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Käufer- und Konsumentenverhalten

Definition: Was ist "Käufer- und Konsumentenverhalten"?

Das Käuferverhalten umfasst das Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern. Hiervon abzugrenzen, enger gefasst, ist das Konsumentenverhalten, das das Verhalten von Menschen beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern umfasst.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Grundbegriffe
    2. Synopse der Erklärungsansätze
    3. Entwicklungsperspektiven

    Grundbegriffe


    Das Käuferverhalten umfasst das Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern. Hiervon abzugrenzen, enger gefasst, ist das Konsumentenverhalten, das das Verhalten von Menschen beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern umfasst. Träger von Kaufentscheidungen sind also Organisationen oder private Personen (Abb. 1). Obwohl meist das Konsumentenverhalten im Mittelpunkt der Käuferverhaltensforschung steht, kommt dem organisationalen Kaufverhalten gesamtwirtschaftlich eine höhere Bedeutung zu. Hervorzuheben ist, dass durch die grundlegenden Unterschiede von organisationalem und privatem Käuferverhalten unterschiedliche Erklärungsansätze zugrunde zu legen sind. Wenngleich idealtypisch die in Abbildung 1 dargestellten vier Perspektiven abzugrenzen sind, wird der Fokus nachfolgend auf das individuelle Kaufverhalten von Konsumenten gelegt.




    Obwohl eine kundenzentrierte Sicht zunehmend die Betriebswirtschaft prägt, bleibt die inhaltliche Erklärung des sich zunehmend dynamisch entwickelnden Käuferverhaltens weiterhin eine Domäne der Marketing- bzw. der Käuferverhaltensforschung. Dabei resultieren Herausforderungen u.a. aus Änderungen der sozio-ökonomischen, technischen, politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen, die mit dem Wandel des Käuferverhaltens korrespondieren. Während sich z.B. Konsumenten früher konsistent verhalten haben und in den neunziger Jahren ein hybrides Verhalten beobachtet wurde, sind heute Verhaltensweisen beobachtbar, in denen mehrere Handlungsprinzipien gleichzeitig verfolgt werden und daher ein divergierendes (multioptionales) Verhalten bis hin zum paradoxen Verhalten vorliegt (Sinha/Foscht 2007, Liebmann 1996). Die Beobachtungen werden begleitet von einem Wandel der Perspektiven wie von der auf einzelne Beeinflussungen/Transaktionen ausgerichteten Perspektive auf eine Betrachtung von Kundenbeziehungen. Dies spiegelt sich in der Entwicklung der Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens - im Sinne eines modernen Bezugsrahmens - wider (siehe im Einzelnen Foscht/Swoboda 2007).

    Synopse der Erklärungsansätze


    Die Wurzeln der Kaufverhaltensforschung liegen zunächst in ökonomischen Theorien begründet. So basiert die Mikroökonomie i.d.R. auf Axiomen mit Prämissen, wie vollkommene Information, unbegrenzte Problemlösungskapazität und Rationalität, auf deren Grundlage optimale Entscheidungen abgeleitet und Empfehlungen für richtiges - i.S. von optimales - Verhalten gegeben werden. Die Kritik an den Ansätzen richtet sich gegen die Prämissen wie die Annahme eines sich rational verhaltenden Homo oeconomicus. Sie bildet die Basis für Weiterentwicklungen, die sich vor allem von einzelnen Annahmen lösen. Z.B. geht die Informationsökonomie von unvollständigen Informationen und von unterschiedlich gelagerten Unsicherheitsproblemen der Kaufentscheidung aus. Sie nähern sich dem Käuferverhalten allerdings eher von einer ökonomischen bzw. kognitiv gefärbten Seite. Erst in jüngeren Untersuchungen erfolgt ihre Verbindung mit der verhaltenswissenschaftlichen Kognitions- und Gedächtnisforschung (Billen 2003). Sie sind in der Forschung zum Kaufverhalten von Organisationen - ganz ähnlich wie andere Ansätze der Neuen Institutionenökonomik - bedeutender.


