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Bankcontrolling

Definition: Was ist "Bankcontrolling"?

Der Begriff des Controllings umfasst mehr als der zugrunde liegende Terminus „to control” und bedeutet so viel wie „Steuerung, Lenkung und Überwachung”. Die damit im Vordergrund des Controllings stehende Steuerungsfunktion weist dabei konkret für Banken eine inhaltliche und eine formale Komponente auf.

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Wesen des Bankcontrollings
    2. Bausteine integrierter Controlling-Systeme in Banken
      1. Ertragsorientierte Geschäftsphilosophie
      2. Marktorientierte Duale Strukturorganisation
      3. Institutionalisierter Controlling-Zyklus
      4. Steuerungsadäquates Führungsinformationssystem

    Wesen des Bankcontrollings

    Der Begriff des Controllings umfasst mehr als der zugrunde liegende Terminus „to control“ und bedeutet so viel wie „Steuerung, Lenkung und Überwachung“. Die damit im Vordergrund des Controllings stehende Steuerungsfunktion weist dabei konkret für Banken eine inhaltliche und eine formale Komponente auf.

    In materieller Hinsicht steht das Bankcontrolling für eine integrierte Managementkonzeption, die eine konsequent ertragsorientierte Geschäftsphilosophie zum tragenden Fundament erhebt. Ertragsorientierung heißt in diesem Sinn, dass das Bankergebnis konsequent im Mittelpunkt aller geschäftspolitischen Überlegungen stehen muss.

    Aus formaler Sicht vollzieht sich das Bankcontrolling als komplexer kybernetischer Prozess von revolvierend ablaufenden Planungs- und Kontrollaktivitäten, die in allen Phasen durch systematisches Informationsmanagement abgestützt werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Formulierung und Abstimmung der (ertragsorientierten) Unternehmensziele auf Gesamtbankebene und die Koordination aller Einzelaktivitäten und Geschäftsbereiche im Hinblick auf diese Ziele.

    Bausteine integrierter Controlling-Systeme in Banken

    Effizientes Controlling kann seiner Steuerungsfunktion nur gerecht werden, wenn in einer Bank eine controlling-adäquate Infrastruktur geschaffen wird. Eine solche Infrastruktur bezieht sich erstens auf die Verankerung des Controlling-Gedankens auf allen Führungsebenen der Bank, zum Zweiten auf eine entsprechende organisatorische Einbindung, zum Dritten auf die Institutionalisierung eines funktionsfähigen Controlling-Zyklus sowie Viertens auf die Existenz eines steuerungsadäquaten Führungsinformationssystems.

    Ertragsorientierte Geschäftsphilosophie

    Das Konzept des Bankcontrollings zeichnet sich inhaltlich dadurch aus, dass sowohl die Gesamtbank als auch die einzelnen Geschäftseinheiten bis hin zum einzelnen Geschäft mithilfe eines integrierten Konzepts bewusst ertragsorientiert gelenkt werden. Dabei geht es im Kern um die Formulierung und Durchsetzung einer Geschäftspolitik, die ihre Philosophie aus drei Grundprinzipien herleitet:

    a) Primat der Rentabilität

    Alle geschäftspolitischen Entscheidungen sind stets der Frage zu unterwerfen, ob bzw. inwiefern sie zur Erzielung einer angemessenen (Mindest-)Rentabilität beitragen. Das Controlling fungiert damit als eine Art institutionalisiertes „Ertragsgewissen“ der Bank.

    b) Geschäftswachstum

    Geschäftswachstum wird grundsätzlich nicht als Selbstzweck angestrebt, sondern ausschließlich als Mittel zur Rentabilitätsmehrung gesehen. Dabei erfolgt stets eine Abstimmung zwischen wachstumsbedingtem Rentabilitätsbedarf und den voraussichtlichen, wachstumsbedingten Rentabilitätswirkungen (ertragsorientierte Wachstumspolitik). Hierbei sind auch Effekte des Unternehmenswachstums auf den Unternehmenswert im Sinne des Shareholder-Values zu berücksichtigen. Eine erhöhte Wachstumserwartung führt hierbei bei gleichem freiem Cash Flow zu einem höheren Unternehmeswert.

    c) Übernahme und Quantifizierung von Risiken

    Die Übernahme von Risiken wird dem Rentabilitätsdenken insofern konsequent untergeordnet, als sie sich stets aus den dabei zu erwartenden Ertragsmöglichkeiten zu rechtfertigen hat und strikt mit der generellen Risikotragfähigkeit der Bank gekoppelt sein muss. Das Controlling impliziert also eine deutlich defensive Grundhaltung, was das Eingehen von Risiken betrifft (ertragsorientierte Risikopolitik).

