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Erbschaftsteuerreform 2009

Definition: Was ist "Erbschaftsteuerreform 2009"?

Die Erbschaftsteuer besteuert den Übergang von Vermögenswerten. Dies kann im Erbfall der Übergang der Vermögenswerte auf den Erben oder aber im Schenkungsfall unter Lebenden auch die Besteuerung der verschenkten Vermögenswerte sein. Auch die Vermögensübertragung im Falle einer Zweckzuwendung unterliegt der Erbschaftsteuer.

Mit seinem Beschluss (1 BvL 10/02) vom 7.11.2006 hatte das Bundesverfassungsgericht auf Veranlassung des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 22.5.2002 - II R 61/99) jedoch festgestellt, dass das bis dahin geltende Erbschaftsteuerrecht verfassungswidrig sei. Nach langen politischen Diskussionen wurde sodann die Erbschaftsteuerreform 2009 per Gesetz vom 5.12.2008 vom Bundesrat verabschiedet.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Allgemein
    2. Persönliche und sachliche Freibeträge
    3. Steuersätze
    4. Steuerbefreiungen
    5. Grundvermögen
      1. Verfahren
      2. Begünstigung
    6. Betriebsvermögen
      1. Umfang
      2. Begünstigung
      3. Verfahren
    7. Sonstige Änderungen
      1. Lebensversicherungen
      2. Nutzungsrecht
      3. Doppelbelastung Erbschaft- und Einkommensteuer
    8. Inkrafttreten

    Allgemein

    Die Erbschaftsteuer besteuert den Übergang von Vermögenswerten. Dies kann im Erbfall der Übergang der Vermögenswerte auf den Erben oder aber im Schenkungsfall unter Lebenden auch die Besteuerung der verschenkten Vermögenswerte sein. Auch die Vermögensübertragung im Falle einer Zweckzuwendung unterliegt der Erbschaftsteuer.

    Mit seinem Beschluss (1 BvL 10/02) vom 7.11.2006 hatte das Bundesverfassungsgericht auf Veranlassung des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 22.5.2002 - II R 61/99) jedoch festgestellt, dass das bis dahin geltende Erbschaftsteuerrecht verfassungswidrig sei. Nach langen politischen Diskussionen wurde sodann die Erbschaftsteuerreform 2009 per Gesetz vom 5.12.2008 vom Bundesrat verabschiedet.

    Die folgenden Ausführungen zeigen nur die wesentlichen Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes auf. Zu weiteren Informationen sei auf die hier u.a. genannte Basisliteratur verwiesen.

     

    Persönliche und sachliche Freibeträge

    Die persönlichen Freibeträge wurden in allen Steuerklassen angehoben. Erstmals können eingetragene Lebenspartner denselben Freibetrag wie Ehegatten in Anspruch nehmen, allerdings bleibt es für diese bei der ungünstigen Steuerklasse III.

    Folgende Zuordnungen der Steuerklassen sowie folgende Freibeträge sind im Rahmen des neuen Rechts zu beachten:



    Neben dem vorgenannten Freibetrag wird dem überlebenden Ehegatten - und erstmals dem überlebenden Lebenspartner - zusätzlich noch ein besonderer Versorgungsfreibetrag i.H.v. 256.000 Euro unter bestimmten Bedingungen gewährt.

    Bei Kindern i.S.d. Steuerklasse I Nr. 2 variiert der neben dem allgemeinen Freibetrag für Erwerbe von Todes gewährte besondere Versorgungsfreibetrag altersabhängig nach wie vor zwischen 52.000 und 10.300 Euro.

    Steuerfrei bleiben daneben bei der Steuerklasse I sowie bei eingetragenen Lebenspartnern Hausrat in Höhe von 41.000 Euro sowie andere bewegliche Gegenstände in Höhe von 12.000 Euro. Für die Steuerklassen II und III kommt für Hausrat und sonstige bewegliche Gegenstände insgesamt ein Freibetrag von 12.000 Euro zur Anwendung.