    1. Verhaltenswissenschaftliche, deterministische Ansätze

    Die Wurzeln der verhaltenswissenschaftlichen Konsumentenverhaltensforschung liegen im Behaviorismus, der direkt beobachtbare Größen analysiert. Beobachtbar sind einerseits Stimuli/Reize, die auf ein Individuum einwirken (z. B. Verkaufsförderungsaktion) und andererseits die dadurch ausgelösten Reaktionen (z. B. Produktkauf). Das Individuum wird in diesen Stimulus-Response-(SR)-Modellen als Black-Box aufgefasst, so dass die Frage, welche Prozesse im Individuum zum beobachtbaren Verhalten führen auf dieser Basis nicht erklärt werden kann.
    Die Einbeziehung dieser nicht direkt beobachtbaren Größen charakterisiert den Neo-Behaviorismus, in dem die  Black-Box-Betrachtung aufgegeben wird. Die nicht-beobachtbaren, intervenierenden Variablen strukturieren Vorgänge innerhalb des Organismus, weshalb von SOR-Modellen gesprochen wird (Abb. 2).

    Abb. 2: Neo-Behavioristisches SOR-Modell des Konsumentenverhaltens.
    Quelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2008; Kuß/Tomczak 2007.


    Bereits in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind auf dieser Basis komplexe Totalmodelle entwickelt worden, in denen versucht wurde, viele (möglichst alle) Determinanten des Verhaltens gleichzeitig in einem Modell zu berücksichtigen (hierzu zählen die klassischen Arbeiten von Howard/Sheth 1969 und Blackwell/Miniard 2005). Nachteilig erwies sich deren Komplexität, Starrheit und nicht zuletzt Messung. Insofern wendete man sich Modellen geringerer Komplexität und Reichweite zu, die das Käuferverhalten aber in bestimmten Situationen (bei der Markenwahl, am Point-of-Sale usw.), zu erklären in der Lage sind. In diesem Zuge öffnete sich die Konsumentenverhaltensforschung zunehmend in Richtung von Disziplinen wie der vergleichenden Verhaltensforschung, der Tiefenpsychologie, der kognitiven Psychologie oder soziologischen Ansätzen.


    2. Determinanten als Erklärungsgrundlage

    Die Grundlage jeder verhaltenswissenschaftlicher Erklärung des Konsumentenverhaltens bilden die psychischen Determinanten des individuellen Kaufverhaltens, wie sie in Partialbetrachtungen dezidiert auf situative Fragen des Kaufverhaltens bezogen werden und zur enormen Vielfalt von Determinanten, Analysen und Blickwinkeln führen, oder in Totalmodellierungen gesamthaft - allerdings zu starr - verbunden werden. Die Vielfalt der Sichtweisen kann in einem Schalenmodell zusammengetragen werden, das eine didaktisch wertvolle Trennung zwischen psychischen, persönlichen sowie sozialen und kulturellen Determinanten ermöglicht (Abbildung 3).




    Hierbei entsprechen die psychischen Determinanten den Kernüberlegungen der SOR-Modelle, mit der Trennung von aktivierenden und kognitiven Prozessen bzw. Zuständen. Hinzu kommen mit der Kundenzufriedenheit und der Kundenbindung Konstrukte, die gerade in der jüngeren Marketingforschung Bedeutung erlangt haben. Darüber hinaus sind Umweltdeterminanten für das Kaufverhalten relevant, die nach den persönlichen Determinanten (psychologische Prädispositionen) sowie sozialen und kulturellen Determinanten gegliedert sind. Bei den letzten beiden könnte auch von der näheren und der weiteren Umwelt der Konsumenten gesprochen werden. So stellen Bezugsgruppen (z. B. Primär- und Sekundärgruppen), Familie und Rolle/Status Ausprägungen der näheren Umwelt eines Konsumenten dar, während (Landes-) Kultur, Subkultur und soziale Schicht die weitere Umwelt bilden.

    Eine Kurzcharakterisierung einzelner ausgewählter Determinanten, Prozesse und Zustände findet sich in Abbildung 4.




    3. Kaufentscheidungstypen

    Eine zweite Basis in modernen Konzeptionen des Käuferverhaltens bilden die Kaufentscheidungstypen des Kaufverhaltens. Gemeint ist hierbei die Systematisierung der komplexen Verhaltensweisen bei individuellen Kaufentscheidungen in Abhängigkeit vom Grad der kognitiven Steuerung. D.h. es handelt sich um das konkrete (Entscheidungs-) Verhalten, welches letztlich nur aus einer kombinierten Zugrundelegung sowohl aktivierender als auch kognitiver Determinanten erklärt werden kann. Zu betrachten sind die Entscheidungen mit stärkerer kognitiver Kontrolle (extensiv und limitiert) sowie Entscheidungen mit geringer kognitiver Kontrolle (habituell und impulsiv) (Abbildung 5).




