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Subprime-Krise

Definition: Was ist "Subprime-Krise"?

Seit dem Frühjahr 2007 ließ sich auf dem US-Markt für Hypothekenkredite mit geringer Bonität (Subprime) ein drastischer Anstieg von Zahlungsausfällen beobachten, der in der Folgezeit zu erheb­lichen Neubewertungen von Krediten, Auflösungen von Kredit­porte­feuilles, Not­finan­zierun­gen von Spezialinstituten bis hin zum Zusammenbruch von Finanz­in­stituten führte. Da die Refinan­zierung der US-Hypothekenkredite auf den inter­nationalen Fi­nanz­märkten in Form von Kreditverbriefungen stattfand, erreichte die Subprime-Krise ab Mitte 2007 auch die Fi­nanz­­märkte anderer Industrieländer und löste in der Folgezeit eine weltweite Finanzkrise und Konjunkturkrise aus.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Kurzbeschreibung
    2. Das Subprime-Segment
    3. Motivation für die Nachfrage nach Hypothekenkrediten
    4. Motivation für das Angebot von Hypothekenkrediten
    5. Formen der Kreditverbriefung
    6. Motivation für die zunehmende Verbriefung von Krediten
    7. Die Rolle der Geldpolitik in der Subprime-Krise
    8. Die realwirtschaftlichen Folgen der Subprime-Krise

    Kurzbeschreibung

    Seit dem Frühjahr 2007 ließ sich auf dem US-Markt für Hypothekenkredite mit geringer Bonität (Subprime) ein drastischer Anstieg von Zahlungsausfällen beobachten, der in der Folgezeit zu erheb­lichen Neubewertungen von Krediten, Auflösungen von Kredit­porte­feuilles, Not­finan­zierun­gen von Spezialinstituten bis hin zum Zusammenbruch von Finanz­in­stituten führte. Da die Refinan­zierung der US-Hypothekenkredite auf den inter­nationalen Fi­nanz­märkten in Form von Kreditverbriefungen stattfand, erreichte die Subprime-Krise ab Mitte 2007 auch die Fi­nanz­­märkte anderer Industrieländer und löste in der Folgezeit eine weltweite Finanzkrise und Konjunkturkrise aus.

    Das Subprime-Segment

    Die Einstufung als Subprime-Hypothek erfolgt, wenn der Kreditnehmer in der Vergangenheit zahlungsunfähig war, bei ihm eine Zwangs­ver­steigerung doku­mentiert wurde oder er mit Kreditraten in Verzug geraten ist. Als Indikatoren für die Subprime-Klassifizierung werden ferner das Verhältnis zwischen dem Schuldendienst und dem laufenden Einkommen (debt service-to-income ratio; DTI ratio) sowie das Verhältnis der Kreditsumme zum Wert der Immobilie (mortgage loan-to-value ratio; LTV ratio) herangezogen. Kreditnehmer mit einem geringen „credit score“, einem DTI über 55 Prozent oder einem LTV von über 85 Prozent werden dem Subprime-Markt zugeordnet. Neben dem Subprime-Markt existiert das Marktsegment für „Alt A“-Kredite. Bei diesen Hypotheken muss kein oder kein vollständiger Einkommensnachweis vorliegen. Aufgrund der geringeren Dokumentations­pflicht spricht man auch von „low doc/no doc loans“.

    Motivation für die Nachfrage nach Hypothekenkrediten

    Der hohe und seit Mitte der 1990er-Jahre nochmals deutlich gestiegene Anteil von Haus­eigentümern an der US-Bevölkerung (1995: ca. 65 Prozent; 2004: ca. 69 Prozent) ist mit dem geringen Angebot an Mietwohnungen und entsprechend hohen Mieten in vielen US-Regionen er­klärbar. Eine flächendeckende För­derung des Mietwohnungsbaus existiert nicht. Zugleich sind Rechte von Mietern be­grenzt, sodass eine mangelnde Planungssicherheit den Wunsch nach der eigenen Immobilie verstärkt. Die Notwendigkeit, den Erwerb privaten Wohn­eigentums überwiegend mit Krediten zu finanzieren, lässt sich mit der geringen Sparquote in den USA begründen. Ne­ben der mangelnden Sparfähigkeit von Beziehern niedriger Einkommen dürfte die man­geln­de Sparwilligkeit breiter Bevölkerungsschichten ausschlaggebend sein. Trotz einer Vielzahl denkbarer Erklärungsansätze (Messfehler, Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, demo­grafische Faktoren usw.) lässt sich der trendmäßige Rückgang der pri­vaten Sparquote in den USA empirisch nicht zufriedenstellend erklären („Personal Saving Rate Puzzle“). Festzuhalten bleibt aber, dass die Ersparnisbildung von staatlicher Seite in den USA nicht wirksam gefördert wurde, während Zinszahlungen für (Hypotheken-)Kredite steuer­lich abzugs­fähig waren und damit nicht nur die originäre Kreditaufnahme für den Im­mobilien­er­werb sondern auch die Finanzierung des privaten Konsums über Hypo­theken­kre­dite begünstigten. So war zu beobachten, dass die zusätzliche Beleihung von bereits bestehendem Immobilieneigentum (MEW; mortgage equity withdrawal) für Konsumzwecke deutlich zunahm, weil steigende Immobilienpreise auch den nominellen Beleihungswert der Immobilie erhöhten.