     

    Steuersätze

    Die Neuregelung sieht ferner Änderungen beim Steuertarif vor. Während sich bei der Steuerklasse I nur die Glättung der Schwellenwerte (Tabellenstufen) auswirkt, erfahren Personen der Steuerklasse II und III eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Recht. Für beide Steuerklassen gilt nun ein zweistufiger Tarif: Bis zu einem Erwerb i.H.v. 6 Mio. Euro ist ein Steuersatz von 30 Prozent und bei über diesem Betrag liegenden Erwerben von 50 Prozent vorgesehen. Die neue Tarifstruktur stellt sich wie folgt dar:


     

    Steuerbefreiungen

    Mit dem Ziel, Familiengebrauchsvermögen krisenfest zu erhalten, wurden für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Kinder weitere Vergünstigungen im neuen Erbschaftsteuerrecht eingeführt.

    Nach bislang geltendem Recht waren Schenkungen von zu eigenen Wohnzwecken genutzten, im Inland belegenen Familienwohnheimen zwischen Ehegatten im Falle der Schenkung bereits steuerfrei möglich. Diese Möglichkeit wurde ab dem 1.1.2009 auch für eingetragene Lebenspartner sowie auch für in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Staat des EWR belegene Familienwohnheime ermöglicht.

    Nunmehr kann zusätzlich bei Erwerben von Todes wegen das im Inland, in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Staat des EWR belegene Familienwohnheim an den überlebenden Ehegatten sowie den eingetragenen Lebenspartner steuerfrei zugewendet werden. Die Freistellung ist jedoch an die Bedingung geknüpft, dass der Erwerber das Familienwohnheim zehn Jahre zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Gibt er die Selbstnutzung bspw. durch Vermietung innerhalb von zehn Jahren auf, entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend vollständig. Eine Aufgabe der Selbstnutzung stellt bspw. auch der Verkauf oder die Nutzung der Wohnung als Zweitwohnsitz dar. Für den Fall, dass der Erwerber aus zwingenden objektiven Gründen (z.B. Pflegebedürftigkeit oder Tod des Erben) an der Selbstnutzung gehindert ist, wird keine Aufgabe der Selbstnutzung angenommen.

    Zur Steuerfreistellung kommt es nach neuem Recht auch für Kinder und Kinder verstorbener Kinder im Falle des Erwerbes von Todes wegen für im Inland, in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Staat des EWR belegene Familienwohnheime. Dies gilt bis zu einer Wohnfläche von 200 qm. Größere Wohnflächen sind mit dem übersteigenden Anteil zu (ggf. unter Berücksichtigung des anzuwendenden Freibetrags) versteuern. Voraussetzung ist auch hier, dass das Kind das Familienwohnheim über einen zehnjährigen Zeitraum selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Gibt es die Nutzung auf, entfällt die Steuerbefreiung wiederum rückwirkend, es sei denn eine Selbstnutzung kommt aus zwingenden objektiven Gründen nicht in Betracht.

     

    Grundvermögen

    Verfahren

    Das Bundesverfassungsgericht machte den gesetzgebenden Körperschaften die Auflage, Grundvermögen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) zu bewerten. Diese Vorgabe hat erhebliche Änderungen bei der Bewertung zur Folge, welche nicht wie ursprünglich geplant in einer Rechtsverordnung, sondern im Bewertungsgesetz (BewG) selbst in den §§ 176

    197 BewG neu geregelt wurden. Dem Steuerpflichtigen ist es wie bisher auch möglich, abweichend von dem sich aus den Bewertungsregeln ergebenden Wert, einen niedrigeren gemeinen Wert (ggf. durch ein Sachverständigengutachten) nachzuweisen.

    Der Wert unbebauter Grundstücke ist wie bisher nach der Fläche und den jeweils aktuellen Bodenrichtwerten zu ermitteln. Der bisher geltende pauschale Abschlag von 20 Prozent auf den Bodenrichtwert findet seit dem 1.1.2009 keine Anwendung mehr. Die Bodenrichtwerte sind durch Gutachterausschüsse jeweils zum Ende eines jeden Kalenderjahres für Bodenrichtwertgrundstücke festzustellen.

