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Utopie
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Inhaltsverzeichnis
Allgemein
Eine Utopie (altgr. "ou": "nicht" und "tópos": "Ort", also "Nichtort") ist eine mögliche, gewünschte oder erträumte Lebensweise, Weltanschauung respektive Gesellschaftsordnung, die sich an einem anderen Ort, in der Zukunft oder in der Fiktion entfaltet. Im namensgebenden Roman "De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia" ("Vom besten Zustand des Staates oder von der neuen Insel Utopia") von Thomas Morus aus dem Jahre 1516 ist Utopia eine Insel mit einer idealen Gesellschaft. "Utopie" ist neutral gemeint oder positiv besetzt, "Eutopie" (gr. "eu": "gut") positiv, "Dystopie" (gr. "dys": "schlecht") negativ.
Merkmale
Die Utopie bzw. Eutopie bezieht sich z.B. auf einen gerechten, guten Staat, eine gerechte, gute Wirtschaft, eine gerechte, gute Gesellschaft oder eine reichhaltige, vielfältige Kultur. Sie ist verknüpft mit Fortschritt und Zivilisation (oder der Überwindung der Zivilisation). In Gesellschaft und Kultur kann es um die freie Entfaltung der Sexualität und der Kreativität gehen sowie um eine anarchistische, atheistische und humanistische Grundhaltung. Die Dystopie dagegen beschwört Zusammenbruch und Zerstörung herauf, wobei moderne Technologien häufig eine prägnante Rolle spielen. Entsprechend ist sie ein gängiges Schema in Science-Fiction-Büchern und -Filmen.
Sozialutopie
Im 19. Jahrhundert erblüht die Sozialutopie, gehegt von Philosophen, Soziologen, Ökonomen, Künstlern und Schriftstellern. Die "Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" von Friedrich Engels (1880) ist nach Karl Marx eine "Einführung in den wissenschaftlichen Sozialismus". Einige Werte des Sozialismus wie Gleichheit und Gerechtigkeit sind konstruktiv, einige Ideen jedoch destruktiv. Während das bedingungslose Grundeigentum utopisch ist und vor allem die Diskussion zur Ungerechtigkeit der Kapitalverteilung befeuern soll, erscheint das bedingungslose Grundeinkommen in einer digitalisierten, automatisierten und roboterisierten Industrie- und Informationsgesellschaft durchaus realistisch.
Utopische Literatur und Science-Fiction
Als visionäre Klassiker der utopischen und der Science-Fiction-Literatur gelten neben dem Buch von Thomas Morus (1478 – 1535) die Werke von Herbert George Wells (1866 – 1946), Isaac Asimov (1920 – 1992), Frank Herbert (1920 – 1986) und Stanisław Lem (1921 – 2006), die zwischen Eutopie und Dystopie changieren. Ein Sonderfall ist "Robinson Crusoe" (1719) von Daniel Defoe. Der Dystopie können "Schöne neue Welt" (1932) von Aldous Huxley, "1984" (1949) von George Orwell sowie "Snow Crash" (1992) von Neal Stephenson – angesiedelt im Los Angeles der Zukunft sowie im Metaverse – zugerechnet werden. Meilensteine des dystopischen Films sind "Metropolis" (1927), "Mad Max" (1979), "Blade Runner" (1982), "Terminator" (1984) und "Blade Runner 2049" (2017). Als utopisches Lied kann man John Lennons "Imagine" (1971) interpretieren, und es verwundert nicht, dass Zeilen wie "Nothing to kill or die for/And no religion, too" von Fundamentalisten attackiert und zensiert werden.
Kritik und Ausblick
Utopien befruchten den Diskurs und stellen sinnstiftende und wertvolle Gegenentwürfe zur Lebenswirklichkeit dar. Zugleich können sie in die Irre führen und – vor allem in der Form der Dystopie – Angst und Schrecken verbreiten. So verstärken Science-Fiction-Bücher und -Filme die Abneigung gegenüber Robotern, obwohl diese den Menschen unangenehme, anstrengende und gefährliche Tätigkeiten abnehmen. Hier braucht es nicht nur das eine oder andere neue Narrativ, sondern auch eine Praxis, in der man sich mit der Realität vertraut machen kann, etwa in Form von Roboterparks. Medienethik, Informationsethik, Roboterethik, Technikethik, Politikethik und Wirtschaftsethik beschäftigen sich neben anderen Bereichsethiken mit den Implikationen von Utopien.
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