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EU-Gesetzgebung

Definition: Was ist "EU-Gesetzgebung"?
Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat) und das Europäische Parlament beschließen überwiegend gemeinsam die Gesetze bzw. Rechtsakte der „Ersten Säule”. Man unterscheidet drei Hauptarten von verbindlichen Gesetzen/Rechtsakten: Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat) und das Europäische Parlament beschließen überwiegend gemeinsam die Gesetze bzw. Rechtsakte der „Ersten Säule” (Art. 249 ff. EGV). Man unterscheidet drei Hauptarten von verbindlichen Gesetzen/Rechtsakten: Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen. Daneben gibt es unverbindliche Empfehlungen und Stellungnahmen. In der „Zweiten Säule” spricht man von Gemeinsamen Strategien, Gemeinsamen Aktionen und Gemeinsamen Standpunkten (GASP). In der „Dritten Säule” kommen neben der Ausarbeitung von Übereinkommen Gemeinsame Standpunkte, Rahmenbeschlüsse und Beschlüsse zum Tragen. Die Rechtsakte werden im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

    2. Merkmale der Rechtsakte der „Ersten Säule”: a) Unter Richtlinien sind Rechtsakte zu verstehen, die innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Sie sind verbindlich für jeden Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet werden, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

    b) Verordnungen sind sofort und unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten anwendbar. Sog. Durchführungsverordnungen sind von den EU-Gesetzen insofern zu unterscheiden, als sie durch Rat oder Kommission unter Kontrolle des Rats beschlossen werden, um bereits beschlossene EU-Gesetze durchzuführen (Komitologie).

    c) Eine Entscheidung ist nicht allgemeingültig, sondern ist individuell oder zielgruppenspezifisch. Sie ist unmittelbar anwendbar.

    3. Verfahren: Die EU-Gesetze werden mittels unterschiedlicher Verfahren beschlossen, wobei das Europäische Parlament je nach Politikbereich gestufte Mitwirkungsrechte hat: a) Anhörungsverfahren: Entscheidungsverfahren in der EU-Gesetzgebung, bei dem das Europäische Parlament lediglich angehört werden muss. Der Rat ist nicht verpflichtet dieser Stellungnahme zu folgen. Diese Anhörung findet z.B. in folgenden Bereichen statt: Agrarpolitik, Außenhandel, Steuerangleichung.

    b) Kooperationsverfahren: Dieses Verfahren wird nur mehr im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion angewendet. Es bietet dem Europäischen Parlament mehr Mitwirkungsmöglichkeiten, doch der Rat hat das letzte Wort.

    c) Zustimmungsverfahren: Das Europäische Parlament muss bestimmten völkerrechtlichen Verträgen mit erheblichen finanziellen Folgen zustimmen. Das gleiche gilt für Assoziierungsverträge und Beitrittsverträge sowie die Schaffung neuer Strukturfonds und bei der Verhängung von Sanktionen gegenüber Mitgliedsstaaten.

    d) Mitentscheidungsverfahren: Das Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EGV) bietet dem Europäischen Parlament die größten Mitwirkungsrechte, da es Gesetzesvorschläge und den Gemeinsamen Standpunkt des Rates abändern und sogar ganz ablehnen kann. Es verfügt somit über ein Vetorecht. Ein Vermittlungsausschuss kann versuchen, letzte Divergenzen zwischen Rat und Europäischem Parlament zu bereinigen. Das Mitentscheidungsverfahren wird heute in ungefähr drei Viertel aller Politikbereiche angewendet (z.B. Binnenmarkt, Entwicklungszusammenarbeit, Kultur, Förderung der allgemeinen und beruflichen Bildung, Sozial- und Beschäftigungspolitik, Umwelt, Verbraucherschutz, Forschung).

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