    Der gemeine Wert bebauter Grundstücke soll künftig nach typisierenden Bewertungsverfahren ermittelt werden. Hierbei ist für die Anwendung des einschlägigen Verfahrens die Art des Grundstücks entscheidend. Das Gesetz sieht folgende Verfahren vor:

    • Vergleichswertverfahren (§§ 182 II, 183 BewG),
    • Ertragswertverfahren (§§ 182 III, 184

      188 BewG),
    • Sachwertverfahren (§§ 182 IV, 189

      191 BewG).

    Beim Vergleichswertverfahren, das für Wohnungseigentum, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser anzuwenden ist, wird der gemeine Wert des Grundstückes vorrangig aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreisen bzw. an deren Stelle ermittelten Vergleichsfaktoren abgeleitet. Voraussetzung ist, dass es sich um weitgehend gleichartige Gebäude (gleiche Lage, Nutzung, Größe, Ausstattung, Zuschnitt und sonstige Beschaffenheit mit dem zu vergleichenden Grundstück) handelt.

    Das Ertragswertverfahren kommt insbesondere bei bebauten Grundstücken in Betracht, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Wertschätzung des Grundstückes im Vordergrund steht. Es findet damit Anwendung für Mietwohngrundstücke sowie Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem Grundstücksmarkt eine übliche Miete feststellen lässt. Der Ertragswert des Grundstückes setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudeertragswert zusammen.

    Die Bewertung des Grundvermögens nach dem Sachwertverfahren ist bei allen Grundstücksarten anzuwenden, für die kein Vergleichswert ermittelt werden kann, für die sich keine übliche Miete ermitteln lässt sowie für sonstige bebaute Grundstücke. Auch beim Sachwertverfahren sind der Gebäudesachwert und der Bodenwert getrennt zu bewerten.

    Begünstigung

    Vermietete Immobilien werden grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Von dem sich ergebenden Wert wird ein Abschlag in Höhe von 10 Prozent gewährt. Dies gilt jedoch nur, sofern die Immobilien im Inland, in einem Mitgliedsstaat der EU oder in einem Staat der EWR belegen sind und nicht zu begünstigtem Betriebsvermögen oder zu begünstigtem Vermögen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft gehören. Zudem können jedoch die mit dem vermieteten Grundstück im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten auch nur zu 90 Prozent berücksichtigt werden.

    Betriebsvermögen

    Die Änderungen im Zusammenhang mit Unternehmensvermögen sind am Umfangreichsten ausgestaltet worden. Sie betreffen neben der Bewertung die Begünstigungsregelungen und sehen eine Neudefinition von begünstigungsfähigem Unternehmensvermögen vor. Im Einzelnen:

    Umfang

    Das begünstigungsfähige Unternehmensvermögen wird in § 13 b I ErbStG definiert. Hierzu zählen wie bisher auch das Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, Mitunternehmeranteile, Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 Prozent sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Einbezogen in die Begünstigung wird künftig auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten und Staaten des EWR belegenes begünstigtes Vermögen. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften kann künftig eine Zusammenrechnung von unter der 25 Prozent Mindestbeteiligungsgrenze liegenden Anteilen mit anderen Gesellschaftsanteilen erfolgen, wenn diese einem Stimmbindungsvertrag und spezifischen Verfügungsbeschränkungen unterliegen.

    Als Neuerung wurde das sog. Verwaltungsvermögen in § 13 b II ErbStG gesetzlich geregelt. Denn nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht ist zu prüfen, zu welchem Teil Unternehmensvermögen aus Verwaltungsvermögen besteht, da nur „echtes unternehmerisches Vermögen“ begünstigungsfähig sein soll. Hierbei ist der Anteil des Verwaltungsvermögens am unternehmerischen Vermögen zu bestimmen. Dies erfolgt, indem die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens ins Verhältnis zum gemeinen Wert des Betriebes gesetzt wird. Mit dem Verwaltungsvermögen zusammenhängende Verbindlichkeiten sind hierbei nicht zu berücksichtigen. Kein begünstigtes Vermögen stellt Verwaltungsvermögen immer dann dar, wenn es dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.

    Als Verwaltungsvermögen gelten: Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. Hiervon gibt es fünf Ausnahmen:

    So wird bspw. eine Nutzungsüberlassung an Dritte in Fällen der Betriebsaufspaltung nicht als schädlich angesehen. Abgestellt wird hierbei auf die ertragsteuerlichen Grundsätze der Personengruppentheorie. Es reicht damit für die Beherrschung von Besitz- und Betriebsunternehmen aus, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen beteiligt sind, die zusammen beide Unternehmen beherrschen. In diesem Fall liegt kein Verwaltungsvermögen vor.