    Die Ausgestaltung des US-Steuerrechts veränderte zudem die Finanzierungspraxis beim Erwerb von Immobilien. Überschreitet die Fremdfinanzierungsquote 80 Prozent des Immobi­lien­wertes, ist in den USA traditionell der Abschluss einer Aus­fall­ver­sicherung (PMI; private mortgage insurance) erforderlich, die bis zum Jahr 2007 nicht steuerlich abzugsfähig war und deren volle Abzugsfähigkeit auch seitdem an gewisse Bedin­gungen geknüpft ist. Aus diesem Grund ging man dazu über, bei hohen Fremd­finan­zierungsquoten neben einem ersten Hypothekenkredit (80 Prozent) simultan einen zweiten (nach­ran­gigen) Kredit (piggyback loan) aufzunehmen, mit dem man eine PMI vermeiden konnte. Beim Vergleich der beiden Finanzierungsformen führte die steuerliche Abzugs­fähig­keit des zweiten Kredites häufig zu Kostenvorteilen gegenüber der Versicherungslö­sung. Während bei der traditionellen Finan­zierung mit PMI üblicherweise ein Eigenanteil beim Immobilienerwerb erforderlich war, führte die „piggyback loan“-Finanzierung häufig zu einer vollständigen Fremdfinanzierung (80/20 loan).

    Die Kreditaufnahme wurde zudem durch ein „gutes“ Finanzierungsumfeld begünstigt. Eine zunehmend stabilitätsorientierte Geldpolitik in vielen Industrieländern führte in den 1980er- und 1990er-Jahren zu einem Disinflationsprozess (sukzessiver Rückgang der In­flations­raten), der nicht nur längerfristig ein Absinken der lang­fristigen Nominalzinssätze im Sinne der Fisher-Relation auslöste, sondern - aufgrund sinkender Inflationsrisikoprämien - bis zum Jahr 2005 auch einen spürbaren Rück­gang der Realzinssätze be­wirkte. Neben diesem Absinken von makroökonomischen Risiken werden zunehmende globale Sparüberschüsse - insbesondere aus Schwellenländern wie der VR China - für den tendenziellen Rück­gang der Lang­fristzinsen verantwortlich gemacht. Die mangelnde Investitionsbereitschaft von inländischen Anlegern in Emerging Markets (aufgrund vorangegangener Finanzkrisen) und ihre Suche nach sicheren Anlagehäfen führte zu einem Kapitalexport in die Industrieländer, speziell in die USA. Auch die Notenbanken der Schwellenländer legten ihre Devisenreserven schwerpunktmäßig in den USA an. Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber den USA und der Versuch durch Devisenmarktinterventionen eine Aufwertung der heimischen Währung gegenüber dem US-Dollar zu verhindern, führte zu einem stetigen Aufbau entsprechender Reservepositionen und einen entsprechenden Rückfluss in die USA. Auch das Petro-Dollar-Recycling der ölexportierenden Länder sowie die Durchführung von Carry Trades, d.h. die Kreditaufnahme auf dem Geldmarkt eines Niedrigzinslandes (bspw. Japan) und die simultane Anlage der liquiden Mittel in anderen Laufzeitsegmenten des US-Finanzmarktes begünstigte die Zinsentwicklung in den USA. Schließlich lassen sich auch demografische Veränderungen als Ursache für sinkende lang­fri­stige Zinssätze anführen. Die Vermögens­bildung gewinnt im Hinblick auf die Altersvorsorge in vielen Industrieländern eine zu­nehmende Bedeutung. Als Vehikel zur Alterssicherung werden häufig Pensionsfonds ein­gesetzt, die aufgrund gesetzlicher Restriktionen eine hohe Anlagepräferenz für Anleihen auf­weisen. Auch die kurz­fristigen Refinanzierungs­mög­lich­keiten für den Immobilienerwerb ver­besserten sich nach der Jahrtausendwende deutlich. Durch die sukzessiven Leitzinssenkungen der US-Notenbank von 6,5 Prozent im Jahr 2000 bis auf 1,0 Prozent für die Fed Fund Target Rate im Jahr 2004 stieg die Attrak­tivität variabel verzinslicher Hypotheken­kredite deutlich an.

    Die Aufnahme von Hypothekenkrediten wurde schließlich durch die mangelnden Sanktions­möglichkeiten auf den US-Kreditmärkten begünstigt. In den meisten US-Bundesstaaten dient lediglich die Immobilie des Schuldners als Sicherheit, der Zugriff von Gläubigern auf andere Vermögensgegenstände des Kreditnehmers ist hingegen ausgeschlossen. In der Praxis zieht ein Haus­besitzer, der seinen Hypothekarkredit nicht mehr bedienen kann, aus dem Haus aus, steckt die Haustürschlüssel in ein Kuvert und schickt ihn an seine Bank (jingle mail). Zwar droht kurzfristig ein Verlust der Kreditwürdigkeit, durch zuverlässige Zah­lungen von Kreditkartenrechnungen kann das persönliche Rating aber rasch wieder verbessert werden.

    Die mangelnde Haftung für Hypothekenkredite begünstigte nicht nur das Subprime-Segment sondern auch den spekulativen Erwerb von Immobilien. Spekulative Marktteilnehmer, die keine oder geringe Eigenmittel investieren, werden bei sinkenden Immobilienwerten keinen Sinn darin sehen, weitere Zins- und Rückzahlungen zu leisten. Man verliert im schlimmsten Fall seinen geringen Eigenmittelanteil und akzeptiert kurzfristig eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Bei steigenden Immo­bilien­preisen können spekulative Marktteilnehmer hingegen von der Marktentwicklung profitieren (vgl. Minsky-Effekt). Die steuerliche Abzugs­fähigkeit der Kredite forcierte zudem die Fremdkapitalaufnahme für den spekulativen Erwerb einer Zweit- oder Drittimmobilie.  

