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internationale Unternehmensverfassung

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Werden Unternehmen als Sozialverband oder Koalition von Interessengruppen betrachtet, bedarf es eines organisatorisch-institutionellen Rahmens für Führungsentscheidungen. Die Notwendigkeit für eine derartige innere Ordnung besteht darin, die Zulassung und das Einflusspotenzial von Interessengruppen auf Unternehmensentscheidungen zu begrenzen, daraus sich ggf. ergebende Konflikte zu kanalisieren und die Verantwortung des Managements gegenüber den Stakeholdern (Prinzipal-Agent-Beziehung) festzulegen. Die spezifische „Verfasstheit” eines Unternehmens ergibt sich insofern aus der Gesamtheit aller rechtlich verbindlichen konstitutiven und prozeduralen Regelungen, die nicht auf Leistungserstellungsprozesse, sondern auf die Beteiligung und das Zusammenwirken der Interessengruppen (politische Dimension) im Unternehmen gerichtet sind.

    2. Grundlagen hierfür finden sich überwiegend im Gesellschaftsrecht, in satzungsmäßigen Festlegungen, ggf. in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, in Verhaltenskodizes (z.B. im Deutschen Corporate Governance-Kodex) oder im Gewohnheitsrecht. Unternehmensverfassungen sind insoweit unmittelbar in der Tradition nationaler Rechtssysteme verankert, die ihrerseits eine im Ländervergleich durchaus unterschiedliche, teils konkurrierende Palette von konkreten Unternehmensverfassungskonzepten mit variierenden Corporate-Governance-Modellen bereithalten.

    3. Die spezifische Ausgestaltung einer Unternehmensverfassung ist vordergründig ein Paragraphenwerk; im Kern handelt es sich um kulturgebundene Grundannahmen über die in einer Wirtschaftsordnung angemessene Rolle von Unternehmen, die Funktion und Legitimation von Managerherrschaft etc., die zu Rechtsstrukturen geronnen sind. Im Grundsatz ist deshalb festzustellen, dass es eine internationale Unternehmensverfassung im Sinn von weitgehend vereinheitlichten Konzepten für die Verfassung international agierender Unternehmen (noch) nicht gibt.

    4. Wenn dennoch eine wachsende Diskussion zu diesem Begriff erkennbar ist, so stellt diese auf zwei Fragestellungen ab:
    (1) Koordinationserfordernisse innerhalb eines internationalen Unternehmens, deren Gesellschaften aufgrund geografischer Streuung in unterschiedlichen Rechtssystemen und damit mehreren Corporate-Governance-Räumen angesiedelt sind. Dies betrifft z.B. ländergrenzenüberschreitende Abstimmungen zwischen Angehörigen von einstufigen (Board- bzw. Verwaltungsratkonzept) und zweistufigen (Vorstand und Aufsichtsrat) Organstrukturen, die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen in mitbestimmten Unternehmen auf Betriebs- und Unternehmensebene (Deutschland) vs. mitbestimmungsfreien Unternehmen (USA), Kapitalbeschaffungsentscheidungen und daraus resultierende Gesellschafterrechte etc.


    (2) Die Herausbildung von transnationalen Unternehmensverfassungskonzepten wie die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) oder die Europa-AG (Societas Europaea). Über das nationale Recht hinaus wird damit für gesellschaftsrechtlich relevante Aktivitäten von Unternehmen in einer Region (z.B. EU) eine vereinheitlichte oder harmonisierte Verfassungsgrundlage angeboten, die sich nationalstaatlichem Regelungswerk zumindest teilweise entzieht.

    Vgl. auch Unternehmensverfassung.

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