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Erbschaftsteuer

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Schenkungsteuer.

    I. Grundsätzliches:

    Erbschaftsbesteuerung.

    II. Rechtsgrundlagen:

    Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i.d.F. vom 27.2.1997 (BGBl I 378) m.spät.Änd., Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV) vom 8.9.1998 m.spät.Änd. Für die neuen Bundesländer gelten die Sondervorschriften aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands (§ 37a ErbStG). Zur Auslegung des E.-Rechts dienen ferner die Erbschaftssteuer-Richtlinien.

    III. Steuergegenstand:

    E. besteuert den Übergang von Vermögenswerten
    (1) durch Erbfall auf den Erben,
    (2) durch Schenkung unter Lebenden,
    (3) durch Zweckzuwendungen;
    (4) der E. unterliegt außerdem das Vermögen einer Familienstiftung (sog. Erbersatzsteuer, Stiftung; vgl. § 1 ErbStG).

    IV. Steuerpflicht:

    1. Unbeschränkte Steuerpflicht, wenn der Erblasser z.Z. seines Todes, der Schenker z.Z. seiner Schenkung oder der Erwerber zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer Inländer ist; der gesamte Vermögensanfall ist steuerpflichtig; vgl. § 2 ErbStG.

    2. Beschränkte Steuerpflicht, wenn Erblasser, Schenker und Erwerber nicht Inländer sind; die Steuerpflicht erstreckt sich auf das Inlandsvermögen im Sinn des § 121 BewG und auf das Nutzungsrecht an solchen Vermögensgegenständen.

    3. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 4 AStG): Erfüllt der Erblasser oder Schenker die entsprechenden Voraussetzungen, unterliegen ihr alle Vermögensgegenstände, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinn des § 34c I EStG wären.

    V. Steuerschuldner (§ 20 I, II ErbStG):

    Regelmäßig der Erwerber; bei einer Schenkung zusammen mit dem Schenker, bei einer Zweckzuwendung zusammen mit demjenigen, der die Zuwendung ausführen muss, als Gesamtschuldner. Die Erbersatzsteuer schuldet die Stiftung bzw. der Verein.

    Darüber hinaus ist in bestimmten Fällen eine dingliche oder personenbezogene Haftung vorgesehen (§ 20 III–VII ErbStG).

    Die Steuerschuld entsteht
    (1) beim Erwerb von Todes wegen mit dem Tode des Erblasser,
    (2) bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung,
    (3) bei Zweckzuwendungen mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Verpflichtung beim Beschwerten und
    (4) beim Vermögen einer Familienstiftung in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder den Verein.

    VI. Steuerberechnung:

    1. Bemessungsgrundlage (§ 10 ErbStG) ist der Wert des Erwerbs (bewertet nach dem Bewertungsgesetz (BewG); § 12 ErbStG). Erwerbe, die innerhalb von zehn Jahren von denselben Personen angefallen sind, sind zu addieren; die mehrfache Inanspruchnahme von Freibeträgen soll somit erschwert werden (§ 14 ErbStG).

    2. Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. Schenker werden drei Steuerklassen unterschieden (§ 15 ErbStG): Steuerklasse I: Ehegatte, Kinder, Stiefkinder, Abkömmlinge der genannten Kinder und Stiefkinder, bei Erwerb von Todes wegen Eltern und Voreltern des Erblassers. Steuerklasse II: Eltern und Voreltern, sofern sie nicht zur Steuerklasse I gehören; Geschwister, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und geschiedene Ehegatten. Steuerklasse III: alle übrigen Erwerber und Zweckzuwendungen.

    3. Die Höhe der E. ergibt sich bei Anwendung der in Tabelle „Erbschaftsteuer

    Steuersätze” genannten Steuersätze (§ 19 ErbStG). Gegebenenfalls sind Progressionsvorbehalt oder Wertstufenregelung des § 19 III ErbStG zu beachten.