    Motivation für das Angebot von Hypothekenkrediten

    Betrachtet man die Kreditvergabe von US-Banken seit dem Platzen der Dotcom-Blase im Früh­jahr 2000, so ist eine deutliche Umstrukturierung erkennbar. Während die Kredite an Unter­nehmen ab dem Jahr 2001 rückläufig waren, stieg die Vergabe von Hypo­the­kenkrediten ab dem Jahr 2000 signifikant an, was auf eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells vieler US-Finanzinstitute schließen lässt. Ob diese Neuorientierung zu Beginn aktiv betrieben wurde (restriktive Kreditvergabe an gewerbliche Kunden) oder passiv auf einen konjunkturbedingten Rückgang der Kredit­nachfrage reagiert wurde, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die Neuausrichtung des Geschäftes insbesondere in der privaten Immobilienfinanzierung setzte - angesichts einer Hauseigentümerquote von ca. 67 Prozent aller US-Haushalte im Jahr 2000 - allerdings sehr bald die Erschließung neuer Kundengruppen voraus, die bislang für den privaten Im­mobilienerwerb nicht in Frage gekommen waren (Subprime-Segment).

    Der signifikante Anstieg der realen Hauspreise in den US-Ballungsgebieten seit Ende der 1990er-Jahre und damit der zunehmende Wert der Kreditsicherheiten war ein Schlüssel­faktor für den Kreditboom auf den US-Hypotheken­märkten. Aus Sicht der Kreditinstitute bestand kein Problem, Hypo­thekenkredite auch an solche Bürger zu vergeben, deren aktuelle und erwartete Einkommenssituation unzu­reichend war, um die Zins- und Kreditrückzahlungen auch bei veränderten Zinskonditionen in den Folgejahren zu gewährleisten. Die Mög­lich­keiten, die als Sicherheit bereitstehenden Im­mobilien zu verwerten, reichten für die Kreditvergabe aus. Angesichts der im Vergleich zu den langfristigen Hypothekenzinssätzen noch­mals deutlich niedrigeren Geld­markt­sätze waren viele US-Haushalte zudem bereit, varia­bel ver­zinsliche Hypothekenkredite aufzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass die traditionell langfristige festverzinsliche Immobilienfinanzierung in den USA durch eine Besonderheit geprägt ist. Im Fall eines Zinsrückgangs auf den Hypo­theken­märkten kann ein Kreditnehmer seinen Hypothekenkredit vorzeitig aufkündigen und zu den günstigeren Zinskonditionen weitgehend kostenfrei einen neuen Vertrag abschließen. Die hohe Flexibilität auf dem US-Hypothekenmarkt verteuert allerdings a priori die festverzinsliche Immobilienfinanzierung in Abhängigkeit von der Laufzeit um ca. 0,5 bis 1,2 Prozentpunkte.

    Variabel verzinsliche Hypothekenkredite (ARMs = adjustable rate mortgage) sind hybride Produkte, sie kombinieren variable und feste Verzinsungen. Zwei Drittel aller ARMs sind sog. „2/28“-Hypotheken. Bei einer Laufzeit des Hypothekenkredits von 30 Jahren wird für die beiden ersten Jahre ein Festzins vereinbart, der dann in eine variable Verzinsung umgewandelt wird. Die ARMs werden dann monatlich an die Zinsentwicklung auf den Geldmärkten angepasst, wobei unterschiedliche Geldmarktsätze als Referenz herangezogen werden können. Der ur­sprüng­liche Festzins lag häufig unter der markt­üblichen Verzinsung (Lockangebot; teaser rate). Beim Übergang zur variablen Verzinsung kann - bei zwischen­zeitlich veränderten Konditionen auf den Geldmärkten - ein Zinsschock auftreten, auch wenn in den Kreditverträgen häufig Zins­obergrenzen (caps) vereinbart wurden, die den Kredit­nehmer vor einem raschen und scharfen Anstieg der Zinssätze schützen sollten. Die Mehrzahl der hybriden Hypotheken­kredite trat in der zweiten Hälfte 2007 und im Jahr 2008 in die Phase der variablen Verzinsung ein, die durch ein deutlich höheres Zinsniveau auf den US-Geldmärkten geprägt war.

    Zusätzlich wurden Kreditverträge abgeschlossen, bei denen zunächst ausschließlich Zinszahlungen geleistet werden (interest-only mortgage) bzw. sogar negative Amortisations­raten (neg-am-loans) auftreten. Im zweiten Fall decken anfängliche Zahlun­gen der Kredit­nehmer nicht einmal die laufenden Kreditzinsen ab, sodass das Kredit­volumen weiter ansteigt. Beim Erreichen des Grenzwertes (Schuldenanstieg bspw. maximal um 20 Prozent der ursprünglich vereinbarten Kreditsumme) bzw. fünf Jahre nach Vertragsabschluss beginnen die üblichen Zins- und Rück­zah­lungen. Darüber hinaus sind weitere Zahlungsoptionen denkbar, sodass man bei solchen Hypothekenkrediten auch von „option ARMs“ spricht. Die Wahlmöglichkeiten werden bis zu fünf Jahre nach Vertragsabschluss gewährt bzw. laufen aus, wenn zwischenzeitlich die Verschuldungsobergrenze erreicht wurde. Erst nach dem Umwandlungsdatum erfolgen die Rück- und Zinszahlungen. Ob­wohl „option ARMs“ seit Jahrzehnten existieren, nahm ihre Bereitstellung erst ab 2003 deut­lich zu. Von rund 10 Prozent der Alt-A-Hypothekenkredite stieg ihr Anteil auf 40 Prozent im Jahr 2006. Die Quote der Zahlungsausfälle blieb zu Beginn der Subprime-Krise in 2007 zunächst niedrig, da die seit 2003 abgeschlossenen Kredit­verträge erst später in die Um­wandlungs­phase eintraten.

