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Tarifvertrag

Definition: Was ist "Tarifvertrag"?

Bürgerlich-rechtlicher Vertrag zwischen Parteien mit Tariffähigkeit (Arbeitgeberverbände, einzelne Arbeitgeber, Gewerkschaften) zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten (schuldrechtlicher Teil) und zur Festsetzung von arbeitsrechtlichen Normen (normativer Teil).

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Begriff
    2. Tarifvertragspartner
    3. Registrierung
    4. Inhalt
    5. Beendigung/Nachwirkung
    6. Unverbrüchlichkeit tariflicher Rechte

    Begriff

    entsprechend Tarifvertragsgesetz (TVG) ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag zwischen Parteien mit Tariffähigkeit zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten (schuldrechtlicher Teil) und zur Festsetzung von arbeitsrechtlichen Normen (normativer Teil). Tarifvertrag bedarf gemäß § 1 II TVG grundsätzlich der Schriftform.

    Vgl. auch Entgelt-Tarifvertrag, Firmentarifvertrag, Flächentarifvertrag, Lohntarifvertrag, Manteltarifvertrag, Verbandstarifvertrag.

    Tarifvertragspartner

    (Tarifvertragsparteien): auf der Arbeitnehmerseite die Gewerkschaften, auf der Arbeitgeberseite die Arbeitgeberverbände (Verbandstarif) und einzelne Arbeitgeber (Haus-, Werk- oder Firmentarif).

    Vgl. auch Tariffähigkeit, Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen.

    Registrierung

    Abschluss, Änderung und Aufhebung des Tarifvertrags werden in einem Tarifregister eingetragen, das beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geführt wird. In den Bundesländern werden gleichfalls Tarifregister geführt. Die Eintragung in das Tarifregister ist nicht Wirksamkeitserfordernis des Tarifvertrags.

    Inhalt

    1. Normative Bestimmungen: Rechtsnormen zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder der beteiligten Tarifvertragsparteien, v.a. der Arbeitsverhältnisse (Arbeitsbedingungen). Sie gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen (Tarifgebundenheit). Sie dürfen nicht gegen zwingendes staatliches Recht verstoßen (sonst Nichtigkeit gemäß § 134 BGB). Sie sind unabdingbar, können also nicht durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien zuungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden (Günstigkeitsprinzip).

    Wirkung der Normativbestimmungen nach Geltungsbereichen unterschiedlich: a) Zeitlicher Geltungsbereich: Dieser deckt sich im Zweifel mit der Dauer des Tarifvertrags. Abweichende Regelung möglich in der Weise, dass die Geltung der Normen oder eines Teiles davon schon vor Beendigung des Tarifvertrags aufhören soll. Nach Ablauf des Tarifvertrags tritt die Nachwirkung gemäß § 4 V TVG ein.

    b) Räumlicher Geltungsbereich: ist von den Tarifvertragsparteien beliebig abzugrenzen für das Gebiet, in dem sie satzungsmäßig zuständig sind. Im Zweifel gelten die Normen bei Verbandstarif (Flächentarifvertrag) für das ganze Gebiet der Tarifvertragsparteien und beim Werks-, Haus- oder Firmentarif für sämtliche gleichartigen Betriebe des Arbeitgebers. Je nach Größe des Tarifgebietes unterscheidet man Orts-, Bezirks-, Landes- und Bundestarife.

    c) Sachlicher Geltungsbereich: Dieser kann sich betrieblich oder fachlich bestimmen, grundsätzlich für einen ganzen Wirtschaftszweig (z.B. Großhandel, Einzelhandel, Metallindustrie). Bei gemischten Betrieben entscheidet der im Betrieb überwiegende Betriebszweck.