    VII. Steuerbefreiungen:

    1. Sachliche Befreiungen:
    (1) Hausrat, beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I bis 41.000 Euro, der übrigen Steuerklassen bis 10.300 Euro;
    (2) andere bewegliche körperliche Gegenstände beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I und der übrigen Steuerklassen bis 10.300 Euro, Hausrat und anderere bewegliche Gegenstände zusammen bei den übrigen Steuerklassen, soweit es sich nicht um Gegenstände des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, des Grundvermögens oder des Betriebsvermögens, um Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle, Edelsteine oder Perlen handelt;
    (3) Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive mit 60 Prozent oder 100 Prozent ihres Wertes unter bestimmten Voraussetzungen;
    (4) Betriebsvermögen mit den ersten 225.000 Euro (Betriebsvermögensfreibetrag); der darüber hinaus gehende Betrag wird zu 65 Prozent seines steuerlichen Wertes angesetzt;
    (5) weitere Befreiungen vgl. § 13 ErbStG.

    2. Persönliche Freibeträge (§ 16 ErbStG):
    (1) Bei uneingeschränkter Steuerpflicht der Erwerb (a) des Ehegatten in Höhe von 307.000 Euro; (b) der Kinder und Kinder verstorbener Kinder in Höhe von 205.000 Euro; (c) der übrigen Personen der Steuerklasse I in Höhe von 51.200 Euro; (d) der Personen der Steuerklasse II in Höhe von 10.300 Euro; (e) der Personen der Steuerklasse III in Höhe von 5.200 Euro.
    (2) Bei beschränkter Steuerpflicht: 1.100 Euro.

    3. Zusätzlich besondere Versorgungsfreibeträge (§ 17 ErbStG): Beim Erwerb von Todes wegen hat der überlebende Ehegatte einen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro, die überlebenden Kinder einen nach Alter gestaffelten Betrag von 52.000 bis 10.300 Euro; dieser ist um den nach BewG ermittelten Kapitalwert der aus Anlass des Todes des Erblassers dem Erben gewährten, nicht der E. unterliegenden Versorgungsbezüge zu kürzen.

    4. Der E. unterliegt nicht der Betrag, den der überlebende Ehegatte bei güterrechtlicher Abwicklung der Zugewinngemeinschaft (§ 1371 II BGB) als Ausgleichsforderung geltend machen kann (§ 5 ErbStG).

    Vgl. auch eheliches Güterrecht.

    VIII. Verfahren:

    Für erbschaftsteuerpflichtige Vorgänge besteht Anzeigepflicht. Die Abgabe einer Steuererklärung oder eine Selbstveranlagung (diese umfasst die Selbstberechnung und die Entrichtung der E.) kann verlangt werden; damit wird dem zuständigen Finanzamt die Festsetzung eines Steuerbescheides ermöglicht. Gemäß herrschender Praxis wird die E. einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides fällig (§ 31 ErbStG).

    IX. Finanzwissenschaftliche Beurteilung:

    1. Frühere Begründungen (Fundustheorie, Chancengleichheit, arbeitsloses Einkommen („Neidsteuer”), Vermögens- und Rechtsschutzgebühr etc.) gelten heute als widersprüchlich und überholt. Heute gilt ererbtes Vermögen als Indikator der Leistungsfähigkeit.

    2. Die für die Realisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips notwendige Voraussetzung einer umfassenden Bemessungsgrundlage ist nicht erfüllt, da sich alle Ungleichheiten des Bewertungsgesetzes im Erbgang wieder finden. Das Bundesverfassungsgericht hat dies zuletzt in seinem Urteil vom 22.6.1995 beanstandet (2 BvR 552/91).

    3. Als Ausdruck der Leistungsfähigkeitsbesteuerung gilt der progressive Tarif:
    (1) Innerhalb jeder Steuerklasse steigen die Grenzsteuersätze.


    (2) Mit abnehmender Verwandschaftsnähe zum Erblasser höhere Steuersätze in den Steuerklassen können jedoch nicht mit zunehmender Leistungsfähigkeit erklärt werden.

    4. Ziele: Verteilung der Steuer nach der Leistungsfähigkeit dient der recht hohe Freibetrag des Ehegatten mit entlastender Wirkung und die steile Progression mit belastender Wirkung. Das Umverteilungsziel wäre überzeugender, wenn eine Zweckbindung der E. vorgesehen wäre, jedoch würde das bisher noch geringe Aufkommen keine wesentliche Umverteilung herbeiführen.

    5. Allokative Ziele und Wirkungen können in der Höhe des Freibetrages gesehen werden, die der Erhaltung der Vermögenssubstanz dienen.