    Im Ergebnis stieß eine zunehmende Nachfrage nach Hypothekenkrediten auf ein steigendes Angebot seitens der Kreditinstitute, die die Nachfrage durch „innovative“ Kreditkonstruk­tionen zusätzlich unterstützten. Die Entwicklung auf den Hypothekenmärkten wurde zudem durch die US-Politik flankiert, die das Subprime-Segment mit den zahlreichen neuen Finan­zierungsmöglichkeiten als ein geeignetes Vehikel betrachtete, den Immobilienerwerb von (einkommensschwachen) Min­der­heiten wie Afro- und Hispano-Amerikaner zu forcieren.

    Formen der Kreditverbriefung

    Die traditionelle Refinanzierung bzw. Besicherung von Krediten des Subprime-Segments über die Federal Housing Association (FHA) wurde für die Hypothekenbanken zu­neh­mend unattraktiv. FHA-Produkte wurden nicht schnell genug an veränderte Markt­be­din­gungen angepasst, zugleich schrieb die FHA Beleihungsgrenzen vor und die Bear­beitungskosten für FHA-gesicherte Hypotheken senkte die Gewinnmargen. Im Ergebnis erfolgte die Refinanzierung der Hypothekenkredite verstärkt über Investmentbanken, die sich ihrerseits zu­nehmend über die Verbriefung von Krediten refinanzieren.

    Unter Asset Backed Securities (ABS) versteht man einen Risikotransfer, bei dem ein For­derungs­pool verbrieft und das mit dem Pool verbundene Kreditrisiko auf andere Markt­teilnehmer übertragen wird. Das Risiko des Forderungsverkäufers (Ori­ginator) - bspw. einer Investmentbank - wird somit vom Risiko des Forderungspools getrennt. Darüber hin­aus werden bislang vergleichs­weise illiquide Forderungspositionen - wie einzelne Hypo­thekenkredite - kapitalmarktfähig gemacht. Eine Klassi­fizierung von ABS-Ver­briefungen lässt sich anhand der zugrundeliegenden Forderungspools durchführen. Besteht der Forderungspool bspw. im Wesentlichen aus den Hypothekenkrediten privater Haushalte spricht man von Residential Mortgage Backed Securities (RMBS).

    Der Risikotransfer kann mithilfe unterschiedlicher Verbriefungstechniken erfolgen. Im Fall von True Sale Strukturen verkauft der Originator seinen Forderungspool an eine außer­bilanzielle und insolvenzfeste Zweck­gesellschaft (SPV = special purpose vehicle), sodass diese Forderungen nicht mehr in seiner Bilanz auftreten. Das SPV refinanziert den Kauf durch die Begebung von Anleihen. Die emittierten Anleihen können einzelnen Tranchen - die divergierende Ausfallrisiken bzw. Ratings aufweisen und damit unterschiedliche Risikoprämien beinhalten - zugeordnet werden. Neben Tranchen, für die ein Rating vorliegt, gibt es eine nicht bewertete Tranche (equity tranche), die im Fall von Forderungsausfällen die ersten Verluste („first loss position“) über­nehmen. Diese Tranche wird häufig vom Originator selbst oder besonders risikobereiten Anlegern wie spezifischen Hedge Funds gehalten. Bei umfangreicheren Forderungsausfällen werden die übrigen Tranchen in einer zuvor festgelegten Reihenfolge an den Verlusten beteiligt (waterfall structure).

    Bei synthetischen Strukturen verbleiben die Forderungen in der Bilanz des Originators und der Risikotransfer erfolgt durch den Einsatz von Kredit­derivaten (Credit Default Swaps [CDS] oder Garantien). Im Fall von Forderungsausfällen erhält der ursprüngliche Kreditgeber bei Abschluss eines CDS Kompensations­zahlungen seitens des SPV. Im Gegenzug muss er laufende Zahlun­gen im Sinne einer Versicherungsprämie an die Zweckgesellschaft leisten. Das SPV hat nun zwei Alternativen, die Risiken an Investoren weiterzugeben. Wie bei einem True Sale erfolgt die Risikoübertragung an die Investoren über die Be­ge­bung von Wertpapieren (fully funded). Da das SPV nur Zahlungen im Fall von Leistungsstörungen an den originären Kreditgeber leistet, verfügt das SPV bei erfolgter Anleihenplatzierung über hohe liquide Mittel. Um die Zinszahlungen für die emittierten Anleihen sicherzustellen, wird das SPV diese Mittel wiederum in Wertpapieren mit hoher Bonität re­in­ve­stieren. Diese Papiere dienen zugleich als Sicherheit (collateral) für den Fall von er­for­derlichen Zahlungen aus dem CDS. Alternativ erfolgt die Risikoübertragung an die Investoren ebenfalls synthetisch über den Abschluss von CDS (unfunded). Schließlich sind Kombinationen der zuvor beschriebenen Re­finan­zierungsformen denkbar (partially funded). Bei Single Loan Transaktionen wird der klassische Fremdkapitalgeber - also in aller Regel ein Kreditinstitut - von vornherein durch die Kreditverbriefung ersetzt. Der Kreditnehmer erhält die Kreditsumme direkt vom SPV und leistet entsprechend Zins- und Rückzahlungen. Die Refinanzierung der Zweckgesellschaft erfolgt durch die Emis­sion von Wert­papieren. Aus Sicht der Kreditinstitute bewirkt der Verzicht auf das Kreditgeschäft zwar einerseits sinkende Zinseinnahmen, andererseits lassen sich zusätzliche Provisionseinnahmen durch die Organisation der Verbriefungsstruktur generieren und zugleich Eigenmittel schonen. Traditionell wurden die Forderungen vom Originator an das SPV im Sinne eines True Sale verkauft. Im Zeitraum von 2002 bis 2004 erfolgte der Risikotransfer in zahlreichen Strukturen verstärkt durch den Einsatz von Kreditderivaten wie CDS oder Garantien. Seit 2005 ist eine Renaissance von True Sale Transaktionen sowie die Zunahme von Single Loan Transaktionen zu beobachten.