    Problematisch ist, welcher Tarifvertrag anzuwenden ist, wenn ein Betrieb die fachlichen Geltungsvoraussetzungen mehrerer Tarifverträge erfüllt (Tarifkonkurrenz). Ebenso tritt das Problem der Tarifkonkurrenz auf, wenn ein Arbeitgeber aus einem Arbeitgeberverband in einen anderen übertritt. Der Arbeitgeber ist dann einerseits an die vom Verband, dem er zuvor angehörte, geschlossenen Tarifvertrag gebunden (§ 3 III TVG), andererseits tritt durch den Beitritt zu dem anderen Verband eine Tarifbindung an die von diesem geschlossenen Tarifvertrag ein (§ 3 I TVG). Nach der Rechtsprechung des BAG war grundsätzlich davon auszugehen, dass für einen Betrieb immer nur ein Tarifvertrag gelten soll (Prinzip der Tarifeinheit), und zwar der aufgrund seiner betrieblichen, fachlichen und räumlichen Nähe speziellere Tarifverträge (Spezialitätsprinzip). Allerdings wurde das Prinzip der Tarifeinheit durch das Auftreten von Spartengewerkschaften (Bahn, Luftfahrtbranche) mehr und mehr aufgeweicht und zuletzt auch vom BAG nicht mehr vertreten. Folge: Seit dem 10.7.2015 gibt es das Tarifeinheitsgesetz (BGBl. I 1130). Der durch dieses Gesetz neu eingefügte § 4a TVG bestimmt, dass bei kollidierenden Tarifverträgen im Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern anzuwenden ist. Ob das Tarifeinheitsgesetz verfassungskonform, insbesondere mit Art. 9 GG vereinbar ist, ist stark umstritten. Mehrere Gewerkschaften haben Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. 

    d) Persönlicher Geltungsbereich: Abgrenzung eines Tarifvertrags nach Merkmalen persönlicher Art. Herkömmlicherweise werden für Angestellte und Arbeiter getrennte Tarifverträge abgeschlossen. Der persönliche Geltungsbereich von Tarifverträgen kann noch enger sein, z.B. eigene Tarifverträge für Auszubildende.

    Der persönliche Geltungsbereich darf nicht mit der Tarifgebundenheit verwechselt werden.

    2. Schuldrechtliche Bestimmungen: Abreden, die das Rechtsverhältnis der Parteien des Tarifvertrags untereinander regeln.

    a) Friedenspflicht: gegenseitige Verpflichtung zur Wahrung des Arbeitsfriedens. Sie verbietet Kampfmaßnahmen, die sich gegen den Bestand des Tarifvertrags richten, wenn mit ihnen die vorzeitige Aufhebung oder Änderung eines Tarifvertrags oder einzelner Teile bezweckt wird.

    b) Einwirkungspflicht: Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, auf ihre Verbandsmitglieder im Sinn eines tarifgemäßen Verhaltens einzuwirken. Sie verpflichtet jedoch nicht zum Eingreifen gegen tarifwidriges Verhalten im Einzelfall, sondern nur bei der Verletzung kollektiver Interessen.

    Bei Verletzung der Friedens- und Einwirkungspflicht Schadensersatzansprüche.

    Beendigung/Nachwirkung

    Ein Tarifvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Er kann auch von den Parteien des Tarifvertrags aufgehoben oder durch einen neuen Tarifvertrag ersetzt werden. Viele Tarifverträge sehen die Möglichkeit einer befristeten Kündigung vor. Den Tarifgebundenen gegenüber entfällt mit dem Ende des Tarifvertrags noch nicht jede Wirkung. Gemäß § 4 V TVG gelten die Rechtsnormen - nicht dagegen die schuldrechtlichen Vereinbarungen - eines Tarifvertrags nach dessen Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die nachwirkenden Normen sind aber dispositiv, weichen daher auch einzelvertraglichen Abreden.

    Unverbrüchlichkeit tariflicher Rechte

    Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nach § 4 IV 1 TVG nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Nach § 4 IV 2 ist auch die Verwirkung tariflicher Rechte ausgeschlossen. Tarifliche Rechte sind Rechte, die zwar im Arbeitsvertrag ihre Grundlage haben, aber durch den Tarifvertrag dem Umfang nach festgelegt sind, z.B. Ansprüche auf tarifliche Vergütung oder auf den tariflichen Urlaub.

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