    6. Steuersystematik: a) Die im Erbanfall sich ausdrückende gestiegene Leistungsfähigkeit hat keinen Ausdruck im Einkommensbegriff nach der Reinvermögenszugangstheorie (Einkommen) gefunden, vielmehr wurde eine eigene Steuer eingerichtet; dadurch wird eine bes. hohe Progressionsbelastung im Jahr des Erbanfalls vermieden.

    b) Wenngleich die E. steuertechnisch als Verkehrsteuer konstruiert ist, ist sie gemäß der Bemessungsgrundlage eine Substanzsteuer.

    c) Im Jahr des Erbanfalls kommt es zu einer Zweifachbelastung des Vermögens mit E. und Vermögensteuer, sofern das Vermögen am Jahresende noch vorhanden ist.

    d) Steuerliche Beziehungslehre: Die E. gilt als eine (fragwürdige) Kontroll- (oder Nachhol-)Steuer der Einkommensteuer für jene, die Einkommensteuer hinterzogen haben.

    X. Betriebswirtschaftliche Beurteilung:

    Wegen der starken und bes. nicht zeitlich exakt vorhersehbaren Liquiditäts- und Substanzbelastung stellt die E. bes. für Personenunternehmungen eine gravierende Belastung dar, die zur Existenzbedrohung werden kann. In diesen Fällen Stundung bis zu zehn Jahren gemäß § 28 ErbStG möglich, aber nur für sieben Jahre. Frühzeitige Planungen zur Minimierung der E. sind daher unumgänglich, z.B. mehrmalige Ausnutzung von Freibeträgen und Progressionsminderung durch wiederholte Schenkungen im Zehn-Jahres-Abstand, vorweggenommene Erbfolge, Optimierung der Vermögensstruktur unter bewertungsrechtlichen Gesichtspunkten etc. Wegen anstehendem Generationswechsel in vielen Unternehmungen nimmt die Bedeutung der Problematik weiter zu. (Zeichen dafür ist die Verdreifachung des Steueraufkommens seit 1985.)

    XI. EU-rechtliche Beurteilung:

    Mit Beschluss vom 7. November 2006 (1 BvL 10/02) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass § 19 Abs. 1 ErbStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei. Diese Vorschrift bestimmt einheitliche Steuersätze für alle Fälle des Erwerbs von Todes wegen oder durch Schenkung, obwohl die Vorschriften über die Ermittlung des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genügen. In nach der Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen ebenso wie von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung her wesentlichen Teilbereichen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts werden die übertragenen Vermögenswerte nicht in Annäherung an den gemeinen Wert erfasst und zudem sowohl innerhalb einzelner als auch im Vergleich verschiedener Vermögensarten in ihrer Relation zueinander nicht realitätsgerecht in der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgebildet. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die durch den Erwerb erhöhte finanzielle Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu belasten, ist daher nicht belastungsgleich und nicht folgerichtig umgesetzt. Das Gericht hat die weitere Anwendung des Erbschaftsteuergesetzes bis zur gesetzlichen Neuregelung zugelassen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. 12.2008 eine Neuregelung zu treffen. Ein Referentenentwurf vom 20.11.2007 liegt bereits vor. Die Erbschaftsteuerreform soll rückwirkend zum 1.1.2007 in Kraft treten. Am 21. November 2007 hat das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts veröffentlicht und an die Ressorts und die Länder zur Stellungnahme versandt. Am 11.12.2007 beschloss die Bundesregierung den Gesetzentwurf und brachte die Reform auf den Gesetzgebungsweg. Beratung und Verabschiedung ist für die erste Jahreshälfte 2008 geplant.

    XII. Aufkommen:

    3.762,6 Mio. Euro (2006), 3.372,8 Mio. Euro (2003), 3.020,7 Mio. Euro (2002), 3.068,7 Mio. Euro (2001), 2.981,6 Mio. Euro (2000), 1.814,3 Mio. Euro (1995), 1.546,3 Mio. Euro (1990), 773 Mio. Euro (1985), 520 Mio. Euro (1980), 271 Mio. Euro (1975), 267 Mio. Euro (1970), 162 Mio. Euro (1965), 103 Mio. Euro (1960), 43 Mio. Euro (1955), 12 Mio Euro (1950).

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