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EWG

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Abk. für Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.

    I. Überblick:

    Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ist eine der drei Europäischen Gemeinschaften (EG; seit 23.7.2002: Zwei), auf denen die Europäische Union (EU) basiert („Erste Säule”).

    Seit der in Maastricht beschlossenen Reform der Gründungsverträge (in Kraft seit 1.11.1993) heißt die EWG „Europäische Gemeinschaft”. Die Abkürzung „EG” („Europäische Gemeinschaften”) wird zugleich für die drei bzw. zwei Gemeinschaften als Ganzes verwendet.

    Die EWG ist eine supranationale Körperschaft des Völkerrechts. Der Gründungsvertrag (EWG-Vertrag, EWGV) wurde am 25.3.1957 in Rom unterzeichnet (einer der sog. Römischen Verträge) und ist am 1.1.1958 zusammen mit dem EURATOM-Vertrag (EAGV) in Kraft getreten. Sowohl die Fusion der Organe (1967) der drei Gemeinschaften (EWG, EAG, EGKS) als auch die Einbettung des E(W)G-Vertrags in den Vertrag über die Europäische Union (EUV) bedeuten keine Verschmelzung der drei Gemeinschaften. Die Geltungsdauer des E(W)G-Vertrags ist zeitlich unbegrenzt.

    II. Gründung und Mitgliedsländer:

    Die sechs Mitgliedsländer der EGKS (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande) beschlossen auf der Konferenz von Messina (1./ 2.6.1955), eine gemeinsame Zollunion zu errichten, die sämtliche Sektoren ihrer jeweiligen Volkswirtschaften umfasst. Neben den wirtschaftspolitischen Absichten, die mit der Errichtung der EWG verbunden waren, bestanden stets auch allgemeinpolitische Ziele (z.B. Wohlstandsmehrung als Grundlage einer gedeihlichen innenpolitischen Entwicklung der Mitgliedsländer; Friedenssicherung).

    III. Novellierungen des EWGV:

    Nach der Verwirklichung der ersten Integrationsstufe (Vollendung der Zollunion zum 1.7.1968) sind die wirtschaftspolitischen Ziele im Zuge von bisher vier Vertragsreformen fortentwickelt und erweitert worden: a) Die erste grundlegende Neufassung des EWG-Vertrags erfolgte erst 1986/87 in Gestalt der sog. EEA (Einheitliche Europäische Akte); gleichzeitig wurden der EGKS-Vertrag und der EURATOM-Vertrag an den durch die EEA reformierten EWGV angepasst.

    b) Die zweite grundlegende Reform der Gründungsverträge durch den am 1.11.1993 in Kraft getretenen sog. Vertrag über die Europäische Union; Maastrichter Vertrag) betrifft ebenfalls ganz überwiegend den EWG-Vertrag, der gleichzeitig in EG-Vertrag umbenannt wurde. Bes. wurde hier die Ergänzung des Binnenmarkts um eine Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen.

    c) Die dritte, in Amsterdam im Juni 1997 beschlossene Novellierung des sog. gemeinschaftlichen Primärrechts ist am 1.5.1999 in Kraft getreten (sog. Amsterdamer Vertrag). Durch diese Neufassung ist die Integration bes. im Bereich nicht-ökonomischer Politikfelder vertieft worden.

    IV. Aufgaben:

    1. Ziele und Aufgabenzuweisungen gemäß Gründungsvertrag: Im Unterschied zur EGKS und der EAG war die EWG von Anfang an auf die Integration aller Wirtschaftssektoren der beteiligten Länder ausgerichtet. Dem lag die Absicht zugrunde, über eine verbesserte Ressourcenallokation zur besseren Erreichung der wirtschaftspolitischen Oberziele beizutragen und zugleich ganz allgemein „engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in der Gemeinschaft zusammengeschlossen sind” (Art. 2 EWGV von 1957). Integrationspolitisches Ziel des EWGV von 1957 war die Erreichung einer Zollunion bis zum 1.1.1970 (bereits zum 1.7.1968 verwirklicht). Als eine Konsequenz der Option für das Konzept der Zollunion besitzt die EWG seit dem 1.1.1973 die alleinige handelspolitische Kompetenz gegenüber Drittstaaten (gemeinsame Handelspolitik, Art. 131 ff. EGV). Für den Agrarsektor gelten unter Beachtung der spezifischen Bestimmungen der Art. 32–38 EGV ebenfalls die allgemeinen Vorschriften über den Gemeinsamen Markt, analog für die Verkehrspolitik (Art. 70–80 EGV). Außerdem beinhaltet der E(W)GV seit Anfang an umfangreiche gemeinsame Wettbewerbsregeln und das Postulat, die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften aneinander anzugleichen, soweit dies „für das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Marktes erforderlich ist”. Im Übrigen enthielt der Gründungsvertrag gewisse Ansätze für eine gemeinsame Sozialpolitik.