    Dies gilt auch für die Betriebsverpachtung im Ganzen, bei der ertragsteuerlich Gewinneinkünfte vorliegen und der bisherige Pächter Erbe geworden ist, oder für den Fall, dass ein Beschenkter den Betrieb noch nicht selbst führen kann und er diesen deshalb für maximal zehn Jahre an einen Dritten verpachtet hat.

    Ebenso führt die Nutzungsüberlassung innerhalb eines Konzerns i.S.d. § 4 h EStG nicht zu schädlichem Verwaltungsvermögen, ebenso wenig wie die Nutzungsüberlassung von Wohnimmobilien, wenn deren Überlassung im Rahmen eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes erfolgt.

    Dies gilt auch für verpachtete land- und forstwirtschaftliche Grundstücke.

    • Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25 Prozent oder weniger beträgt (Ausnahme: Zusammenrechnung von Anteilen) und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebes eines Kreditinstituts, eines Finanzdienstleistungsinstituts oder Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.
    • Beteiligungen an Personengesellschaften, wenn deren Verwaltungsvermögen mehr als 50 Prozent beträgt (Prüfung bei mehrstöckigen Strukturen auf jeder Ebene).
    • Wertpapiere und vergleichbare Forderungen, die nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebes eines Kreditinstituts, eines Finanzdienstleistungsinstituts oder Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.
    • Kunst, Edelmetalle etc.; Ausnahme: Handel oder Verarbeitung ist Hauptzweck des Betriebes.

     

    Begünstigung

    Ob und welche Verschonungsregelung in Frage kommt, hängt von der Quote des Verwaltungsvermögens ab. Beträgt das Verwaltungsvermögen mehr als 50 Prozent des Unternehmensvermögens, ist das gesamte Unternehmensvermögen zu versteuern. Eine Verschonung gibt es dann nicht.
    Beträgt das Verwaltungsvermögen weniger als 50 Prozent (und mehr als 10 Prozent), ergibt sich folgende Steuerbefreiung (Grundfall):

    15 Prozent des Unternehmensvermögens sind unter Berücksichtigung eines gleitenden Abzugsbetrages von 150.000 Euro (§§ 13 b IV, 13 a II ErbStG) sofort zu versteuern. 85 Prozent des Unternehmensvermögens können vollständig steuerfrei übertragen werden (Verschonungsabschlag), wenn folgende Voraussetzungen eingehalten werden:

    • Weiterführung des Unternehmens für sieben Jahre,
    • Einhaltung der Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist von sieben Jahren (650 Prozent der Ausgangslohnsumme).

    Beträgt das Verwaltungsvermögen weniger als 10 Prozent, ergibt sich auf Antrag folgende Steuerbefreiung (Option), wobei das Antragsrecht unwiderruflich ausgestaltet ist und mit Abgabe der Steuererklärung ausgeübt werden muss:

    100 Prozent des Unternehmensvermögens können vollständig steuerfrei übertragen werden (Verschonungsabschlag), wenn folgende Voraussetzungen eingehalten werden:

    • Weiterführung des Unternehmens für zehn Jahre,
    • Einhaltung der Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist von zehn Jahren (1000 Prozent der Ausgangslohnsumme).

    Auf die Einhaltung der Mindestlohnsumme kommt es nur an, wenn die Ausgangslohnsumme mehr als 0 Euro beträgt oder der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt.

    Wird das Unternehmen weniger als sieben bzw. zehn Jahre fortgeführt (Verstoß gegen Fortführungsklausel), fallen der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag zeitanteilig weg. Schädliche Verfügungen sind die Veräußerung bzw. die Aufgabe eines Gewerbebetriebes, die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen sowie Überentnahmen. Auch der Wegfall des Stimmbindungsvertrages und der Verfügungsbeschränkungen bei Familienkapitalgesellschaften ist schädlich. Ausgenommen vom zeitanteiligen Wegfall bleiben sog. Überentnahmen nach § 13 a V S. 1 Nr. 3 ErbStG von mehr als 150.000 Euro. Diese betreffen stets den gesamten Behaltenszeitraum und über ihr Vorliegen kann erst nach dessen Ablauf entschieden werden.

