Direkt zum Inhalt

allgemeines Gleichgewicht

(weitergeleitet vonWalras' Modell des allgemeinen Gleichgewichts)
Definition: Was ist "allgemeines Gleichgewicht"?

Unter einem allgemeinen oder simultanen Gleichgewicht versteht man eine ökonomische Situation, in der auf allen Teilmärkten einer Volkswirtschaft Gleichgewicht in dem Sinne vorliegt, dass das aggregierte Angebot dieses Teilmarktes genau mit der entsprechenden aggregierten Nachfrage übereinstimmt, also bildlich gesprochen ein Zustand der Markträumung vorliegt. Dabei können Modelle des allgemeinen Gleichgewichts einen unterschiedlichen Komplexitätsgrad aufweisen, je nachdem ob über Güter aggregiert wird oder nicht.

GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

zuletzt besuchte Definitionen...

    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    simultanes Gleichgewicht. 1. Gleichgewicht auf allen Teilmärkten (Produkt- und Faktormärkten); das bedeutet, dass auch alle Wirtschaftssubjekte ein individuelles Gleichgewicht hinsichtlich ihres Wirtschaftsplanes realisieren bzw. dass sie sich an die herrschenden Daten in optimaler Weise angepasst haben. Im Gleichgewicht eines Teilmarktes stimmen aggregiertes Angebot und aggregierte Nachfrage genau überein, sodass kein überschüssiges Angebot bzw. keine überschüssige Nachfrage auftreten kann. I.d.R. wird dabei Nutzenmaximierung der Haushalte und Gewinnmaximierung der Unternehmen vorausgesetzt. Außerdem kann man zwischen mikroökonomischen Gleichgewichtsmodellen (sog. vollständige Konkurrenz- oder Walrasianische Gleichgewichtsmodelle) und makroökonomischen Gleichgewichtsmodellen unterscheiden. Während bei den mikroökonomischen Modellen des allgemeinen Gleichgewichts keine Güteraggregation vorgenommen wird, behandeln makroökonomische Gleichgewichtsmodelle das simultane Gleichgewicht auf den aggregierten Märkten Gütermarkt, Geldmarkt, Wertpapiermarkt, Arbeitsmarkt und - bei Vorliegen einer offenen Volkswirtschaft - Devisenmarkt.

    2. Die Modelle des allgemeinen Gleichgewichts können von unterschiedlicher Komplexität sein. So unterscheidet man Modelle, in denen es nur um Tauschaktivitäten geht, von solchen, welche die Produktion in die Betrachtung einbeziehen. Weiterhin unterscheidet man zeitpunktbezogene von intertemporalen Gleichgewichtsmodellen bis hin zur Einbeziehung von Zukunftsmärkten (auf der Basis von kontingenten Verträgen).

    Ausgangspunkt der Entwicklung einer Theorie des allgemeinen Gleichgewichts war A. Smiths Metapher von der „unsichtbaren Hand“, die das Marktsystem über den Eigennutz der Wirtschaftssubjekte langfristig in eine Gleichgewichtssituation (klassisches Gravitationszentrum) bringe. Die Totalanalyse intendiert im Grunde nichts anderes, als die Bedingungen herauszuarbeiten, unter denen das der Fall ist. Dabei geht es zum Ersten um die Frage, ob unter den jeweils gemachten Voraussetzungen ein solches Gleichgewicht überhaupt existiert. Zum Zweiten wird geprüft, ob das so ermittelte Gleichgewicht eindeutig ist. Im Hinblick auf beide Fragen zeigt sich, dass die Bedingungen, unter denen ein eindeutiger gleichgewichtiger Preis- und Mengen-Vektor existiert, sehr restriktiv sind (u.a. müssen konvexe Indifferenzkurven und Isoquanten vorausgesetzt werden). Mit diesen Fragen ist aber noch nicht geklärt, wie das Marktsystem in den Zustand gelangt, in dem ein solcher Preis- und Mengen-Vektor zur Existenz kommt.

