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finanzpolitische Stabilisierungsfunktion

Definition: Was ist "finanzpolitische Stabilisierungsfunktion"?

Beschreibung der Eingriffe des Staatssektors in den Wirtschaftsprozess, die sich auf eine konjunkturelle Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung richten.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Beschreibung der Eingriffe des Staatssektors in den Wirtschaftsprozess, die sich auf eine konjunkturelle Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung richten. Neben der finanzpolitischen Allokationsfunktion und finanzpolitischen Distributionsfunktion eine der Grundfunktionen der Staatstätigkeit (nach Musgrave).

    2. Begründung: Ausgangspunkt der Stabilisierungspolitik seitens des Staatssektors ist die keynesianische Theorie; in deren Rahmen sind die auftretenden Unterbeschäftigungsgleichgewichte durch gezieltes antizyklisches Verhalten des Staatssektors, d.h. durch die Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, zu heilen. Die Nachfrageimpulse des Staatssektors sollen i.d.R. durch eine Schuldenaufnahme finanziert werden (Deficit Spending), die im Boom wieder zurückgeführt werden kann. Im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) (1967) ist zudem die Möglichkeit der Konjunkturausgleichsrücklage vorgesehen worden. Budgetüberschüsse in den Phasen der Hochkonjunktur sollen damit still gelegt werden, um sie dann im Falle der Rezession wieder zu verausgaben.

    3. Konkretisierung: In der Bundesrepublik Deutschland ist die Handlungsempfehlung der keynesianischen Theorie mit dem Stabilitätsgesetz (StabG) vom 8.7.1967 aufgenommen worden, das die Ziele konkretisiert und die Instrumente gesetzlich fixiert hat. Grundsätzlich haben Gebietskörperschaften ihre wirtschaftspolitischen und finanzpolitischen Eingriffe so auszurichten, dass einerseits Stabilität des Preisniveaus, andererseits auch ein hoher Beschäftigungsgrad und ein außenpolitisches Gleichgewicht erreicht werden.

    4. Probleme: a) Seit Mitte der 1970er-Jahre befindet sich die keynesianisch ausgerichtete Stabilisierungspolitik auf dem Rückzug; die Gründe liegen in einer von ihr nicht lösbaren Stagflation, der wachsenden Verschuldungsproblematik (öffentliche Kreditaufnahme) sowie weiteren instrumentellen Schwachpunkten (z.B. Lag). Allerdings hat die Finanz- und Bankenkrise seit 2007 der Stabilisierungspolitik wieder vermehrt Anhänger verschafft.
    b) Eine aus ihr resultierende Stop-and-Go-Politik (diskretionäre Fiskalpolitik; Gegenteil: regelgebundene Fiskalpolitik der Angebotspolitik) führte zu weiterer Verunsicherung der Wirtschaftssubjekte und damit zu Destabilisierung des Marktsystems.
    c) Struktur- und/oder angebotstheoretische Ansätze, die strukturelle Probleme in den Vordergrund konjunktureller Symptome stellen oder eine Steuerungskompetenz des Staates im Bereich der Stabilisierungsaufgabe generell ablehnen (im Sinn einer neoklassischen Denktradition, die von der „Stabilität des privaten Sektors” ausgeht, die durch konjunkturelle Staatseingriffe stets gestört wird), greifen die Stabilisierungspolitik an. Ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung verschiedener ökonomischer Theoriesysteme ist auch aufgrund ihrer oft mit impliziten Werturteilen verbundenen Argumente nicht abzusehen.
    d) Die Idee vom zyklischen Budgetausgleich, d.h. für den Konjunkturzyklus insgesamt werden weder Überschüsse noch Defizite erwartet, gilt nur für den Fall eines idealen Konjunkturzyklus mit gleich langen und ausgeprägten Hoch- und Abschwungsphasen.
    e) Wenn der Staat eine Art Vollbeschäftigungsgarantie abgibt, werden die Tarifvertragsparteien aus ihrer Verantwortung für die Beschäftigung entlassen. Hohe Lohnabschlüsse können die Folge sein.
    f) Wie die ökonomische Theorie der Bürokratie und der Politik lehren, neigen Legislative und Exekutive eher zu Verringerungen der Steuersätze und Erhöhung der Subventionen, um Wahlen zu gewinnen, das verfügbare Budget zu maximieren bzw. die Anzahl der Mitarbeiter und das Prestige zu optimieren.

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