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Beschwerdemanagement
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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Inhaltsverzeichnis
- Begriff
- Ziele des Beschwerdemanagements
- Aufgaben des Beschwerdemanagements
- Rahmenfaktoren des Beschwerdemanagements
- Die Beschwerdemanagement-Norm DIN ISO 10002:2010-05
- Realisierungsgrad des Beschwerdemanagements
Begriff
Beschwerdemanagement umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein Unternehmen im Zusammenhang mit Kundenbeschwerden ergreift.
Ziele des Beschwerdemanagements
Das generelle Ziel des Beschwerdemanagements liegt darin, Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens dadurch zu erhöhen, dass Kundenabwanderungen unzufriedener Kunden vermieden und die in Beschwerden enthaltenen Hinweise auf betriebliche Schwächen und Marktchancen genutzt werden.
Auf einer spezielleren Ebene lassen sich kundenbeziehungsrelevante und qualitätsrelevante Teilziele unterscheiden. Zu den wichtigsten kundenbeziehungsrelevanten Teilzielen gehören die Stabilisierung gefährdeter Kundenbeziehungen, die Förderung eines kundenorientierten Unternehmensimages und die Schaffung zusätzlicher werblicher Effekte mittels positiver Beeinflussung der Mundkommunikation. Wesentliche qualitätsrelevante Teilziele liegen in der Nutzung von Beschwerdeinformationen zur Verbesserung der Produktqualität und der Vermeidung von Fehlerkosten externer Art (z.B. Garantie- und Haftungskosten) sowie interner Art (z.B. Kosten für Nachbesserungen). Die Gewichtung der Teilziele ist unternehmensindividuell im Rahmen einer strategischen Planung für den Funktionsbereich Beschwerdemanagement vorzunehmen.
Aufgaben des Beschwerdemanagements
Das Beschwerdemanagement umfasst acht Aufgabenbereiche. Vier davon beeinflussen direkt das Beschwerdeerleben des Kunden. Sie gehören zum direkten Beschwerdemanagementprozess, der für das Kundenbeziehungsmanagement besonders bedeutsam ist: Beschwerdestimulierung, Beschwerdeannahme, Beschwerdebearbeitung und Beschwerdereaktion. Vier weitere Aufgaben machen den indirekten Beschwerdemanagementprozess aus, der ohne Kundenkontakt abgewickelt wird und v.a. für das Qualitätsmanagement entscheidende Relevanz besitzt: Beschwerdeauswertung, Beschwerdemanagement-Controlling, Beschwerdereporting und Beschwerdeinformationsnutzung.
Aufgaben des direkten Beschwerdemanagementprozesses
Da sich häufig nur ein Bruchteil enttäuschter Kunden beschwert, gilt es, im Rahmen der Beschwerdestimulierung unzufriedene Kunden dazu zu bewegen, ihre Probleme gegenüber dem Unternehmen zu artikulieren. Hierfür sind leicht nutzbare Beschwerdekanäle einzurichten und über verschiedene Medien bekannt zu machen. Die Phase der Beschwerdeannahme betrifft primär die Organisation und Handhabung des Beschwerdeeingangs. Mit ihrer unmittelbaren Reaktion auf eine Beschwerde im Erstkontakt bestimmen Unternehmen maßgeblich, ob die Unzufriedenheit des Kunden abgebaut wird. Daher kommt es darauf an, dass Mitarbeiter über Beschwerdewege und Bearbeitungsstandards informiert sind, über sozialpsychologische Kenntnisse zur Beruhigung der Situation verfügen und den unternehmerischen Willen zur angemessenen Problemlösung verdeutlichen. Darüber hinaus ist dafür Sorge zu tragen, dass bei der Annahme das vom Kunden vorgebrachte Problem vollständig, schnell und strukturiert erfasst wird. Zentrale Inhalte der Beschwerdebearbeitung sind die Gestaltung der internen Bearbeitungsprozesse, die Festlegung von Verantwortlichkeiten, die Definition von Bearbeitungsterminen sowie die Installation von Mechanismen zur Überwachung der Termineinhaltung (interne Mahn- und Eskalationssysteme). Im Bereich der Beschwerdereaktion gilt es, grundsätzliche Leitlinien und Verhaltensregeln für die Beschwerdebeantwortung zu entwickeln und zu entscheiden, welche Lösung dem Kunden im Hinblick auf seine Beschwerde angeboten werden soll. Prinzipiell kommen finanzielle (wie Preisnachlass oder Schadensersatz), materielle (wie Umtausch oder Reparatur) und immaterielle Kompensationsangebote (wie Entschuldigung oder Information) in Betracht. Hier ist einzelfallspezifisch festzulegen, welche Reaktion angemessen ist und vom Kunden als fair empfunden wird.
