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Energiewirtschaft

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Auf der Angebotsseite umfasst die Energiewirtschaft diejenigen Sektoren der Wirtschaft, die mit der Förderung bzw. dem Import von Energieträgern, deren Umwandlung, Lagerung und Transport befasst sind. Die Energienachfrage von Haushalten, Industrie und Gewerbe richtet sich auf die nutzbaren Endenergieträger wie etwa Strom, Kraftstoffe, Erdgas oder Heizöl, die zusammen mit den entsprechenden Anlagen geeignet sind, die gewünschten Energiedienstleistungen zu erbringen. Sie umfassen Hochtemperaturwärme etwa für das Schmelzen von Metallerzen, Niedertemperaturwärme etwa für Heizung und Warmwasserbereitung, Transport von Gütern und Personen, elektrochemische Reaktionen wie Elektrolyse, weiterhin Beleuchtung und Telekommunikation, Antrieb stationärer Motoren. Im Sinn der Ressourcenökonomik ist Energie eine
    unverzichtbare Ressource: Ohne Energieeinsatz ist praktisch kein Produktionsprozess, v.a. nicht im industriellen Maßstab, denkbar.

    2. Geschichtliche Entwicklung: Aus historischer Sicht wurden derartige Energiedienstleistungen bis weit in das 19. Jh. hinein im Wesentlichen durch
    regenerative Energieträger erbracht. Die Erzeugung von Wärme für Heizung oder Kochen basierte auf der Verbrennung von Holz oder anderer Biomasse, ebenso die Verhüttung von Metallerzen (Holzkohle). Wind und Wasserkraft lieferten mechanische Energie ebenso wie Tierfutter Energie für Pferde und andere Zugtiere. Durch großflächige Abholzungen um die jeweiligen Standorte von Hochöfen (bspw. im Raum Lüneburg) wurden die ersten Energiekrisen wegen Holzknappheit im Mittelalter ausgelöst. Mit dem Bau des ersten Hochofens auf Steinkohlebasis 1709 in Wales durch A. Darby begann das industrielle Zeitalter auf der Basis der Steinkohlenutzung. Die Industrialisierung in England und Mitteleuropa im 19. Jh. basierte praktisch vollständig auf Kohle. Mit der kommerziellen Förderung des Mineralöls im Elsass (Peschelbronn) im 18. Jh. und 1859 in Pennsylvania (USA) begann ein rasches Vordringen von Mineralölprodukten zunächst für Beleuchtung (Petroleum) und dann als Kraftstoff für Fahrzeuge. Während in den USA bereits nach dem Ersten Weltkrieg als dritter wichtiger Energieträger Erdgas verwendet wurde, begann dessen Expansion in Europa erst in den 1960er-Jahren ebenso wie die zivile und kommerzielle Nutzung der Kernspaltungstechnik in den Industriestaaten Amerikas, Japan und Europas inkl. der damaligen Sowjetunion. Um die Jahrhundertwende zum 21. Jh. basierte die (kommerzielle) Weltenergieversorgung größtenteils auf Verbrennung fossiler Energieträger und jeweils zu rund 5 Prozent auf der Nutzung regenerativer Energie sowie nuklearer Energie in Kernkraftwerken, Tendenz steigend. Daneben gibt es in weiten Gebieten v.a. nahe des Äquators noch zahlreiche Energieeinsätze durch Brennholz, die statistisch nur unzureichend erfasst werden.

