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Rat der Europäischen Union

Definition: Was ist "Rat der Europäischen Union"?

Gesetzgebendes Organ der EU mit Sitz in Brüssel, das in den meisten Fällen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament EU-Rechtsakte beschließt. Nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat und dem Europarat (einer eigenständigen supranationalen Organisation).

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Gesetzgebendes Organ der EU mit Sitz in Brüssel, das in den meisten Fällen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament EU-Rechtsakte beschließt. Nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat und dem Europarat (einer eigenständigen supranationalen Organisation).

    2. Merkmale: Der Rat der EU tritt in verschiedenen Fachformationen zusammen (Allgemeine Angelegenheiten, Wirtschaft- und Finanzen (ECOFIN), Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt, Justiz und Inneres etc.). Er setzt sich aus einem Vertreter auf Ministerebene pro Mitgliedsstaat zusammen. Bundesstaatlich organisierte Staaten können sich auch durch regionale Regierungsmitglieder vertreten lassen.

    3. Aufgaben/Arbeitsweise: Im Rat der EU bringen die Mitgliedsstaaten ihr nationales Interesse mit europäischem Interesse in Einklang und beschließen Rechtsakte (EU-Gesetzgebung). Internationale Abkommen und Verträge mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen werden ebenfalls vom Rat der EU geschlossen. Ebenfalls in den Außenbeziehungen kann der Rat der EU Wirtschaftssanktionen (z.B. ein Embargo) beschließen und über die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten entscheiden. Der Rat der EU kann die Zahl der Mitglieder der Europäischen Kommission ändern und damit primäres Gemeinschaftsrecht ändern. Er kann außerdem Durchführungsvorschriften und Empfehlungen erlassen. Er sorgt für die Abstimmung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedsstaaten. In Bereichen, in denen die EU die Politik der Mitgliedsstaaten ergänzt (z.B. Sozialpolitik, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend) kommt die Europäische Methode der Offenen Koordinierung zur Anwendung. Der Rat der EU kontrolliert die Kommission mittels der Komitologie. Der Rat der EU ist gemeinsam mit dem Europäischen Parlament Haushaltsbehörde der EU. Eine mehrstufige Vorbereitung der Beschlüsse erfolgt im Rahmen der über 200 Ratsarbeitsgruppen (Experten aus den nationalen Verwaltungen) und danach im Ausschuss der Ständigen Vertreter (Ständige Vertreter/Botschafter der Mitgliedsstaaten bei der EU). Das Ratssekretariat wird vom Generalsekretär geleitet, der gleichzeitig Hoher Vertreter für die GASP ist. Jeweils ein Mitgliedsstaat hat für ein halbes Jahr die Ratspräsidentschaft inne (den Vorsitz des Rates) und bestimmt auf allen Ebenen das Arbeitsprogramm, bereitet die Beschlüsse vor und vertritt die EU nach außen.

    4. Abstimmungsverfahren: Beschlüsse werden einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit gefasst. Für Verfahrensfragen reicht die einfache Mehrheit. Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit finden heute in einem Grossteil aller Politikbereiche statt und ermöglichen effizientes, supranationales Handeln. Einstimmigkeit herrscht z.B. noch im Bereich Steuern, Sozialschutz für Wanderarbeitnehmer, Anerkennung von Diplomen und Anreizmassnahmen im Kulturbereich). Einstimmigkeit bedeutet, dass hier jedes Land eine Veto-Möglichkeit hat. Enthaltungen stehen der Annahme eines Beschlusses mit Einstimmigkeit jedoch nicht im Wege. Bei qualifizierten Mehrheitsentscheidungen sind die Stimmen der Mitgliedsstaaten unterschiedlich gewichtet. Ein Ratsmitglied kann sein Stimmrecht auf ein anderes übertragen.

    5. Zusammensetzung: Der Rat der EU besteht seit dem EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens im Jahre 2007 aus 27 Mitgliedern mit insgesamt 345 Stimmen. Zuvor betrug die Gesamtzahl der gewogenen Stimmen in der EU-25 321 Stimmen). Die vier großen Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien verfügen über jeweils 29 Stimmen, gefolgt von Polen und Spanien mit jeweils 27 Stimmen. Eine qualifizierte Mehrheit kommt zu Stande, wenn mindestens 255 von 345 Stimmen (73,91 Prozent). Zusätzlich muss die Mehrheit der Mitgliedsstaaten (d.h. mindestens 14) zugestimmt haben. Ein Mitgliedsstaat kann auf Antrag überprüfen lassen, ob die qualifizierte Mehrheit mindestens 62 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU umfasst. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt der Beschluss nicht zu Stande.

    Die Tabelle zeigt das Stimmenverhältnis der Mitgliedsstaaten im Rat der EU im Jahr 2000 (EU-15), 2005 (EU-25) und 2007 (EU-27).


     


     

     

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