    Die Existenz von Zweckgesellschaften lässt sich ökonomisch in zweifacher Weise begründen. Ein SPV nimmt eine Re­struk­turierung von Risiken vor. Für diese Inter­me­dia­tions­leistung (Risikotransformation) erzielen Zweckgesellschaften bzw. die Investoren in der Equity Tranche im Durch­schnitt ei­nen positiven Spread zwischen der Verzinsung des Forderungs­pools und den auftretenden Re­finanzierungskosten. Durch die Ausnutzung unter­schiedlicher Kapitalbindungsfristen von Forderungs­pool und emittierten Refinanzierungsinstrumenten können ein SPV bzw. die Investoren in der Equity Tranche ebenfalls positive Spreads generieren. Die Inter­mediations­leistung besteht in diesem Fall aus einer Fristentransformation im Hinblick auf die Kapitalbindung. In Abhängigkeit von der Struktur des Forderungspools, der Fristigkeit sowie der Struktur der Refinanzierung lassen sich Vehikel wie Special Investment Vehicles (SIVs), Collateralized Debt Obligations (CDOs) oder Commercial Paper Conduits (CP Conduits) differenzieren. Während bei SIVs und CP Conduits die Fristentransformation im Vordergrund steht und die Aktivpositionen zu einem erheblichen Teil über kurzfristige Geldmarktpapiere, den sog. Asset Backed Commercial Paper (ABCP) refinanziert werden, nehmen CDOs eine Risikotransformation vor. SIVs und CDOs weisen im Allgemeinen ein gut strukturiertes Portefeuille auf, wobei CDOs durch ein höheres Durch­schnittsrisiko charakterisiert sind. Conduits (= Durchleitung, Röhre, Kanal) können hingegen vollständig in einer Asset-Klasse investiert sein. Während in einem SIV kurz- und mittelfristige Refinanzierungen eingesetzt werden und die durchschnittliche Laufzeit der Verbindlichkeiten drei Monate nicht unter­schrei­tet, bestehen für Conduits keine Begrenzungen, sodass ihr Refinanzierungsrisiko deutlich stärker ausge­prägt ist.

    Motivation für die zunehmende Verbriefung von Krediten

    Die Märkte für Verbriefungen waren in den letzten Jahren durch einen enormen Anstieg der Volumina geprägt. Während der Bestand an verbrieften Forderungen in den USA im Jahr 2000 bei ca. 5 Bio. USD lag, wuchs er bis Ende 2006 auf mehr als 11 Bio. USD an. Dieser Trend lässt sich sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite begründen.

    Aus Sicht von originären Kreditgebern weisen Verbriefungen eine Reihe von Vorteilen ge­gen­über der traditionellen Kreditvergabe auf. Durch die Ausgliederung von Krediten können Banken ihre erforderliche Eigen­kapitalausstattung reduzieren bzw. die Ei­gen­kapital­unterlegung verbessern (regu­latory arbitrage). Zudem lassen sich in Abhängigkeit von der verwendeten Verbriefungstechnik Bilanz­relationen bzw. -kennziffern verbessern sowie leichter steuern, die Eigenkapitalrendite erhöhen oder stille Reserven realisieren. Die Ver­briefung erlaubt zudem das aktive Management unterschiedlicher Risiken und deren Transfer auf andere Marktteilnehmer. Die Kreditinstitute erhalten Zugang zu bankunabhängigen Finanzierungsquellen sowie Anlegern mit sehr unterschiedlicher Risiko­bereitschaft und senken durch diese Diversifikationsmöglichkeiten die Risiken und Kosten ihrer Re­finan­zierung. Insgesamt lassen sich mithilfe von Verbriefungen das Bilanzstruktur-, das Risiko- und das Liquiditätsmanagement nachhaltig verbessern.