    3. Moderne Energiewirtschaft: Die Energiewirtschaft in den Industrieländern lässt sich heute als ein miteinander verflochtenes und gegenseitig abhängiges System von Märkten für die verschiedenen Primärenergieträger (bspw. Mineralöl und Erdgas) und Sekundärenergieträger (bspw. Diesel und Elektrizität) beschreiben. Die Energieträger haben jeweils spezifische Vor- und Nachteile, die ihre Einsatzmöglichkeiten und Marktchancen abgrenzen. So wird bspw. für den Antrieb nicht-schienengebundener Fahrzeuge offensichtlich ein Energieträger mit hoher Energiedichte benötigt, was bisher in Form flüssiger Kraftstoffe realisiert wurde. Beleuchtung und Telekommunikation mit den heutigen Standards sowie der Antrieb unterschiedlich großer stationärer Motoren werden heute größtenteils durch elektrische Lösungen dargestellt. Die Erzeugung von hohen Temperaturen in der Grundstoffindustrie kann hingegen oftmals durch einen breiten Mix von Energieträgern wie Heizöl, Erdgas, Kohle, aber auch Altreifen etc. erfolgen. Dafür sind entsprechend ausgelegte technische Anlagen erforderlich. Die Transport- und Lagermöglichkeiten der Energieträger sind sehr unterschiedlich. Aufgrund der geringen Energiedichte und den dadurch hohen spezifischen Transportkosten für Braunkohle wird diese i.d.R. nahe der Förderstellen sofort in Elektrizität umgewandelt bzw. in geringem Umfang zu Briketts verarbeitet. Die spezifischen Transportkosten für Steinkohle sind zwar ebenfalls hoch, aufgrund der höheren Energiedichte/Brennwerts wird Steinkohle international gehandelt und mit Schiffen über die Meere transportiert. Ebenfalls weltweit gehandelt wird Mineralöl, dessen Transportkosten in Tankern und Pipelines deutlich niedriger liegen als für Kohle. Während man also bei Steinkohle und Mineralöl von einem Weltmarkt sprechen kann, sind die Transportkosten für Erdgas nur bei Pipeline-Transport bis zu wenigen tausend Kilometern noch günstig auf weiteren Entfernungen (und für Inseln) ist der Transport in Form von tiefgekühltem (verflüssigtem) Erdgas (Liquefied Natural Gas (LNG)) wirtschaftlicher. Dementsprechend gibt es jeweils regional separierte Märkte für Erdgas in Nordamerika oder in Europa (im Verbund mit Russland und Nordafrika) mit lediglich geringen Ex- und Importmöglichkeiten. Die sog. leitungsgebundenen Energieträger (Strom, Fernwärme und teilweise Erdgas) benötigen i.d.R. für den wirtschaftlichen Transport Leitungsnetze. Deren Ausbau und Unterhaltung ist für die Versorgungssicherheit bei diesen Energieträgern notwendig. Ein einfacher Zugang für Dritte zu derartigen Netzen wird aus Wettbewerbsgründen gefordert, sodass hier i.d.R. staatliche Regulierung des Netzzugangs und der Konditionen dafür stattfindet. Die fossilen Brennstoffe Kohle, Mineralöl und Erdgas bestehen zu unterschiedlichen Anteilen aus Kohlenstoff und anderen brennbaren Anteilen wie etwa Schwefel oder Wasserstoff. Bei Verbrennung fossiler Energieträger entstehen i.d.R. auch Schadstoffemissionen. Je nach Bestandteile von Schwefel oder anderen Stoffen entstehen die „klassischen“ Emissionen SO2 oder Staubpartikel, welche heute durch moderne Filter- oder Abscheidetechniken aus dem Abgas getrennt werden können. Der Luftstickstoff reagiert zudem bei bestimmten Temperaturen zu NOx (Abk. für die verschiedenen gasförmigen Oxide des Stickstoffs), was heute durch Katalysatoren in der Abgasanlage wieder rückgängig gemacht werden kann. Auch wenn heute CO2-Emissionen bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe unvermeidlich ist, kann es technisch durch die Carbon Capture Storage (CCS) Technologie in den Abgasen gebunden und unterirdisch gespeichert werden. Jedoch ist das Verfahren bisher zu teuer und wird nur in Demonstrationsanlagen eingesetzt. Die CO2-Emissionsintensität richtet sich nach dem Kohlenstoffanteil des Energieträgers: Braunkohle emittiert am meisten, Erdgas aufgrund seines hohen brennbaren Wasserstoffanteils am wenigsten CO2 pro Energieeinheit. Die CO2-Emissionen der Kernenergienutzung und bei der Nutzung regenerativer Energien entstehen v.a. auf den vor- und nachgelagerten Stufen im Gesamtsystem und sind im Vergleich zu den fossilen Energieträgern deutlich geringer. Die weltweite Beschränkung von CO2-Emissionen ist Gegenstand der Klimapolitik.

    Vgl. auch Emissionshandel.

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