Aufgaben des indirekten Beschwerdemanagementprozesses
Beschwerden enthalten Hinweise auf Produkt- und Planungsmängel sowie Marktrisiken und -chancen. Daher ist es Aufgabe der Beschwerdeauswertung, die in Beschwerden enthaltenen Informationen zu analysieren und die Ergebnisse systematisch für unternehmerische Entscheidungen bereitzustellen. Im Mittelpunkt einer quantitativen Beschwerdeauswertung stehen die Überwachung des Umfangs und der Verteilung des Beschwerdeaufkommens sowie die Priorisierung der von den Kunden wahrgenommenen Probleme. Dies ist durch eine qualitative Beschwerdeauswertung zu ergänzen, die der systematischen Ursachenanalyse und der Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen dient. Der Tätigkeitsbereich des Beschwerdemanagement-Controllings umfasst drei Komponenten. Das Evidenz-Controlling dient der Ermittlung, inwieweit das Beschwerdemanagement das Ausmaß der Kundenunzufriedenheit korrekt aufdeckt. Das Aufgaben-Controlling überwacht die Einhaltung von Qualitäts- und Produktivitätsstandards für die Aufgabenerfüllung. Das Kosten-Nutzen-Controlling hat die Funktion, die Kosten- und Nutzeneffekte eines Beschwerdemanagementsystems abzuschätzen und die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität zu berechnen. Die im Rahmen von Beschwerdeauswertung und Beschwerdemanagement-Controlling gewonnenen Informationen sind im Rahmen des Beschwerdereportings den Entscheidungsträgern zugänglich zu machen. Dazu bedarf es der Festlegung, für welche Zielgruppen (Geschäftsleitung, Qualitätssicherung, Marketingabteilung usw.), welche Auswertungen (quantitativ und qualitativ) in welchen Zeitintervallen (täglich, wöchentlich, monatlich) aufbereitet und weitergeleitet werden müssen. Durch eine systematische Beschwerdeinformationsnutzung ist letztlich sicherzustellen, dass die erfassten Beschwerdeinformationen auch tatsächlich für Verbesserungsmaßnahmen genutzt werden, etwa indem sie systematisch in die Arbeit von Qualitätsverbesserungsteams und Qualitätszirkeln integriert werden.
Rahmenfaktoren des Beschwerdemanagements
Für eine bestmögliche Aufgabenerfüllung bedarf es einer konsistenten Gestaltung der wesentlichen personalpolitischen, informationstechnologischen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Für die Beschwerdezufriedenheit des Kunden ist oft das Verhalten der Mitarbeiter bei der Beschwerdeannahme, -bearbeitung und -reaktion entscheidend. Daher bedarf es spezifischer personalpolitischer Maßnahmen (u.a. Trainings, Anreizsysteme, Übertragung von Handlungskompetenzen), um ein entsprechendes Verhalten der Kundenkontaktmitarbeiter sicherzustellen. In informationstechnologischer Hinsicht gilt es, geeignete Soft- und Hardware bereitzustellen und über die Einbeziehung von Intranet und Internet in die Aufgabenerfüllung zu entscheiden. Bezüglich des organisatorischen Rahmens ist zum einen das Ausmaß von Zentralisierung bzw. Dezentralisierung der Aufgabenerfüllung festzulegen. Zum anderen müssen die Fragen beantwortet werden, wie der Beschwerdemanagementprozess mit anderen unternehmerischen Prozessen verknüpft ist, welche Einflussrechte der Bereich haben soll und welche Art der institutionellen und hierarchischen Verankerung (Stabstelle oder Linienfunktion) sinnvoll erscheint. Abbildung 1 zeigt das Gesamtkonzept des Beschwerdemanagements im Überblick.
Die Beschwerdemanagement-Norm DIN ISO 10002:2010-05
Seit dem Jahre 2005 existiert eine internationale Norm zum Thema Beschwerdemanagement, die in Deutschland als DIN ISO 10002:2010-05 unter der Bezeichnung „Qualitätsmanagement - Kundenzufriedenheit - Leitfaden für die Behandlung von Reklamationen in Organisationen“ veröffentlicht wurde (DIN 2010). Es handelt sich dabei zwar um eine eigenständige Norm, sie ist aber im engen Zusammenhang mit der ISO 9001:2000 zu sehen. Sie enthält wesentliche begriffliche Festlegungen und die Beschreibung von Prinzipien, zentralen Aufgaben und konkreten Hilfsmitteln des Beschwerdemanagements. Insofern bietet die Norm einen Einstieg in die Thematik und einen ersten Überblick über die – auch internationalen – Standardanforderungen an ein Beschwerdemanagement.
Realisierungsgrad des Beschwerdemanagements
Empirische Studien zum Stand der Umsetzung des Beschwerdemanagements in Deutschland zeigen, dass dem Beschwerdemanagement inzwischen eine beachtliche strategische Bedeutung im Kundenbeziehungs- und Qualitätsmanagement zukommt. Sie machen aber auch deutlich, dass die Professionalität der Umsetzung aufgabenspezifisch unterschiedlich ausfällt. Großes Optimierungspotenzial zeigt sich insbesondere in Bezug auf die Beschwerdestimulierung, das Beschwerdemanagement-Controlling, den Einsatz von Informationstechnologie sowie die personalpolitische Unterstützung (Stauss/Schöler 2003; DGQ 2013). Aus Zufriedenheitsstudien ist zudem ersichtlich, dass die Ziele des Beschwerdemanagements noch keineswegs umfassend erreicht werden. So belegen die Ergebnisse der jährlich durchgeführten nationalen Kundenzufriedenheitsbefragung in Deutschland ("Kundenmonitor"), dass es vielen Unternehmen misslingt, Kundenzufriedenheit wiederherzustellen und auf diese Weise die Beziehung zu den Beschwerdeführern zu stabilisieren. In einigen Branchen (wie Mobilfunkanbieter und Fluggesellschaften) ist mehr als die Hälfte der Kunden über die Reaktion der Unternehmen auf ihre Beschwerde enttäuscht (Servicebarometer 2016).
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon