Soziale Marktwirtschaft
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Wirtschaftsordnung
1. Charakterisierung: Von Müller-Armack und Ludwig Erhard konzipiertes wirtschaftspolitisches Leitbild, das ab 1948 in der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht worden ist. Es greift die Forderung des Ordoliberalismus (Freiburger Schule) nach staatlicher Gewährleistung einer funktionsfähigen Wettbewerbsordnung auf, ergänzt jedoch den Katalog wirtschaftspolitischer Staatsaufgaben unter Betonung sozialpolitischer Ziele. Mit diesem Leitbild wird versucht, Ziele und Lösungsvorschläge des Liberalismus, der christlichen Soziallehre und des freiheitlichen Sozialismus (Gegenteil: Kommunismus) miteinander zu verbinden. Sie ist kein streng in sich geschlossenes Konzept, wodurch der Gestaltungsauftrag an die Träger der Wirtschaftspolitik umfassender und elastischer als beim Ordoliberalismus ist. Die Soziale Marktwirtschaft ist eher eine Ordnungsidee, die offen ist auch für soziale und auch ökologische Erweiterungen bzw. Spezifizierungen.
2. Aufgaben/Instrumente: Neben der Gewährleistung einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung wird eine soziale Ausrichtung der Wirtschaftspolitik gefordert. Die Kennzeichnung als sozial erhält diese Konzeption vorrangig nicht durch eine staatliche Umverteilung von Vermögen oder Einkommenschancen, vielmehr wird eine sozialpolitisch motivierte Verteilung der Einkommenszuwächse, die durch eine sinnvolle Ordnungspolitik erst ermöglicht werden, sowie eine sozialorientierte Beeinflussung der Marktprozesse bei Gewährleistung der Marktkonformität der Instrumente angestrebt. Sozial unerwünschte Marktergebnisse sollen durch Beschränkung oder indirekte Beeinflussung der privatwirtschaftlichen Initiative korrigiert werden, tief greifende strukturelle Umbrüche werden mittels staatlicher Anpassungsinterventionen in ihren sozialen Folgen gemildert. Die ordoliberale These der prinzipiellen Stabilität des privatwirtschaftlichen Sektors wird nicht vollkommen geteilt und hieraus die Notwendigkeit einer maßvollen staatlichen Konjunkturpolitik abgeleitet. In den sozialpolitisch relevanten Bereichen, in denen Marktversagen zu befürchten ist (z.B. soziale Versicherungssysteme), hat der Staat unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips unterstützend einzugreifen oder die Bereitstellung entsprechender Güter und Dienstleistungen selbst zu organisieren. Weitere Aufgaben des Staates sind eine aktive Arbeitsmarkt-, Vermögens-, Wohnungsbau- und Bildungspolitik, Gewährleistung einer sozialen Gestaltung der Unternehmensverfassung sowie Bereitstellung der für die sozio-kulturell und wirtschaftliche Entwicklung notwendigen materiellen und immateriellen Infrastruktur.
3. Entwicklung: a) Die 1. Phase der Sozialen Marktwirtschaft, zeitlich von 1948 bis 1966/7, ist geprägt von der Dominanz der Ordoliberalen. In diesem Zeitraum fallen u.a. das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das Bundesbankgesetz sowie das Tarifvertragsgesetz;
b) Von 1966/7 (Stabilitäts- und Wachstumsgesetz) bis Anfang der 1980er-Jahre dominieren Vorstellungen des freiheitlichen Sozialismus, wie sie z.B. in der antizyklischen Fiskalpolitik sowie in den Mitbestimmungsgesetzen zum Ausdruck kommen;
c) Anfang der 1980er-Jahre erfolgte eine Wiederbelebung der neoliberalen Vorstellungen einer stabilen Marktwirtschaft (Angebotsökonomie). Die Geldpolitik wurde potenzialorientiert festgelegt, man strebte nach einem konjunkturneutralen Haushalt.
d) Seit der Wiedervereinigung Deutschlands und danach ist eine mehr auf Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit bedachte Fortentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft zu verzeichnen.
Wirtschaftsethik
Aus wirtschaftsethischer Sicht stellt die Soziale Marktwirtschaft das beste bislang bekannte Mittel zur Realisierung gesellschaftlicher Solidarität dar (Moralische Qualität der Marktwirtschaft). Zwei Punkte stellen einen Unterschied zu verbreiteten Ansichten dar:
(1) Das „Soziale” der Sozialen Marktwirtschaft ist nicht als Ergänzungs- oder Korrekturmaßnahme, sondern als Voraussetzung von Märkten bzw. der Kennzeichnung des institutionellen Arrangements insgesamt zu verstehen; so ist Sozialpolitik nicht gegen, sondern für den Markt, d.h. als Versicherung, zu konzipieren.
(2) Dementsprechend gewinnt die Soziale Marktwirtschaft moralische Qualität v.a. aufgrund der Koordinationsleistung der Märkte, die grundsätzlich allen Mitgliedern der Gesellschaft zum Vorteil gereichen, nicht aber wegen vermeintlich „sozialer” Umverteilungsmaßnahmen.
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Interne Verweise
Soziale Marktwirtschaft
- betriebliche Sozialpolitik
- Erhard
- Freiburger Schule
- Konzentrationstheorie
- Leistungsgerechtigkeit
- Marktwirtschaft
- Müller-Armack
- Ordnungspolitik
- Solidarität
- Sozialpolitik
- Sozialpolitik in der Marktwirtschaft
- Sozialpolitik, Gestaltungsprinzipien
- Subsidiarität
- Treuhandanstalt
- Wirtschaftsethik
- wirtschaftspolitische Konzeption
- Wirtschaftsverfassung