    Als Determinanten für das Auftreten einzelner Kaufentscheidungstypen werden die Art des auszuwählenden Produktes (z.B. Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, Convenience-, Shopping- und Specialty Goods), die Kaufsituation (z.B. emotionaler Reizwert, die Neuartigkeit der Situation, der Zeitdruck) oder weitere Determinanten (z.B. Prädispositionen des Entscheiders - u.a. die Risikoneigung oder das Involvement) betrachten.

    4. Käuferverhalten in Kundenbeziehungen

    Einen jüngeren Entwicklungszweig bilden Ansätze, die sich der Kundenzufriedenheit oder -bindung, allgemeiner dem Relationship-Marketing widmen. Dies resultiert daraus, dass belegt wurde, dass langfristige Geschäftsbeziehungen profitabler sind als kurzfristige und, dass Menschen sich nicht nur im privaten Bereich immer weniger binden (lassen wollen), sondern auch in Beziehungen zu Unternehmen; häufig sogar bewusste Abwechslung suchen („variety seeking“). Die Ansätze ergänzen die „Beeinflussungsperspektive“ der SOR-Modelle, indem sie nicht nur die Wirkungen, sondern auch Interaktionen und Potenziale in langfristigen Kundenbeziehungen hervorheben.
    In diesem Zuge werden die u.a. aus dem organisationalen Kaufverhalten bekannten Kaufphasen auf die Konsumentenforschung übertragen. Phaseneinteilungen orientieren sich oft an den Stufen eines eher kognitiven, „rationalen“ Entscheidungsprozesses: Prozessanregungs-, Such-, Vorauswahl-, Bewertungs- und Auswahl-, Realisierungs- und Nachkaufphase. Ein detailliertes Phasenraster kann nicht für alle Kaufsituationen zutreffen, weshalb folgende reduzierte Unterscheidung wertvoll erscheint: Vorkaufphase, Kaufphase und Nachkaufphase. Dies entspricht einem Buying Cycle, wobei die letzte Phase erneut die Vorkaufphase im Zuge eines Folgekaufverhaltens einleiten kann (Abbildung 6).



    Bei der konkreten Evaluation des Käuferverhaltens sind also Variationen dieses Prozesses anzunehmen. Dennoch - und dies ist eine Herausforderung - ist es möglich, die in der jeweiligen Phase besonders relevanten Determinanten des Kaufverhaltens, die Kaufentscheidungstypen usw. zu betrachten. Abbildung 7 fasst dies insofern zusammen, als hier verdeutlicht wird, dass je nach Kaufsituation in den drei Phasen alle psychischen Prozesse, weitere Determinanten, Kaufentscheidungstypen oder Marketing-Instrumente relevant sein können.



    Eine derartige Betrachtung eröffnet mehrere Vorteile. Erstens berücksichtigt der Buying Cycle die zunehmende Notwendigkeit, Austauschbeziehungen mit Konsumenten ganzheitlich zu beachten. Für das Marketing ergibt sich aus einer Phasendifferenzierung die Möglichkeit, auf die spezifischen Bedingungen der einzelnen Phasen einzugehen. Zweitens lenkt der Buying Cycle den Blick verstärkt auf das Nachkauf-Marketing, d.h. nicht nur auf Prozesse vor und während des Kaufvorgangs, sondern auch auf solche danach. In der aktuellen Diskussion des Kundenbindungsmanagements stehen Kundenbindungsprogramme und insbesondere Instrumente des Nachkauf-Marketing, -Service oder -Kommunikation (z. B. Nachkaufberatung, Kundenschulung, Kundenkarten und -clubs, Beschwerdemanagement) im Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang spielt ferner die Betrachtung des Kundenwertes während der gesamten Kundenbeziehung eine zunehmend wichtige Rolle.



    Entwicklungsperspektiven


    Insgesamt lässt sich heute ein moderner Bezugsrahmen des Konsumentenverhaltens durch ein Streben nach Traditionalität, Prozessualität und Ganzheitlichkeit charakterisieren. Traditionell bilden die im Kontext der SOR-Modelle stehenden psychischen und sozialen Determinanten des Käuferverhaltens die Basis der Erklärung. Insbesondere im Zusammenhang mit den psychischen Prozessen können in nächster Zeit weitere Erkenntnisse, die auf der Übertragung von Forschungsmethoden aus den Neurowissenschaften beruhen, erwartet werden. Einen zweiten Ansatzpunkt liefern Kaufentscheidungstypen und einen dritten die Kaufentscheidungsphasen, die verbunden in einem Buying Cycle, den Gedanken eines integrativen und prozessualen Gesamtmarketing ausdrücken.

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