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EU-Verteidigungsunion
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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abgek. SSZ; Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Verteidigungswesen (PESCO, engl. Permanent Structured Cooperation) interessierter EU-Mitgliedstaaten.
Rechtsgrundlagen: Art. 42 Abs. 6 und 46 EUV in der Fassung des Vertrags von Lissabon und Protokoll Nr. 10 zum EUV.
Entstehung und Ziel: Engere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Verteidigung auf freiwilliger Basis im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit (Europäische Union der verschiedenen Geschwindigkeiten). Nach der America-First-Politik der USA unter Präsident Trump wird die EU gezwungen, ihrer eigene Verteidigungsfähigkeit besser zu entwickeln. Der Brexit bildet das Rahmenprogramm. Am 13.11.2017 wurde von 23 Mitgliedstaaten dieser Schritt förmlich beschlossen, eine gemeinsame Mitteilung wurde feierlich unterzeichnet und an die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Rat der Europäischen Union übergeben. Nach Mitteilung der Europäischen Kommission ermöglicht dieser "ständige Rahmen für die Verteidigungszusammenarbeit [...] den Mitgliedstaaten, Verteidigungsfähigkeiten gemeinsam zu entwickeln, in gemeinsame Projekte zu investieren und die operative Einsatzbereitschaft zu verbessern." Anfang Dezember 2017 bekundeten mit Irland und Portugal zwei weitere Mitgliedstaaten ihr Interesse an der Verteidigungsunion teilzunehmen. Künftig könnten so gemeinsame Waffensysteme besser entwickelt und einheitliche Waffen angeschafft werden, um Abstimmungsprobleme zu vermeiden. Einige Politiker denken an ein gemeinsames EU-Militär. Mehr als 50 gemeinsame Projektthemen wurden gesammelt, von denen zunächst 17 gemeinsame Verteidigungsprojekte umgesetzt werden sollen. Beispiele hierfür sind die Einrichtung eines medizinischen Kommandos der EU sowie Projekte in den Bereichen militärische Mobilität, Meeresüberwachung und Cybersicherheit.
Am 19.11.2018 wurden 17 weitere Projekte beschlossen. Am 12.11.2019 kamen 13 weitere Projekte hinzu, so dass seit November 2019 insgesamt bereits 47 gemeinsame Verteidigungsprojekte umgesetzt werden. Unter den neuen Projekten sind ein gemeinsames Ausbildungszentrum für militärische Geheimdienstmitarbeiter, die Weiterentwicklung des Kampfhubschraubers Tiger zu einer Mark III-Version, die Entwicklung einer sog. Euro-Drohne, eines Drohnenabwehrsystems, einer neuen europäischen Artillerie mit Präzisionsmunition, eines Europäischen Netzes für militärische Weltraumlageerfassung und eines unbemannten Kampfgefährts (Modular Unmanned Ground System). Ziel ist jeweils die verbesserte Zusammenarbeit und die Unabhängigkeit von fremden Waffensystemen.
Voraussetzung für die Teilnahme: Teilnehmende Mitgliedstaaten verpflichten sich dazu, a) die Verteidigungsfähigkeiten intensiver zu entwickeln und b) über die Fähigkeit zu verfügen, entweder als nationales Kontingent oder als Teil von multinationalen Truppenverbänden bewaffnete Einheiten bereitzustellen, die auf die in Aussicht genommenen Missionen ausgerichtet sind, taktisch als Gefechtsverband konzipiert sind, über Unterstützung unter anderem für Transport und Logistik verfügen und fähig sind, innerhalb von 5 bis 30 Tagen Missionen nach Art. 43 EUV aufzunehmen, um insbesondere Ersuchen der Organisation der UN nachzukommen, und diese Missionen für eine Dauer von zunächst 30 Tagen, die bis auf 120 Tage ausgedehnt werden kann, aufrechtzuerhalten.
Finanzierung: Die Finanzierung der EU-Verteidigungsunion soll u.a. mit Hilfe des Europäischen Verteidigungsfonds erfolgen, in welchem für 2019-2020 ca. 500 Mio. Euro bereit stehen. Eine Verstetigung des Europäischen Verteidigungsfonds soll ab 2021 erfolgen. Im mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 werden 8 Mrd. Euro vorgesehen.
Kritik: Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass mit der EU-Verteidigungsunion ein neues Herstellungskonsortium für Kriegswaffen entsteht und neue Kriegseinsätze und Auslandseinsätze unter der EU-Flagge stattfinden werden. Insbesondere "automatische Tötungsmaschinen" sog. autonome Militärroboter wurden im Europäischen Parlament sehr intensiv und kritisch diskutiert.
Bewertung: Dieser Schritt der engeren Zusammenarbeit von 25 EU-Mitgliedstaaten wird von politischen Beobachtern als ein "Erwachsenwerden" der EU und ein selbstständiges Einstehen für eigene Interessen bewertet. Nicht an der EU-Verteidigungsunion teilnehmen Dänemark und Malta. Das UK nahm bis zum Brexit ebenfalls nicht an der EU-Verteidigungspolitik teil. Die USA wendete sich unter Präsident Trump von der EU und vielen internationalen Verpflichtungen mit der America-First-Politik ab und die EU und die NATO sind mehr auf sich gestellt. Trumps Nachfolger US-Präsident Biden bekräftigte Anfang 2021 die Bedeutung der NATO und forderte die Vertragsparteien auf, das vereinbarte Ziel einzuhalten, 2.0 % des Staatshaushalts für die Verteidigung auszugeben.
Bei der Verteidigungsunion handelt es sich um eine Form Kerneuropas für Verteidigungspolitik.
Die Europäische Verteidigungsinitiative (EI2) unterscheidet sich von der EU-Verteidigungsunion, da darin nur zehn Staaten vereinigt sind und das UK daran teilnimmt. Beide Konzepte zielen langfristig auf eine verstärkte Zusammenarbeit in der Verteidigung, u.a. um die NATO zu ergänzen; einige Stimmen sprechen über den künftigen Aufbau einer Europäischen Armee.
Beitrittsperspektiven: Anfang 2021 wird die Beitrittsperspektive für die USA, Kanada und Norwegen bekannt, welche bereits ab Mai 2021 der PESCO beitreten könnten und gemeinsam die Verteidigungsperspektive der westlichen Industrienationen verbessern sollen.
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