Direkt zum Inhalt

Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion

Definition: Was ist "Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion"?

In einer kleinen Währungsunion, die aus zwei Mitgliedsländern besteht und modelltheoretisch wie das IS-LM-Z-Modell bei nach außen flexiblem Wechselkurs und vollkommener Kapitalmobilität aufgebaut ist, hat eine Steigerung der Unionsgeldmenge eine Einkommenserhöhung für beide Unionsländer zur Folge, die aus der Abwertung der Einheitswährung resultiert. Einseitig betriebene Fiskalpolitik ist für das aktive Unionsland zwar ebenfalls effizient (trotz der Währungsaufwertung), geht jedoch zulasten des Partnerlandes, d.h. ist mit einer negativen Outputtransmission innerhalb der Währungsunion verbunden.

GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Auf der Grundlage des IS-LM-Z-Modells für eine aus zwei Ländern (U1 und U2) bestehende Währungsunion (IS-LM-Z-Modell einer Währungsunion) lassen sich die Wirkungen geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen auf die Mitgliedsländer der Union analysieren. Dabei wird gemäß der Bedingung für die Zinsparität von einheitlichen Zinssätzen innerhalb der Union ausgegangen, die wiederum - bei Vernachlässigung von Wechselkursänderungserwartungen - auf dem Niveau des exogen vorgegebenen ausländischen Zinssatzes festliegen.

    1. Geldpolitik: Eine Geldmengenexpansion der gemeinsamen Zentralbank führt über die damit verbundene Zinssenkungstendenz in der Union zu massiven Kapitalabflüssen ins große Ausland und zu einer Abwertung der Einheitswährung (Senkung des Wechselkurses in Mengennotierung). Dadurch verbessert sich für beide Unionsländer der bilaterale Handelsbilanzsaldo gegenüber dem großen Ausland. Bei vollkommen elastischem Güterangebot kommt es in beiden Ländern zu einer Einkommenssteigerung (vgl. Abbildung „Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion (1)“).

    Da sich gleichzeitig das Gesamteinkommen der Union erhöht hat, bestätigt sich für die Union als Ganzes das Mundell-Fleming-Resultat über die Wirksamkeit der Geldpolitik im System flexibler Wechselkurse (Stabilisierungspolitik in einer kleinen offenen Volkswirtschaft).

    2. Fiskalpolitik: Findet eine einseitige Staatsausgabenerhöhung statt (z.B. in U1), so ist hiermit im aktiven Land eine Einkommenssteigerung verbunden, während im passiven Unionsland das Einkommen sinkt. Durch die Aufwertung der Einheitswährung gehen für beide Länder die Güterexporte ins große Ausland zurück; gleichzeitig verbessert sich der innergemeinschaftliche Handelsbilanzsaldo zugunsten des passiven Landes U2. Trotz dieser gegenläufigen Effekte auf dem Gütermarkt des Unionslandes U2 ergibt sich dort eindeutig eine Einkommenskontraktion. Von der monetären Seite lässt sich die fiskalpolitisch induzierte negative Konjunkturtransmission in einer Währungsunion mit der Änderung der Geldnachfrage in beiden Ländern begründen. Da die Geldnachfrage des aktiven Landes gestiegen und das Gesamtgeldangebot der Union unverändert geblieben ist, muss die Geldnachfrage des passiven Landes gesunken sein, um das Geldmarktgleichgewicht aufrechtzuerhalten. Bei gegebenem Zins ist hierzu aber eine Senkung des Einkommens Y2 erforderlich. Grafisch ist erkennbar, dass das neue Gleichgewicht nordwestlich des alten auf der unverändert gebliebenen LM-Kurve liegen muss, da die Steigerung des Wechselkurses in Mengennotierung die IS-Kurve des passiven Landes U2 nach links (d.h. in die kontraktive Richtung) verlagert (vgl. Abbildung „Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion (2)“).

