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Dynamische Komplexität

Definition: Was ist "Dynamische Komplexität"?

Dynamische Komplexität ist eine Eigenschaft eines Systems. Sie tritt in Situationen auf, in denen Ursache und Wirkung subtil und die Effekte von Interventionen im Zeitverlauf nicht offensichtlich sind.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Dynamische Komplexität erfasst die Eigenschaften eines Systems, die nicht direkten und einfachen (also linearen) Ursache-Wirkungs-Beziehungen folgen. Sie resultiert aus den Interrelationen und Interaktionen von Systemelementen über einen bestimmten Zeitraum. Genauer betrachtet wird dynamische Komplexität durch Verzögerungen, Rückkopplungen, Akkumulationen und Nichtlinearitäten verursacht.

    Dynamisch-komplexe Situationen sind für eine Entscheidungsperson im Wesentlichen intransparent. Sie hat keine Möglichkeit, die Zusammenhänge zirkulärer Kausalität intuitiv zu erfassen sowie keine Möglichkeit, diese exakt zu modellieren und zu prognostizieren. Die Entscheidungsperson muss mit Überraschungen, Nebenwirkungen und unbeabsichtigten Effekten von Entscheidungen in unterschiedlichen Teilen des Systems rechnen.

    2. Kriterien dynamischer Komplexität: Ein System ist dynamisch-komplex, wenn folgende, jedoch nicht zwingend alle, Kriterien erfüllt sind:
    (1) Dynamik: Das System entwickelt sich oder verändert sich über die Zeit. Was unveränderlich zu sein scheint, variiert über einen längeren Zeithorizont.
    (2) Enge Verbundenheit der Systemelemente: Die Systemelemente oder Agenten im System interagieren stark miteinander.
    (3) Rückkopplung: Systeme sind durch Rückkopplungen geregelt. Durch diese Kopplung zwischen Systemelementen können Handlungen und Ereignisse auf sich selbst zurückwirken.
    (4) Nichtlinearität: Nichtlinearität ist vorhanden, wenn zumindest ein Element in dem System in einer nichtlinearen Art und Weise mit einem anderen interagiert; graphisch drückt sich Nichtlinearität durch eine gekrümmte, anstelle einer geraden Linie aus. Insbesondere bedeutet „nichtlinear“, dass ein Effekt selten proportional zu seiner Ursache ist.
    (5) Vergangenheitsabhängig: Vergangenheitsabhängig bedeutet, dass die Entscheidungen, welche ein Agent treffen muss, von den bereits in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen abhängen. Struktur in jedem System ist das Produkt der vergangenen Aktionen (Wechselwirkungen) mit einem kausalen Potenzial in Bezug auf die Möglichkeit einer zukünftigen Aktion. Der Begriff der Pfadabhängigkeit drückt diesen Gedanken auf eine einfache Art und Weise aus.
    (6) Selbstorganisierend: Die Dynamik des Systems entsteht selbstorganisierend und spontan aus seiner inneren Struktur.
    (7) Adaptiv: Adaptiv bedeutet, dass ein System sich selbst als Ergebnis der Erfahrung verändert. Somit ändern sich die Fähigkeiten und Entscheidungsregeln der Agenten in einem komplexen System im Zeitverlauf.
    (8) Kontraintuitiv: Ursachen und deren Auswirkungen können von den Entscheidungspersonen nicht durch Intuition erfasst werden. Die Wirkungszusammenhänge werden oft nicht gut verstanden, u.a. weil oft vernachlässigt wird, dass Ursachen unterschiedliche Auswirkungen haben können.
    (9) Interventionsresistent: Die Komplexität des Systems, in das ein Agent eingebettet ist, überwältigt seine Fähigkeit, es zu verstehen. Folglich scheitern die implementierten Problemlösungen in einem komplexen System oft oder verschlimmern sogar noch die Situation, d.h. wenn Interventionen nicht offensichtliche oder auch unbeabsichtigte Folgen produzieren.
    (10) Zeitliche Abwägungsentscheidungen (Trade-offs): Zeitverzögerungen haben zur Folge, dass in einem System die langfristigen Auswirkungen auf eine Intervention oft anders sind als die kurzfristigen Auswirkungen.

    3. Beispiele für Situationen mit dynamischer Komplexität: Dynamische Komplexität ist z.B. dann gegenwärtig, wenn kapitalintensive Investitionen in Produktions- oder Dienstleistungskapazitäten zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit notwendig sind.

    Der Aktienmarkt hat viele Elemente von dynamischer Komplexität mit vielen individuellen Akteuren, die sich gegenseitig beeinflussen und dadurch spezifische Verhalten, wie z.B. Spekulationsblasen erzeugen.