    Dies setzt wiederum voraus, dass das Bankcontrolling in der Lage ist, Risiken adäquat zu messen. Hierbei entstehen Überschneidungen interner Anforderungen sowie externer Vorgaben. So fordern bspw. die MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) gemäß AT 4.3.2, dass die Geschäftsleitung angemessene Risikosteuerungs- und -controllingprozesse einzurichten hat, die eine Identifizierung, Beurteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation aller wesentlichen Risiken gewährleisten.

    Als wesentliche Risiken sind sowohl durch die MaRisk als auch durch Basel II und deren nationale Umsetzung in Form der Solvabilitätsverordnung Marktpreisrisiken, Kreditrisiken und operationelle Risiken der Bank zu erfassen. Auf Basis der MaRisk sowie neu auch auf Basis von Basel III mit der Liquidity Coverage Ratio (ab 2015) und der Net Stable Funding Ratio (ab 2018) sind auch Liquiditätsrisiken explizit zu berücksichtigen und zu steuern.  Das Bankcontrolling muss dabei im Sinne einer ertragsorientierten Geschäftsphilosophie in der Lage sein, Risikohöhe und Ertragspotential ins Verhältnis zu setzen, um die Entscheidungsgrundlage zu liefern, ob sich die Übernahme eines spezifischen Risikos oder des einer Position inhärenten Gesamtrisikos lohnt. Hierfür können risikoadjustierte Ergebniskennzahlen wie der RORAC (return on risk adjusted capital) Anwendung finden. Nur wenn der erwartete RORAC der Risikoposition über dem Ziel-RORAC der Gesamtbank liegt, sollte das Risiko tatsächlich eingegangen werden.

    Marktorientierte Duale Strukturorganisation

    Den zweiten Baustein einer controlling-adäquaten Infrastruktur bildet die Organisationsstruktur einer Bank, die insbesondere gewährleisten soll, dass die ertragsorientierte Geschäftsphilosophie am Markt umgesetzt werden kann. Hierzu sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

    – Eine zielgerichtete Verwirklichung dieser Marktorientierung bietet die Matrix-Organisation, welche die prinzipielle Dualität der Steuerungskreise im praktischen Bankmanagement anerkennt. Demnach ist eine saubere Trennung zwischen kundenorientierten Marktbereichen einerseits und produkt- bzw. funktionsorientierten Fachressorts der Zentrale andererseits vorzunehmen.

    – Die Organisation der Marktbereiche lässt sich unter dem Begriff der kundenorientierten Profitcenterorganisation subsumieren. Kundenorientierung meint dabei speziell, dass der Kunde an sich als maßgebliche Erfolgsquelle betrachtet wird, um auf diese Weise eine verbesserte Kundenansprache und eine effektivere Ausschöpfung des jeweiligen Kundengruppenpotenzials zu erreichen. Die Organisationsform der Profitcenter bedingt eine Tendenz zu dezentralen Führungsstrukturen. Demnach sind den einzelnen Profitcentern zwecks Selbststeuerung genau zu definierende Kompetenzspielräume einzuräumen, in deren Rahmen sie ohne Rückfragen selbstständig entscheiden können. Zur so erwünschten Begrenzung der Regelungsintensität und zur Koordination der Marktbereiche „vor Ort“ bietet sich dabei das Konzept der Führung durch Zielvereinbarung (Management by Objectives) an.

    – Von den dezentralen, kundenorientierten Marktbereichen sind die zentralen Fachresorts zu unterscheiden, welche sich wiederum in zwei Gruppen untergliedern. Zum einen existieren produktorientierte Fachressorts mit struktureller Rentabilitäts- und Risikoverantwortung. Sie sind verantwortlich für alle Entscheidungstatbestände, die im Sinne des Dualen Steuerungsmodells nur zentral gesteuert werden können. Dazu zählen die Aufgaben des Portfolio-Managements und des Bilanzstruktur-Managements. Die zweite Gruppe bilden funktionsorientierte Fachressorts mit zentraler Service- und Abwicklungsverantwortung. Zu ihren Aufgaben zählen die fokussierte Betreuung für verschiedene Zielgruppen, kompetente Beratungsleistungen für Spezialprodukte und die Bearbeitung der Abwicklung von Bankgeschäften, die z.T. mit erheblichem technischen und personellen Aufwand verbunden sind.