    Aus Sicht potenzieller Anleger weisen verbriefte Kredite ebenfalls Vorteile gegenüber tradi­tionellen Anlageformen auf. ABS-Strukturen erlauben die gezielte Übernahme von Kredit­risiken; die Anlage kann präzise an das eigene Risikoprofil angepasst werden. Zugleich parti­zipiert der In­vestor von der Risikodiversifikation eines gut strukturierten Forderungspools. Bei Einzelengagements in Unternehmensanleihen müsste er diese Diversifikation selber sicherstellen und dafür ent­spre­chende Ressourcen aufwenden. Angesichts geringer Korre­lationen gegenüber traditionellen Asset-Klassen lassen sich zusätzliche Diversifi­kations­effekte generieren und damit ein ver­bessertes Rendite/Risiko-Profil realisieren. Zum Ausgleich eventueller Kreditausfälle werden in den Verbriefungsstrukturen zu­sätzliche Ab­­siche­­rungen (credit enhancements) integriert. Folge­richtig bewirken einzelne Forderungs­ausfälle noch kein Downgrading bei der Be­wer­tung des Forderungspools. ABS-Trans­aktionen wiesen deshalb in der Vergangenheit eine höhere Rating-Stabilität und deutlich geringere Ausfallraten als bspw. Unterneh­mens­anleihen auf. Sofern die Eigenkapitalausstattung des Investors wiederum von der Be­wertung seines Aktiva-Pools abhängt, kann dies zu einer spürbaren Eigenkapitalentlastung bei­tragen. Im Vergleich mit traditionellen Anlageformen wiesen Wertpapiere aus ABS-Tranchen bei vergleichbaren Ausfallrisiken signifikant höhere Spreads gegenüber den Re­finan­zierungskosten auf. Zugleich stiegen die Renditeaufschläge (spread pickups) mit der Kom­plexität der Verbriefungen, sodass im Laufe der Zeit ein zunehmender Anreiz zu immer kom­plexer werdenden Verbriefungsstrukturen bestand. In der Praxis bestand der Forderungspool eines CDOs bspw. wiederum aus anderen CDOs (squared CDO; CDO2) und diese resultierten möglicherweise wiederum aus weiteren Vehikeln (cubed CDO; CDO3).

    Neben einer Vielzahl von Vorteilen lassen sich allerdings auch gravierende Nachteile von Ver­briefungen identifizieren, die eine zusätzliche Begründung für die Subprime-Krise und ihre weit­reichenden Auswirkungen liefern. Die Verlagerung der Kredit­risiken auf andere Markt­teilnehmer verändert das Risikomanagement der originären Kredit­geber. Der Anreiz, die Qualität der Kreditnehmer detailliert zu prüfen sowie die Kreditvergabemodalitäten adä­quat an die Bedürfnisse und die Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer anzupassen, ist deutlich ge­sunken. Die Bereitschaft von Originators bei der Verbriefungsstruktur auf die besonderen An­lage- bzw. Risikobedürfnisse von Investoren einzugehen (bespoke deals) re­duziert den Liquiditätsgrad der emittierten Schuldtitel und damit - insbesondere in Phasen zu­neh­mender Verspannungen auf den Märkten - deren Markt­gängig­keit. Starke Wertschwankungen auf­grund von Illiquiditäten behindern eine zuverlässige und zeitnahe Bewertung der Wert­papiere und erzwingen möglicherweise beim Investor erhebliche Abschreibungen, was Ver­trau­ensverluste auf den Finanzmärkten verstärkt. Die zunehmende Komplexität der Ver­briefungsstrukturen beeinträchtigt schließlich die Identifi­kation der inhärenten Risiken eines Invest­mentvehikels. Die Risikodiversifikationseffekte des For­derungs­pools werden über­­schätzt und die Risikovorsorge war dementsprechend unzureichend. Systematische Risiken, die bspw. aus einer geld­politisch induzierten Liquiditätsverknappung resultieren und eine Viel­zahl von Finanz­markt­segmenten treffen, wurden in Investment­vehikeln nicht reduziert son­dern mög­licherweise verstärkt. Das mangelnde Risikobewusstsein beschränkte sich aber nicht nur auf die Markt­teilnehmer sondern auch auf die Rating-Agenturen. Sie müssen das Gesamtrisiko des For­de­rungspools adäquat abschätzen, damit die Höhe der einzelnen, mit un­terschiedlichen Ausfallrisiken bewerteten Tranchen zur Re­finan­zierung bestimmt werden können. Im Ergebnis testierten die Agenturen den Forde­rungs­pools und demzufolge auch den emittierten Schuld­verschreibungen Ausfall­sicher­heiten, die den An­nahmen einer Modellwelt und den histo­rischen Erfahrungen genügten (Festlegung von Ausfallkorrelationen zur Berechnung simultaner Ausfallwahrscheinlichkeiten), in der Praxis - insbesondere bei stärkeren Verspannungen auf den Märkten - aber nicht haltbar sind (Instabilität der Korrelationsmuster). Vor diesem Hintergrund lässt sich auch die Kritik an den Rating-Agenturen und die Forderung nach einer wirksamen Kontrolle dieser In­stitutionen erklären. Die starke Konzentration von SIVs und Conduits auf die Fristen­transformation setzt ferner eine hinreichende Liquidität insbesondere auf dem ABCP-Markt vor­aus. Das Prolongations­risiko wurde von den Markt­teil­nehmern zwar gesehen; die Gefahr eines „Aus­trocknens“ - angesichts des starken Wachstums des Commercial Paper-Marktes in den letzten Jahren - aber als nicht relevant eingestuft. Zudem wurden zugesagte Kreditlinien der Banken zur Liqui­ditätssicherung als ausreichend betrachtet, ohne deren eigene Re­finanzierungs­mög­lich­keiten ausreichend zu hinterfragen.