    Dynamische Komplexität besteht auch bei starken Trends, wie z.B. im Internet der Dinge.

    In der Unternehmensentwicklung sind z.B. Themen, wie organisatorischer Wandel/Change Management, dynamisch komplex.

    Wenn Firmen wachsen, sie aber ihre Infrastruktur nicht im gleichen Tempo erweitern können, kann dies z.B. zu Lieferengpässen und somit zur Qualitätsverschlechterung der Produkte oder Dienstleistungen führen. Dies ist oft ein durch dynamische Komplexität verursachtes Problem.

    Bei Ressourcen, die von verschiedenen Akteuren genutzt werden, bspw. bei freien Gütern, ergeben sich destruktive Verhalten, welche durch dynamische Komplexität bedingt sind (siehe auch Allmenderessource).

    4. Systematisierung und Abgrenzung: In der sozialwissenschaftlichen Literatur werden einfache, komplizierte, relativ komplexe und äußerst komplexe Systeme unterschieden. Diese vier Systemtypen lassen sich in einer Vier-Felder-Matrix darstellen (siehe Abbildung), welche durch die Systemmerkmale „Vielzahl bzw. Vielfalt“ (y-Achse) und die „Veränderung bzw. Eigendynamik“ (z-Achse) aufgespannt wird.

    Ein einfaches System zeichnet sich durch eine geringe Anzahl Komponenten aus, welche selbst keiner Veränderlichkeit unterliegen. Ein kompliziertes System erfasst die kombinatorischen Möglichkeiten, die sich aufgrund der großen Anzahl der Komponenten im System sowie deren Verbindungsmöglichkeiten ergeben. Diese Komplexität wird auch als Kompliziertheit, Detailkomplexität oder kombinatorische Komplexität bezeichnet. Im Alltag sind Entscheidungen dann (detail-)komplex, wenn eine Vielzahl an Elementen für die Entscheidung berücksichtigt werden müssen.

    Explizit ist nur im Zusammenhang mit einem relativ komplexen System und einem äußerst komplexen System von Komplexität bzw. aufgrund der hohen Variation der Elementbeziehungen von dynamischer Komplexität zu sprechen. Mit anderen Worten, dynamische Komplexität ist ein Produkt aus Kompliziertheit und Dynamik. Es ist die Fähigkeit eines Systems, in einer gegebenen Zeitspanne eine große Zahl von verschiedenen Zuständen annehmen zu können.

    Die Tabelle detailliert die Abgrenzung von einfachen, komplizierten und komplexen Systemen anhand der Systemeigenschaften: Anzahl der Elemente, Ähnlichkeit der Elemente, Veränderung der Elemente über die Zeit, Anzahl der Beziehungen und Vernetzungsgrad der Beziehungen.

    Dynamische Komplexität erfasst die Eigenschaften eines Systems, die nicht direkten und einfachen (also linearen) Ursache-Wirkungs-Beziehungen folgen. Sie resultiert aus den Interrelationen und Interaktionen von Systemelementen über einen bestimmten Zeitraum. Genauer betrachtet wird dynamische Komplexität durch Verzögerungen, Rückkopplungen, Akkumulationen und Nichtlinearitäten verursacht.

    Dynamisch-komplexe Situationen sind für eine Entscheidungsperson im Wesentlichen intransparent. Sie hat keine Möglichkeit, die Zusammenhänge zirkulärer Kausalität intuitiv zu erfassen sowie keine Möglichkeit, diese exakt zu modellieren und zu prognostizieren. Die Entscheidungsperson muss mit Überraschungen, Nebenwirkungen und unbeabsichtigten Effekten von Entscheidungen in unterschiedlichen Teilen des Systems rechnen.

