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Unabhängigkeit der Zentralbank

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Eine unabhängige Zentralbank betreibt ihre Geldpolitik unabhängig von Weisungen der Politik (Regierungen, Parlamente), wobei sie regelmäßig vorrangig auf das Ziel der Preisniveaustabilität verpflichtet ist. Dies wird häufig als notwendige institutionelle Voraussetzung für Geldwertstabilität betrachtet, da Politiker insbesondere aus drei Gründen in Versuchung geraten könnten, Inflation zuzulassen oder gezielt zu betreiben:

    a) Eine Regierung kann eine abhängige Zentralbank zu einer erhöhten Geldemission veranlassen, um Staatsausgaben bzw. Staatsverschuldung zu finanzieren. Dies ist immer wieder zur Finanzierung von Kriegen oder Kriegslasten und –schulden (u.a. die Hyperinflation in der Weimarer Republik 1922-23) sowie zur vermeintlichen Überwindung von Krisen (bspw. in vielen Staaten Lateinamerikas in den 1970er-/80er-Jahren oder jüngst in verschiedenen Staaten im Rahmen der Finanzkrise) betrieben worden und hatte oftmals verheerende Inflationskrisen bis zur Vernichtung der jeweiligen Währung zur Folge.

    b) Der Staat kann sich zulasten seiner Bürger gezielt entschulden, wenn die Staatsverschuldung vorrangig auf langläufigen und festverzinslichen Wertpapieren (Staatsanleihen, Schatzbriefe u.Ä.) beruht, welche durch die Inflation real entwertet werden.

    c) Der temporär belebende Effekt einer Inflation („Strohfeuereffekt“) kann genutzt werden, um bspw. in Wahlkampfzeiten einen vorübergehenden Wirtschaftsaufschwung herbeizuführen (vgl. Philipps-Kurve). Dagegen wird kritisiert, dass regierungsunabhängige Zentralbanken keiner genügenden demokratischen Kontrolle unterliegen. Die ausschließliche Fixierung auf das Ziel der Preisniveaustabilität vernachlässigt u.U. andere wirtschaftspolitische Ziele und erschwert deren Verfolgung.

    2. Dimensionen der Unabhängigkeit einer Zentralbank: Neben der institutionellen Unabhängigkeit (Verbot einer politischen Einflussnahme) sind die personelle Unabhängigkeit der leitenden Zentralbankfunktionäre, die haushalterische Unabhängigkeit (Höhe, Gestaltung und Verwendung des Zentralbankbudgets), die instrumentelle Unabhängigkeit (Einsatz und Ausgestaltung geldpolitischer Instrumente) sowie die wechselkursbezogene Unabhängigkeit (Entscheidung über und Ausgestaltung von Wechselkurssystemen insbesondere eventuelle Festkursbindungen und Interventionspflichten) zu erwähnen.

    3. Nationale Zentralbanken: In verschiedenen Staaten sind derzeit die nationalen Zentralbanken in unterschiedlichem Ausmaß unabhängig. Während sowohl die Europäische Zentralbank als auch die nationalen Zentralbank der Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion (EWU) gemäß EU-Vertrag über eine vergleichsweise umfassende Unabhängigkeit verfügen (Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)), gilt dies bspw. für das US-amerikanische Notenbanksystem in deutlich geringerer Weise. Viele Zentralbanken in Schwellen- und Entwicklungsländern können überhaupt nicht als unabhängig betrachtet werden.

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