    Dies führt zu der Frage nach der Stabilität des Gleichgewichtszustandes: Gelangt das System nach einer Störung wieder zurück in diesen Zustand? Zur Beantwortung greift man auf die auf L. Walras zurückgehende Tâtonnement-Analyse zurück und diskutiert die Rolle des Auktionators: Da man - bis auf neuere Entwicklungen, in denen auch andere Marktformen analysiert werden - von Preisnehmer- oder Mengenanpasser-Verhalten (Polypol) ausgeht, muss eine Instanz die Preise verändern, solange der Gleichgewichtszustand noch nicht erreicht ist. Dies besorgt der Auktionator, der bei Gütern mit Angebotsüberhang (Überschussangebot) den Preis senkt und ihn bei Gütern mit einem Nachfrageüberhang (Überschussnachfrage) anhebt. Näherungsweise liegt also eine Art Börsenpreisbildung vor. Durch Versuch und Irrtum tastet sich der Auktionator auf diese Weise schließlich an den Gleichgewichtspreis-Vektor heran. Erst wenn dieser ermittelt ist, wird tatsächlich getauscht. Zum gleichen Resultat gelangt man auch ohne Auktionator dann, wenn die Wirtschaftssubjekte Verträge direkt abschließen und diese so lange gegenseitig anpassen, bis sie alle kompatibel sind, bevor sie dann tatsächlich vollzogen werden (Recontracting im Sinn von Edgeworth).

    Durch diese Annahmen wird das sog. „False Trading“, also das Tauschen zu Nicht-Gleichgewichtspreisen, ausgeschlossen. Genau zu einem solchen Tausch kommt es jedoch bei Abwesenheit des Auktionators bzw. von Recontracting (Neokeynesianische Theorie). Da in diesem Fall im Anpassungsprozess Vermögensumverteilungen auftreten, wird das (Wieder-)Erreichen des Gleichgewichtszustandes selbst für den Fall fraglich, in dem die Existenz- und die Eindeutigkeitsfrage bejaht werden können. Im Ergebnis führt dies zu zusätzlichen restriktiven Bedingungen.

    Schließlich ist noch die Frage nach der Optimalität des Gleichgewichtszustandes aufzuwerfen (Wohlfahrtsökonomik).

    3. In der Neuen Makroökonomik werden v.a. dynamische stochastische allgemeine Gleichgewichtsmodelle (sog. DSGE-Modelle, Dynamic Stochastic General Equilibrium Models) diskutiert, die vollständig mikrofundiert sind und entweder von vollständiger Preisflexibilität ausgehen und dann als RBC-Modelle (Real Business Cycle Models) zu den Konjunkturmodellen der Neuen Klassischen Makroökonomik zählen, oder nominale Rigiditäten (Preisträgheit) und die Modellwelt der monopolistischen Konkurrenz unterstellen und dann neukeynesianische Makromodelle darstellen.

    Vgl. zugehöriger Schwerpunktbeitrag Makroökonomik.

    Mit Ihrer Auswahl die Relevanz der Werbung verbessern und dadurch dieses kostenfreie Angebot refinanzieren: Weitere Informationen

    Mindmap "allgemeines Gleichgewicht"

    Hilfe zu diesem Feature
    Mindmap allgemeines Gleichgewicht Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/allgemeines-gleichgewicht-29040 node29040 allgemeines Gleichgewicht node50000 Wohlfahrtsökonomik node29040->node50000 node50571 Verfügungsrechte node50571->node29040 node37388 Institution node50571->node37388 node34801 externer Effekt node50571->node34801 node34752 Homo oeconomicus node50571->node34752 node30607 Allokation node50571->node30607 node53449 ökonomische Nachhaltigkeit node53449->node50000 node45598 Produktionsfaktoren node50000->node45598 node45936 Pareto-Optimum node50000->node45936 node31465 Arbeit node40778 Makroökonomik node31465->node40778 node38052 Keynesianismus node38052->node29040 node41093 Neoklassik node38052->node41093 node47916 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) node38052->node47916 node40778->node29040 node40778->node38052 node40778->node47916 node39140 Interdependenz node39140->node41093 node30607->node50000 node41093->node29040 node41093->node40778 node41093->node30607 node27801 Arbeitslosigkeit node27801->node38052 node54080 Wirtschaft node54080->node38052
    Mindmap allgemeines Gleichgewicht Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/allgemeines-gleichgewicht-29040 node29040 allgemeines Gleichgewicht node40778 Makroökonomik node29040->node40778 node50000 Wohlfahrtsökonomik node29040->node50000 node38052 Keynesianismus node38052->node29040 node41093 Neoklassik node41093->node29040 node50571 Verfügungsrechte node50571->node29040

    News SpringerProfessional.de

    Literaturhinweise SpringerProfessional.de

    Bücher auf springer.com

    Sachgebiete