    2. Ausweitung der Gemeinschaftskompetenzen: a) Durch die EEA wurde die bestehende Zollunion im Wege der Harmonisierung einer großen Zahl nicht tarifärer Handelshemmnisse bis Ende 1992 zum Einheitlichen Binnenmarkt (Raum ohne Binnengrenzen) weiterentwickelt; außerdem wurde der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) durch die EEA im EWGV verankert und die Arbeitsweise der Strukturfonds reformiert. Im Zusammenhang mit der EEA sind ferner die Umwelt-, Forschungs- und Technologiepolitik sowie das Ziel des wirtschafts- und sozialpolitischen Zusammenhalts (Kohäsion) in den EWGV einbezogen worden.

    b) Der am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag über die Europäische Union (Maastricher Vertrag) hat die (zugleich fortentwickelten) Bestimmungen des EWGV unter der Neubezeichnung EG-Vertrag übernommen. Im Zuge dieser zweiten grundlegenden Novellierung des (ehemaligen) EWGV wurden bestehende Gemeinschaftskompetenzen ausgeweitet und auch mehrere neue Zuständigkeiten der Gemeinschaft geschaffen. Die seit Anbeginn bestehenden allgemeinen Zielsetzungen des EWGV sind nunmehr in Form eines umfangreichen Katalogs expliziter Einzelziele in Art. 3 EGV präzisiert.

    c) Die 1999 in Kraft getretene Reform des EU-Vertrages (Amsterdamer Vertrag) hat im Hinblick auf den EGV v.a. eine beträchtliche Straffung der Entscheidungsverfahren gebracht.

    V. Organe:

    Die Durchführung der im EWGV festgelegten gemeinschaftlichen Aufgaben obliegt im Wesentlichen fünf Organen sowie einer Reihe von Hilfsorganen. Zwei der fünf EG-Organe, das Europäische Parlament (bis 1979: Gemeinsame Versammlung) sowie der EuGH (Europäischer Gerichtshof), fungieren bereits seit der Errichtung der EWG am 1.1.1958 als gemeinsame Organe aller drei Europäischen Gemeinschaften. Bis zum 1.7.1967 besaß die EWG ein eigenes Exekutiv- und Überwachungsorgan (die sog. EWG-Kommission) sowie den sog. EWG-Ministerrat (als zentrales Entscheidungs- und Rechtssetzungsorgan). Seitdem sind diese beiden EWG-Organe in der EG-Kommission (Europäische Kommission) bzw. im EG-Ministerrat (Rat der Europäischen Union) aufgegangen. Zur Unterstützung der laufenden Tätigkeit der Organe sah der EWGV von Anfang an noch gewisse Hilfsinstitutionen vor (z.B. den Wirtschafts- und Sozialausschuss oder den EWG-Währungsausschuss). Der EuRH und die EIB haben ebenfalls ihre Rechtsgrundlage im EWGV. Seit dem 1.1.1999 ist für den Bereich der Geldpolitik die Europäische Zentralbank (EZB) das allein zuständige (d.h. unabhängige) Gemeinschaftsorgan (Art. 105 EGV). Der EuRH besitzt ebenfalls den Status eines EU-Organs (Art. 7 EUV).

    VI. Außenbeziehungen auf der Basis des EWGV:

    Wesentliche Grundlage der wirtschaftlichen Außenbeziehungen der EG bzw. EU ist die seit dem 1.1.1973 bestehende ausschließliche Zuständigkeit der E(W)G für die handelspolitischen Beziehungen zu Drittstaaten und zu internationalen Organisationen. Eine weitere Grundlage bilden die Bestimmungen über die Assoziierung (Assoziierungsabkommen) fremder Staaten (Art. 182 ff. und Art. 310 EGV). Als Folge der exklusiven handelspolitischen Kompetenz der Gemeinschaft gegenüber der restlichen Welt (u.a. gemeinsamer Zolltarif) sind seit der Gründung der EWG zahlreiche multi- und bilaterale Abkommen mit Drittländern über verschiedene Formen wirtschaftlicher und finanzieller Zusammenarbeit abgeschlossen worden. Dazu kommen die von der E(W)G im Rahmen internationaler Organisationen mit Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen (z.B. im Rahmen der verschiedenen Handelsliberalisierungsrunden des GATT bzw. der WTO). Schon frühzeitig wurden bes. Beziehungen zu 18 frankophonen afrikanischen Staaten (AASM) in Gestalt des EEF sowie der beiden sog. Jaunde-Abkommen (1964–1969 bzw. 1970–1974) aufgenommen. Während des Zeitraums 1975–2000 stellten die Lomé-Abkommen und nunmehr das Cotonou-Abkommen ein zentrales Element der E(W)G-Außenbeziehungen dar; diese werden in modifizierter Form durch das Cotonou-Abkommen (2000–2020) fortgesetzt. Weitere Hauptkomponenten der wirtschaftlichen Außenbeziehungen sind: sog. Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen mit zwölf Mittelmeerstaaten (mit dem Fernziel der Errichtung einer Euro-mediterranen Freihandelszone); Allgemeines Präferenzsystem (APS); das am 1.1.1994 in Kraft getretene Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR); sog. Europa-Abkommen, welche in der ersten Hälfte der 90er Jahre mit zehn mittelosteuropäischen Reformstaaten abgeschlossen wurden. Schließlich werden auf der Basis der Bestimmungen des EGV mit mehreren Drittstaaten (bes. in Südost-Asien und in Lateinamerika) sog. nicht-präferenzielle Handelsabkommen unterhalten.

    Weitere Informationen unter www.europa.eu.int .

     

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