beleihungsquote vergeben. Als steigende Zinsen mit fallenden Immobilienpreisen zusammenfielen, stiegen die Zahlungsausfälle deutlich an. Globale Auswirkungen ergaben sich durch die Refinanzierung der Subprime-Kredite über die beschriebenen strukturierten Finanzinstrumente im Kapitalmarkt. Die teilweise langfristigen Engagements in den Papieren finanzierten Investoren nicht selten kurzfristig über Fremdkapital, nach dessen Fälligkeit sie illiquide wurde. So wurde eine Kettenreaktion ausgelöst.

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