    5. Kriterien dynamischer Komplexität: Ein System ist dynamisch-komplex, wenn folgende, jedoch nicht zwingend alle, Kriterien erfüllt sind:
    (1) Dynamik: Das System entwickelt sich oder verändert sich über die Zeit. Was unveränderlich zu sein scheint, variiert über einen längeren Zeithorizont.
    (2) Enge Verbundenheit der Systemelemente: Die Systemelemente oder Agenten im System interagieren stark miteinander.
    (3) Rückkopplung: Systeme sind durch Rückkopplungen geregelt. Durch diese Kopplung zwischen Systemelementen können Handlungen und Ereignisse auf sich selbst zurückwirken.
    (4)       Nichtlinearität: Nichtlinearität ist vorhanden, wenn zumindest ein Element in dem System in einer nichtlinearen Art und Weise mit einem anderen interagiert; graphisch drückt sich Nichtlinearität durch eine gekrümmte, anstelle einer geraden Linie aus. Insbesondere bedeutet „nichtlinear“, dass ein Effekt selten proportional zu seiner Ursache ist.
    (5) Vergangenheitsabhängig: Vergangenheitsabhängig bedeutet, dass die Entscheidungen, welche ein Agent treffen muss, von den bereits in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen abhängen. Struktur in jedem System ist das Produkt der vergangenen Aktionen (Wechselwirkungen) mit einem kausalen Potenzial in Bezug auf die Möglichkeit einer zukünftigen Aktion. Der Begriff der Pfadabhängigkeit drückt diesen Gedanken auf eine einfache Art und Weise aus; (6) Selbstorganisierend: Die Dynamik des Systems entsteht selbstorganisierend und spontan aus seiner inneren Struktur.
    (7) Adaptiv: Adaptiv bedeutet, dass ein System sich selbst als Ergebnis der Erfahrung verändert. Somit ändern sich die Fähigkeiten und Entscheidungsregeln der Agenten in einem komplexen System im Zeitverlauf.
    (8) Kontraintuitiv: Ursachen und deren Auswirkungen können von den Entscheidungspersonen nicht durch Intuition erfasst werden. Die Wirkungszusammenhänge werden oft nicht gut verstanden, u.a. weil oft vernachlässigt wird, dass Ursachen unterschiedliche Auswirkungen haben können.
    (9) Interventionsresistent: Die Komplexität des Systems, in das ein Agent eingebettet ist, überwältigt seine Fähigkeit, es zu verstehen. Folglich scheitern die implementierten Problemlösungen in einem komplexen System oft oder verschlimmern sogar noch die Situation, d. h. wenn Interventionen nicht offensichtliche oder auch unbeabsichtigte Folgen produzieren.
    (10) Zeitliche Abwägungsentscheidungen (Trade-offs): Zeitverzögerungen haben zur Folge, dass in einem System die langfristigen Auswirkungen auf eine Intervention oft anders sind als die kurzfristigen Auswirkungen.

    6. Beispiele für Situationen mit dynamischer Komplexität: Dynamische Komplexität ist z.B. dann gegenwärtig, wenn kapitalintensive Investitionen in Produktions- oder Dienstleistungskapazitäten zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit notwendig sind.

    Der Aktienmarkt hat viele Elemente von dynamischer Komplexität mit vielen individuellen Akteuren, die sich gegenseitig beeinflussen und dadurch spezifische Verhalten, wie z. B. Spekulationsblasen erzeugen.

    Dynamische Komplexität besteht auch bei starken Trends, wie z. B. im Internet der Dinge.

    In der Unternehmensentwicklung sind z. B. Themen, wie organisatorischer Wandel/Change Management, dynamisch komplex.

    Wenn Firmen wachsen, sie aber ihre Infrastruktur nicht im gleichen Tempo erweitern können, kann dies z. B. zu Lieferengpässen und somit zur Qualitätsverschlechterung der Produkte oder Dienstleistungen führen. Dies ist oft ein durch dynamische Komplexität verursachtes Problem.

    Bei Ressourcen, die von verschiedenen Akteuren genutzt werden, bspw. bei freien Gütern, ergeben sich destruktive Verhalten, welche durch dynamische Komplexität bedingt sind (siehe auch Allmenderessource).

    7. Systematisierung und Abgrenzung: In der sozialwissenschaftlichen Literatur werden einfache, komplizierte, relativ komplexe und äußerst komplexe Systeme unterschieden. Diese vier Systemtypen lassen sich in einer Vier-Felder-Matrix darstellen (Abbildung), welche durch die Systemmerkmale „Vielzahl bzw. Vielfalt“ (y-Achse) und die „Veränderung bzw. Eigendynamik“ (z-Achse) aufgespannt wird.

    Ein einfaches System zeichnet sich durch eine geringe Anzahl Komponenten aus, welche selbst keiner Veränderlichkeit unterliegen. Ein kompliziertes System erfasst die kombinatorischen Möglichkeiten, die sich aufgrund der großen Anzahl der Komponenten im System sowie deren Verbindungsmöglichkeiten ergeben. Diese Komplexität wird auch als Kompliziertheit, Detailkomplexität oder kombinatorische Komplexität bezeichnet. Im Alltag sind Entscheidungen dann (detail-)komplex, wenn eine Vielzahl an Elementen für die Entscheidung berücksichtigt werden müssen.

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