    Umwandlungen von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Einzelunternehmen führen dagegen nicht zu schädlichen Verfügungen innerhalb der Behaltensfrist.

    Von einer Nachversteuerung wird zudem in den Fällen abgesehen, in denen der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in Vermögen derselben Vermögensart reinvestiert wird (§ 13 a V S. 3 ErbStG).

    Auch beim Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Verstoß gegen Lohnsummenklausel) vermindert sich der schon gewährte Verschonungsabschlag nach § 13 a I S. 5 ErbStG in demselben prozentualen Umfang wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

    Schädliche Verfügungen sind innerhalb von einem Monat nach deren Verwirklichung, das Unterschreiten der Mindestlohnsumme ist innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der jeweiligen Lohnsummenfrist dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt vom Steuerpflichtigen (unaufgefordert) anzuzeigen.

    Die bisherigen Regelungen zur Tarifbegrenzung für natürliche Personen der Steuerklassen II und III (§ 19 a ErbStG) wurden an die Neuregelungen angepasst.

    Verfahren

    Die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, alle Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert zu bewerten, wurde im Rahmen der Bewertung von Unternehmensvermögen auch dadurch umgesetzt, dass alle Unternehmen nach einem einheitlichen Verfahren bewertet werden.

    Folgende Bewertungsmethoden sind denkbar:

    • Börsenkurs: Handelt es sich um ein börsennotiertes Unternehmen, ist der Börsenkurs als Stichtagskurs für die Bewertung maßgebend.
    • Weitere Verfahren: Führt das vereinfachte Ertragswertverfahren zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen, oder ist bspw. für den zu bewertenden Unternehmenstyp ein anderes anerkanntes Bewertungsverfahren einschlägig, kann eine Wertermittlung auch nach diesem vorgenommen werden.

     

    Sonstige Änderungen

    Lebensversicherungen

    Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebensversicherungen werden in Übereinstimmung mit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nun mit dem Rückkaufswert bewertet. Die bislang oft vorteilhafte Methode der Bewertung mit 2/3 der eingezahlten Prämien oder Kapitalbeträgen ist damit entfallen.

    Nutzungsrecht

    Das bisherige Abzugsverbot für Belastungen (Nutzungs- und Rentenlasten) sowie die damit zusammenhängenden Stundungs- und Ablösungsregelungen werden aufgehoben. Nach neuem Recht mindern derartige Belastungen den Wert des Erwerbs. Bei der Bewertung von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen sind nunmehr die aktuellen, jährlich herausgegebenen Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes maßgebend.

    Doppelbelastung Erbschaft- und Einkommensteuer

    Um eine Doppelbelastung der Erbschaftsteuer mit der Einkommensteuer zu vermeiden, wird mit § 35 b EStG eine Regelung eingeführt, die dem bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden § 35 EStG entspricht.

    Folgende Tatbestandselemente müssen erfüllt sein:

    • Die Einkünfte müssen als Erwerb von Todes wegen im Veranlagungszeitraum oder in den vier vorangegangenen Veranlagungszeiträumen bereits der Erbschaftsteuer unterlegen haben,
    • diese Einkünfte müssen bei der Ermittlung der Einkommensteuer auch berücksichtigt worden sein,
    • ein Antrag auf Steuerermäßigung muss gestellt worden sein.

    Als Rechtsfolge kommt es zur Kürzung der tariflichen Einkommensteuer (gekürzt um sonstige Steuerermäßigungen), soweit diese auf mit Erbschaftsteuer vorbelastete Einkünfte entfällt, um einen Prozentsatz, der sich errechnet aus dem Verhältnis der festgesetzten Einkommensteuer zum steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 ErbStG) zuzüglich der Freibeträge nach §§ 5, 16, 17 ErbStG.

     

    Inkrafttreten

    Das Gesetz ist am 1.1.2009 in Kraft getreten. Für Erwerbe von Todes wegen im Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2008 hatte der Erwerber die Möglichkeit, die Anwendung des neuen Rechts mit Ausnahme der Freibetragsregelungen zu wählen, wenn dieses für ihn günstiger ist. Dieses Antragsrecht war zeitlich beschränkt auf sechs Monate nach Inkrafttreten und musste daher bis zum 1.7.2009 ausgeübt werden.

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