    In einer Währungsunion hat somit eine einseitig durchgeführte expansive Fiskalpolitik den Charakter einer Beggar-my-Neighbour-Politik. Im Vergleich zum Mundell-Fleming-Fixpreisansatz für eine kleine offene Volkswirtschaft (Totalmodelle offener Volkswirtschaften, Nachfrageseite) wird die Fiskalpolitik effizient, wenn das stabilisierungspolitisch aktive Land in eine Währungsunion eintritt. Während eine Staatsausgabenerhöhung im Fall einer kleinen offenen Volkswirtschaft bei flexiblen Wechselkursen sowie vollkommener Kapitalmobilität und statischen Wechselkurserwartungen keine Einkommenswirkungen erzielt, ergibt sich für das aktive Land durch den Beitritt in eine Währungsunion eine Einkommensexpansion, die allerdings zulasten des Partnerlandes geht. Die Einkommenssteigerung im aktiven Land kommt dabei trotz des aufwertungsbedingten Crowding-out-Effektes und des Rückgangs der Güterexporte ins passive Partnerland zustande. Wegen der negativen Konjunkturübertragung braucht das Gesamteinkommen der Union - im Unterschied zur Geldpolitik - nicht mehr anzusteigen.

    Werden in der Bedingung für die ungedeckte Zinsparität Wechselkursänderungserwartungen explizit berücksichtigt, erhöhen sich die Unionszinssätze im Ausmaße der jetzt geringeren Aufwertung der gemeinsamen Währung, sodass grafisch gesprochen die LM-Kurve nach rechts verlagert wird und auch im zweiten Unionsland eine Einkommensexpansion möglich ist. Durch die Zinssteigerung in der Union, die im Unterschied zu statischen bei exogenen Wechselkurserwartungen auftritt, geht die Spekulationskassenhaltung in beiden Mitgliedsländern zurück, sodass bei gegebener Gesamtgeldmenge M die Transaktionskassenhaltung und das Einkommen auch im passiven Unionsland zunehmen kann. 

    Vgl. zugehöriger Schwerpunktbeitrag Makroökonomische Totalmodelle geschlossener Volkswirtschaften.

    Mit Ihrer Auswahl die Relevanz der Werbung verbessern und dadurch dieses kostenfreie Angebot refinanzieren: Weitere Informationen

    Mindmap "Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion"

    Hilfe zu diesem Feature
    Mindmap Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/stabilisierungspolitik-einer-waehrungsunion-42653 node42653 Stabilisierungspolitik in einer ... node42003 Stabilisierungspolitik in einer ... node42653->node42003 node38984 makroökonomische Totalmodelle geschlossener ... node42653->node38984 node28135 Beggar-my-Neighbour-Politik node42653->node28135 node40827 IS-Kurve node42653->node40827 node49939 Zinsparität node42653->node49939 node38048 LM-Kurve node42653->node38048 node51440 Euler-Gleichung des Konsums node40272 Kaufkraftparität node40880 Konjunkturpolitik node40880->node42003 node42003->node40272 node42003->node49939 node50469 Wechselkurs node42003->node50469 node33481 Einfuhrbeschränkung node38984->node28135 node32352 Exportförderung node28674 Abwertung node28135->node33481 node28135->node32352 node28135->node28674 node40827->node51440 node48316 Wechselkurstheorie node49939->node48316 node44890 Policy Mix node44890->node40827 node44890->node38048 node38805 IS-LM-Modell node38805->node40827 node38805->node38048 node38052 Keynesianismus node38048->node40827 node38048->node38052 node33619 Faktormobilität node33619->node49939 node39379 Mundell-Fleming-Modell node39379->node49939 node45318 Risikoprämie node45318->node49939
    Mindmap Stabilisierungspolitik in einer Währungsunion Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/stabilisierungspolitik-einer-waehrungsunion-42653 node42653 Stabilisierungspolitik in einer ... node49939 Zinsparität node42653->node49939 node38048 LM-Kurve node42653->node38048 node40827 IS-Kurve node42653->node40827 node28135 Beggar-my-Neighbour-Politik node42653->node28135 node42003 Stabilisierungspolitik in einer ... node42653->node42003

    News SpringerProfessional.de

    Literaturhinweise SpringerProfessional.de

    Bücher auf springer.com

    Sachgebiete