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Finanztransaktionssteuer (FTT)

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Einführung: Seit vielen Jahren gibt es politische Bestrebungen, die Finanzbranche mit einer Finanztransaktionssteuer (englisch: Financial Transaction Tax, FTT) an den Kosten der Finanzmarktkrise zu beteiligen, Anreize für Spekulationen zu senken und nicht zuletzt neue Steuereinnahmen zu generieren. Nachdem eine EU-weite Initiative aufgrund zahlreicher Widerstände bislang nicht umsetzbar war, hat sich Frankreich als erster EU-Staat entschieden, ab dem 1.8.2012 eine French Financial Transaction Tax (FFTT) einzuführen (siehe 3.).

    2. EU-Finanztransaktionssteuer: Am 28.9.2011 wurde von der Europäischen Kommission der Gesetzentwurf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU vorgestellt. Die EU-Kommission wies in ihrer Begründung darauf hin, dass der gering besteuerte Finanzsektor im Zuge der Finanzkrise mit 4.600 Milliarden Euro unterstützt würde. Der Steuersatz soll danach 0,1 Prozent auf den Handel von Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent für Derivate von Aktien und Anleihen betragen. Devisengeschäfte am Spotmarkt sowie andere Derivate sollen von der Steuer befreit sein. In Summe ließen sich dadurch rund 50 Milliarden Euro einnehmen, die großteils den Mitgliedsländern zugute kommen sollen.

    Im Frühjahr 2012 starteten neun EU-Länder einen neuen Vorstoß eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene einzuführen, scheiterten aber v.a. am Widerstand von Großbritannien und Schweden. Die Alternative, die Steuer nur in der Eurozone einzuführen scheiterte wiederum am Widerstand von Luxemburg und den Niederlanden. Im Juni 2012 wurde die Zielsetzung einer Einführung in der gesamten Eurozone aufgegeben. Die verbleibenden EU-Länder einigten sich darauf, die Finanztransaktionssteuer nunmehr nur in den befürwortenden Ländern einzuführen. Die Basis dafür findet sich im EU-rechtlichen Rahmen einer sogenannten „verstärkten Zusammenarbeit“ von mindestens neun EU-Ländern, die sich daran beteiligen. Anfang Oktober hatten mit Frankreich, Deutschland, Österreich, Belgien, Griechenland, Portugal und Slowenien jedoch erst sieben Länder ihre Beteiligung zugesagt und auch ihren diesbezüglichen schriftlichen Antrag bei der EU-Kommission eingebracht. Während des EU-Finanzministerrats in Luxemburg am 9.10.2012 sollten – um die Mindestzahl von neun zu erreichen – noch Italien und Spanien umgestimmt werden, sich an der Finanztransaktionssteuer zu beteiligen. Nicht nur wurde dieses Ziel zum Ende es Ministerrates erreicht, es schlossen sich auch noch Estland und die Slowakei an, sodass nun insgesamt elf EU-Länder die Transaktionssteuer einführen werden. Weitere Details sollten bis zum Jahresende 2012 ausgearbeitet werden. Offen sind weiterhin u.a. die Fragen danach, was konkret wie besteuert werden soll und in welche Budgets die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer fließen sollen: ob die Erträge in den nationalen Budgets bleiben oder dem gemeinsamen EU-Budget zugeführt werden sollen, wobei sich bei letzterem auch die Frage stellt, ob die nationalen Zahlungsverpflichtungen der beteiligten Länder gegenüber dem EU-Haushalt um diese Beträge reduziert werden.

    Im Februar 2013 wurden weitere Einzelheiten seitens der Europäischen Kommission erläutert. Den Anträgen der elf Mitgliedstaaten entsprechend, die diese Steuer einführen werden, spiegeln Anwendungsbereich und Ziele der vorgeschlagenen Richtlinie den ursprünglichen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer wider, den die Kommission im September 2011 vorgelegt hatte (IP/11/1085). Es wird erwartet, dass diese Finanztransaktionssteuer bei Anwendung durch die elf Mitgliedstaaten nunmehr Einnahmen von jährlich 30 bis 35 Mrd. Euro generiert. Der aktuelle Vorschlag enthält im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag begrenzte Änderungen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Steuer in einem kleineren geografischen Gebiet als ursprünglich vorgesehen eingeführt wird. Diese Änderungen sollen v.a. für rechtliche Klarheit sorgen und Bestimmungen zur Vermeidung von Steuerumgehung und Missbrauch verstärken.

    3. Die Finanztransaktionssteuer in Frankreich: Die FFTT in Höhe von 0,2 Prozent wird weltweit bei Käufen von zahlreichen französischen Aktien erhoben. Betroffen sind Aktien von Unternehmen mit Hauptsitz in Frankreich, deren Börsenwert über einer Schwelle von einer Milliarde Euro liegt. Für 2012 unterliegen nach diesen Kriterien gemäß der französischen Regierung Aktien von 116 französischen Unternehmen der FFTT. Daneben wurden aber auch Ausnahmetatbestände beschlossen, so z.B. die Handelsaktivitäten im Market-Making. Steuerfrei bleibt zunächst auch der Handel in allen anderen Aktien, Anleihen (Bonds) und sonstigen Effekten. Daneben wurde zeitgleich eine weitere neue Steuer in Höhe von 0,01 Prozent auf bestimmte Transaktionen im Hochfrequenzhandel und besondere Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps - CDS) auf EU-Staatsanleihen eingeführt, die allerdings nur auf in Frankreich steuerpflichtige natürliche und juristische Personen Anwendung findet.

    4. Ausblick: Da die Vor- und Nachteile einer Finanztransaktionssteuer kontrovers diskutiert werden, ist mit der Einführung in Deutschland in nächster Zeit nicht mehr zu rechnen, obwohl sich Ende 2016 wohl Deutschland und neun weitere Staaten bei einer Sitzung der europäischen Finanzminister in Luxemburg auf die Prinzipien einer europäischen Finanztransaktionssteuer einigen konnten.

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