    Institutionalisierter Controlling-Zyklus

    Controlling-Systeme sind ihrem Kern nach komplexe Steuerungssysteme, bei denen die Planungs- und Kontrollaktivitäten nicht isoliert und unverbunden vollzogen werden, sondern sich konzeptionell in ein komplexes, hierarchisch vermaschtes kybernetisches Regelkreismodell einfügen. In diesem Sinne ist in Banken ein Controlling-Zyklus zu institutionalisieren, dessen Hauptmerkmale sich dabei wie folgt charakterisieren lassen:

    – Zentrales Element stellt die Organisation des Planungsprozesses nach dem Gegenstromverfahren dar. Dabei erfolgt die Planung durch eine Kombination aus „Bottom-up-” und „Top-down Approach“.

    – Die Ausgestaltung einer regelmäßigen Zielerreichungskontrolle und systematischen Abweichungsanalyse erfolgt nach dem Führungskonzept Management by Exception, also der Führung durch Abweichungskontrolle und Intervention in Ausnahmefällen.

    – In engem Zusammenhang mit diesem Führungskonzept steht das Prinzip des Self-Controllings, durch das eine möglichst weitgehende Selbstständigkeit dezentraler Geschäftsbereiche gewährleistet werden soll.

    – Die sich bereits hier andeutende Dualität der Steuerungskreise im praktischen Bankmanagement und deren integrative Verknüpfung durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen entsprechen den konzeptionellen Hauptmerkmalen eines Steuerungsansatzes, der als Duales Steuerungsmodell bezeichnet wird.

    Steuerungsadäquates Führungsinformationssystem

    Als ein weiterer zentraler Baustein für integrierte Controlling-Systeme in Banken gilt die Existenz eines steuerungsadäquaten Führungsinformationssystems. Da jede Entscheidung nur so gut sein kann wie ihre informatorische Grundlage, ist die Qualität von Bank-Managemententscheidungen auch davon abhängig, inwieweit es gelingt, diese Entscheidungsgrundlagen zu optimieren. Informationen werden so zu einer strategischen Managementressource.

    Die Anforderungen an ein Informationssystem zur Erfassung, Speicherung und Distribution von relevanten Informationen lassen sich wie folgt charakterisieren:

    Ein steuerungsadäquates Informationssystem hat sicherzustellen, dass es allen Ebenen der Bank entscheidungsrelevante Ergebnisinformationen liefert. Konzeptionell muss es sich dabei um einzelgeschäftsbezogene Informationen handeln, die methodisch mithilfe der Marktzinsmethode, der prozessorientierten Standard-Einzelkostenrechnung sowie der Standard-Risikokostenrechnung zu bestimmen sind. Zu verknüpfen sind diese Informationen im so genannten dreidimensionalen Ergebniswürfel, der als Konzept einer integrierten Produkt-, Kunden- sowie Vertriebswegekalkulation zu verstehen ist und die Transparenz der Ergebnisentstehung sicherstellt. Ergänzt werden müssen Ergebnisinformationen prinzipiell durch Risikoinformationen, die die Frage nach Art und Höhe der mit konkreten Geschäften und Geschäftsstrukturen verbundenen Risiken, dem hierfür erforderlichen Risikokapital sowie den spezifischen Risiko-Ertrags-Effekten zu beantworten haben.

    Das Rechnungswesen als eine Komponente des Informationssystems hat seinen Schwerpunkt naturgemäß im operativen Controlling und dort in der Bereitstellung von Informationen für die Budgetierung und den Soll-/Istvergleich.

    Das Berichtswesen als weitere Komponente des Führungsinformationssystems umfasst die Auswertung aller abrufbereiten Informationen. Dies ist neben den Ergebnissen des Rechnungswesens die Gesamtheit aller relevanten (evtl. aufbereiteten) internen und externen Informationen, die den Entscheidungsträgern in bestimmten Intervallen unaufgefordert oder bei konkretem Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Hierbei ist bes. darauf zu achten, dass jeweils nur der echte Informationsbedarf gedeckt wird.

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