    Die Rolle der Geldpolitik in der Subprime-Krise

    Die Attraktivität strukturierter Kreditprodukte resultierte nicht zuletzt aus der Suche nach zusätzlichen Renditemöglichkeiten. Die erfolgreiche Stabilitätspolitik in den beiden letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts führte in vielen Industrieländern zu einem deutlichen Rückgang der Inflationsraten und der Inflationsvolatilität. In der Folge sanken im Trend nicht nur die langfristigen Nominalzinssätze aufgrund sinkender Inflationserwartungen sondern auch die Realzinsen aufgrund rückläufiger, volatilitätsbedingter Risiko­prämien. Lediglich zum Ende der 1990er-Jahre in der Hochphase des Aktienbooms stiegen die lang­fristi­gen Zinssätze aufgrund steigender Inflationsgefahren in den USA zeitweilig wieder an. Nach der drastischen Liquiditätsverknappung durch die US-Notenbank zu Beginn des Jahres 2000 und den in der Folgezeit auftretenden Kurseinbrüchen auf den Aktienmärkten setzten sich die Zinssenkungen auf den Bondmärkten fort. Die nach dem Börsen-Crash einsetzenden Portfolio­um­schichtungen zugunsten von Anleihen verstärkten den Zins­sen­kungsdruck zunächst auf den Staatsanleihenmärkten, dann aber auch auf den Märkten für Un­ter­neh­mens­anleihen (Corporates). Im Ergebnis war in vielen Ländern eine Abflachung in der Laufzeitstruktur der Zinssätze zu beobachten. Während die Zinsdifferenz zwischen den zehn­jäh­rigen Benchmark-Anleihen (US Treasuries) und den Geldmarktsätzen bspw. voll­ständig ver­schwanden, konnte die Differenz zwischen Unternehmensanleihen bzw. An­leihen aus struktu­rierten Krediten und den Geldmarktsätzen auf niedrigerem Niveau weiter­hin genutzt werden. Der erneute geldpolitische Kurswechsel der US-No­tenbank seit Ende 2000 und anderer No­tenbanken im Frühjahr 2001 führte in der Folgezeit zu einem drastischen Rückgang der Geld­markt­sätze, der die Zinssenkungstendenzen am langen Ende des Lauf­zeiten­bandes deutlich überkompensierte und somit den Laufzeitspread unabhängig von der Bonität der langfristigen Papiere wieder öffnete. Die Aussichten auf hohe Renditen und die Bereitstellung ausreichender Liquidität durch die US-Notenbank zu sehr niedrigen Zinsen verstärkte den Trend zu Kreditverbriefungen. In einem solchen Umfeld war nicht mit einem Austrocknen der Geldmärkte zu rechnen. Die expansive Geldpolitik der US-Notenbank  beflügelte andererseits die Vergabe variabel verzinster Hypothekenkredite im Sub­prime-Markt, sodass eine ausreichende Zahl an Krediten mit schlechter Bonität zur Ver­briefung bereitstanden. Der erneute Kurs­wechsel der US-Notenbank ab 2004 ließ die Spreads wieder zusammenschrumpfen und zwar in einem bislang nicht bekannten Maß. So verschwand zeitweilig bspw. der Spread zwischen RMBS-Anleihen mit einem BB-Rating (vgl. Rating-Agenturen) und den Geldmarktsätzen vollständig. Während sich die Refinanzierungs­konditionen für die Investmentvehikel, die auf eine kurzfristige Refinanzierung setzten deutlich verschlechterte, stiegen zugleich die Leistungsstörungen in den Forderungspools an: Aufgrund der steigenden Kurzfristzinssätze erhöhten sich sukzessive die Forderungsausfälle im Subprime-Segment. Im Ergebnis kamen viele Investmentvehikel somit von zwei Seiten unter Druck. Auf der Aktivseite durch steigende Ausfallrisiken und auf der Passivseite durch steigende Li­quiditätsrisiken und Refinanzierungskosten.

    Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass heftige geldpolitische Kurswechsel (Stop-and-go-Politik) bei einer sich tendenziell verflachenden Zinsstrukturkurve erhebliche Ge­fah­ren für die internationalen Finanzmärkte beinhalten. Vor diesem Hintergrund wird die Geldpolitik der US-Notenbank von vielen Ökonomen als eine wesentliche Ursache bzw. als zentraler Auslöser für die Subprime-Krise angesehen. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank - vgl. Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) - hat die US-Notenbank kein eindeutig vorgegebenes Ziel bzw. keine eindeutig vorgegebene Zielorientierung. Im Federal Reserve Reform Act von 1977 ist die Mehrzielorientierung („maximum employment, stable prices, and moderate long-term interest rates“) manifestiert. Das Federal Reserve System ist zudem politisch vom US-Kongress abhängig, der jederzeit die rechtlichen Grundlagen des Notenbanksystems verändern kann. Politischer Druck entsteht insbesondere dann, wenn dem Preisniveauziel in konjunkturellen Abschwungphasen mit negativen Beschäftigungseffekten eine zu hohe Be­deutung beigemessen wird. Betrachtet man die Geldpolitik der US-Notenbank unter der Füh­rung von Alan Greenspan (August 1987 bis Januar 2006), so lassen sich deutliche Kurs­wech­sel in der Zinspolitik  immer an einem Anstieg der Arbeitslosenquote (Leitzinssenkung) oder an einem Anstieg der Inflationsrate (Leitzinserhöhung) festmachen, was insgesamt zu einer sehr unstetigen Geldpolitik führte.

    Im Ergebnis lässt sich die Subprime-Krise nicht auf eine einzige Ursache zurückführen sondern resultiert aus einer Vielzahl von Ursachen, wobei nicht nur Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten zu beachten sind sondern auch ein massives Versagen der US-Wirtschaftspolitik respektive der Geldpolitik vorlag.

    Die realwirtschaftlichen Folgen der Subprime-Krise

    Durch den verstärkten Einsatz von Verbriefungen mit ihren Möglichkeiten des Risikotransfers bzw. der Risikoreallokation waren in den letzten Jahren die Verflechtungen in der Finanzindustrie sowohl auf der nationalen als auch der internationalen Ebene deutlich angestiegen. Diese zunehmende Integration der Finanzmärkte führte dazu, dass sich die massiven Kreditausfälle auf den US-Hypothekenmärkten, verknüpft mit einem drastischen Rückgang der Immobilienpreise in vielen US-Ballungsgebieten, sehr rasch zu einer allge­meinen Banken- oder Finanzkrise ausweiteten. Angesichts der mangelnden Transparenz über die vorhandenen Risikopotenziale innerhalb und außerhalb der Bankenbilanzen, stieg zwischen den Akteuren auf den Finanzmärkten das gegenseitige Misstrauen, was - nach der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 - zeitweilig zu einem nahezu völligen Zusammenbruch des Interbankenmarktes führte. Mit anderen Worten, die Banken waren nicht mehr bereit, sich gegenseitig kurzfristige, ungesicherte Kredite bereitzustellen. Die Notenbanken waren gezwungen, die auftretenden Liquiditätsengpässe durch eine Ausweitung der Geldbasis zu beseitigen. Zugleich verschärften die Finanzinstitute ihre Kreditvergabebedingungen gegenüber nicht-finanziellen Unternehmen sowie privaten Haushalten und kündigten angesichts sinkender Kreditsicherheiten infolge der fallenden Immobilienpreise vorhandene Verträge auf. Der in vergangenen Jahren hohe Wachstums­beitrag des (kreditfinanzierten) Konsums an der Entwicklung des US-Brutto­inlands­pro­duktes sank seit dem Herbst 2007 deutlich ab. Weder die Nettoexporte noch die anderen inländischen US-Nachfragekomponenten (Staatsausgaben und Investitionen) konnten den Nachfrageausfall im privaten Konsum kompensieren. Die bereits seit 2006 schwächer werdende Investitions­nachfrage trübte sich vielmehr weiter ein und verschärfte den Abwärtstrend. Auch der US-Arbeitsmarkt reagierte rasch auf die konjunkturelle Eintrübung, die Arbeitslosenquote stieg im Laufe des Jahres 2008 von 4,9 Prozent auf 7,6 Prozent an. Betrachtet man die Entwicklung in anderen Ländern wie Deutschland, so waren die realwirtschaftlichen Folgen der weltweiten Finanz­krise zunächst vergleichsweise gering. Seit dem zweiten Halbjahr 2008 lassen sich die Auswirkungen der Krise aber insbesondere an der Entwicklung der Investitionsnachfrage und der Nettoexporte erkennen. Eine weltweite Konjunktureintrübung trifft exportorientierte Länder besonders hart, wie sich auch an asiatischen Ländern wie Japan und Taiwan festmachen lässt. Ein Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage wirkt sich in Deutschland erfahrungsgemäß erst zeitverzögert auf dem Arbeitsmarkt in Form steigender Arbeits­losenquoten aus. Der deutliche Anstieg der Kurzarbeiterzahlen seit Ende 2008 spiegelt allerdings die zunehmenden Verspannungen auf den Arbeitsmärkten wider.

    Angesichts der massiven realwirtschaftlichen Folgen haben sich nahezu alle Industrieländer entschlossen, staatliche Ausgabenpakete zur Konjunkturstabilisierung - im Sinne einer anti­zyklischen Fiskalpolitik - aufzulegen. Neben direkten staatlichen Zusatzausgaben (z.B. Investi­tionen in die Infrastruktur) versucht man die Konsumnachfrage der Haushalte (z.B. die Abwrackprämie für Altautos) und die private Investitionsnachfrage anzukurbeln. Die Probleme der antizyklischen Fiskalpolitik, die in den letzten Dekaden zu einer weitest­gehenden Ablehnung dieser Politik - unabhängig von der ökonomischen Denkrichtung - geführt hat, gelten auch weiterhin. Während man das Problem der zeitlichen Wirkungs­verzögerungen der eingeleiteten Maßnahmen, die im Extremfall zu einer pro­zyklischen Wirkung führen können, angesichts der befürchteten Länge der Konjunk­tur­krise noch relativieren kann, bleibt das Problem der Refinanzierung der Konjunkturpakete un­gelöst. Im Ergebnis besteht die Gefahr eines nach­haltigen Anstiegs der Staatsverschuldung, da nicht nur die Konjunkturpakete sondern auch die Rettungsmaßnahmen für den nationalen Bankensektor finanziert werden müssen. Auch die Gefahr einer unerwünschten Reallokation von Produktionsfaktoren lässt sich erkennen. Während bspw. von einer Abwrackprämie für Altautos insbesondere die Hersteller von Kompaktfahrzeugen profitieren, werden Werkstätten oder Ersatzteillieferanten auf Dauer Nachteile erleiden. Auch die Wettbewerbssituation im Automobilsektor könnte sich auf längere Frist verschieben, wenn einzelne Hersteller überproportional von der Abwrackprämie profitieren.

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