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strategiekonforme Organisation

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Organisationsstrukturen: Organisationsstrukturen sind Regelungssysteme, die sich als Infrastrukturen im Sinn von Ordnungs- und Orientierungsrahmen begreifen lassen. Sie leisten einen Beitrag zur Ausrichtung von arbeitsteilig durchgeführten Handlungen auf die obersten Unternehmungsziele. Organisatorische Regelungen müssen vielfältigen Anforderungen genügen, welche sich in die Kategorien Integration (statische Betrachtung) und Änderung (dynamische Betrachtung) einordnen lassen. Bei der Bewältigung von Integrationserfordernissen steht die zielorientierte Ausschöpfung von gegebenen Handlungspotenzialen durch Koordinations- und Motivationsmaßnahmen im Mittelpunkt. Die Herausforderung an organisatorische Gestaltungsaktivitäten liegt darin, trotz eines durch Arbeitsteilung verursachten Zwangs zum Potenzialsplitting und daraus resultierenden Problemen der Schnittstellenbewältigung (Koordinationsproblem ) und trotz möglicher Diskrepanzen zwischen Unternehmungs- und Individualzielen (Motivationsproblem) eine möglichst umfassende und reibungslose Ausschöpfung von Ressourcen und Märkten zu gewährleisten. Betreibt man organisatorische Gestaltung unter Änderungsgesichtspunkten, d.h. mit einer Akzentuierung dynamischer Elemente wie der Modifizierung von Wissensstrukturen oder der Forcierung von Wandel innerhalb der Unternehmung, so erweitert sich die Komplexität des Gestaltungsproblems. Zur Verwirklichung eines solchen Anliegens muss durch geeignete organisatorische Regelungen die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass der zielorientierte Aufbau von Handlungspotenzialen für zukünftige Perioden gelingt.

    2. Strategien: Strategien stellen längerfristig gültige Grundsatzentscheidungen dar, die den Rahmen für künftige detailliertere Entscheidungen bilden. Sie sind auf den Aufbau und die Sicherung von Erfolgspotenzialen ausgerichtet, welche im Anschluss durch eine strategiekonforme Ausrichtung des operativen Geschäfts nach Maßgabe der obersten Unternehmungsziele ausgeschöpft werden. Es existieren verschiedene Möglichkeiten, Formen der strategischen Positionierung zu systematisieren. Hier sollen strategische Entscheidungen nach der Basis des Wettbewerbs, der Ausgestaltung des Leistungsangebots und der Art der Marktbearbeitung unterschieden werden.
    (a) Strategische Entscheidungen hinsichtlich der Basis des Wettbewerbs erfordern die Beantwortung der Frage, ob eine gesicherte Wettbewerbsposition in erster Linie durch Kostenwettbewerb (Minimierung der mit der Leistungserstellung verbundenen Kosten, um in der Preispolitik einen größeren Dispositionsspielraum gegenüber der Konkurrenz zu erlangen) oder durch Zeitwettbewerb (möglichst reibungslose Gestaltung des Leistungsprozesses von seiner Auslösung bis zur Vertragserfüllung gegenüber dem Kunden) aufgebaut und gesichert werden soll.
    (b) Mit der Ausgestaltung des Leistungsangebots legt die Unternehmung fest, mit welchen Leistungselementen der beim Kunden vermutete Bedarf gedeckt werden soll. Im Einzelnen ist über die Leistungsbestandteile (z.B. Ausprägung von Sach- und Dienstleistungen), über den Grad an kundenindividueller Ausgestaltung der Leistung (Standardisierung, modularisierte Kundenleistung, kundenindividuelle Leistungen) und über die Berücksichtigung absatzwirtschaftlicher Verbundeffekte (v.a. produktübergreifende Nachfrage) zu entscheiden. Mithilfe des Merkmals Art der Marktbearbeitung werden einerseits die Ausschöpfung des Nachfragepotenzials (flächendeckende oder segmentierende Marktbearbeitung), andererseits der Aufbau und die Sicherung längerfristiger Kundenbindungen in die Analyse einbezogen.

    3. Wettbewerbsstrategie und Organisation: (1) Zusammenhang: Der Zusammenhang zwischen Strategie und Organisationsstruktur wird in der Literatur in hohem Maße aus der Perspektive eines „Structure follows Strategy” betrachtet. Dieser auf A.D. Chandler (1962) zurückgehende Slogan erfasst die Frage der strategiekonformen Organisation nur sehr begrenzt und betont zu einseitig die statische Dimension. Hinsichtlich der Basis des Wettbewerbs kann man feststellen, dass beim Kostenwettbewerb die effiziente Nutzung von (internen und externen) Potenzialen, beim Zeitwettbewerb die effiziente Abstimmung von Interdependenzen in den Vordergrund rückt. Eine kostenorientierte Wettbewerbsstrategie wird deshalb tendenziell zu Organisationsstrukturen führen, die eine Zuweisung von Kompetenzen in Bezug auf zusammengehörende Potenziale (Ressourcen, Märkte) an jeweils eine organisatorische Einheit erlaubt; durch solche Lösungen wird jedoch zugleich die bereichsübergreifende Abstimmung von Interdependenzen erschwert. Bei einer strategischen Fokussierung auf Kostenaspekte besteht mithin eine Tendenz zur Bildung funktions- und markt-, (bzw. kunden-)orientierter Strukturen. Umgekehrt begünstigt der Zeitwettbewerb Tendenzen zur organisatorischen Verselbstständigung von Wertschöpfungsketten durch Aufsplittung von Potenzialen. Die in vielen Branchen zu beobachtende Tendenz, durch Bildung weitgehend autonomer Produktbereiche eine prozessorientierte Organisationsgestaltung zu betreiben, ist Ausdruck einer Hinwendung zum Zeitwettbewerb. Hinsichtlich der Struktur des Leistungsangebotes kann als organisatorisch relevantes Merkmal die Produktkomplexität angesehen werden; sie nimmt mit einer Ausdifferenzierung der angebotenen Sach- und Dienstleistungen zu. Unternehmungen, die Produkte mit einer hohen Komplexität anbieten, müssen in besonderem Maße sicherstellen, dass auf das notwendige Produkt- und Prozesswissen zurückgegriffen werden kann. Ist eine ausgeprägte Produktkomplexität das Ergebnis einer Bündelung artverschiedener Sach- und Dienstleistungen, erhöht sich in der Regel die Intensität der Prozessinterdependenzen. Eine Steigerung der Kundenindividualisierung weist von allen strategischen Einflussgrößen die umfassendsten organisatorischen Auswirkungen auf. V.a. steigen die Anforderungen durch eine Zunahme der Ungewissheit aufgrund der Einbindung des Kunden in den Prozess der Leistungserstellung deutlich.
    (2) Konsequenzen: Für den Organisationsgestalter liefern die Ergebnisse wettbewerbsstrategischer Analysen Bausteine für den Entwurf von Organisationsstrukturen. Eine strategiekonforme Organisationslösung ist immer das Ergebnis einer Ausbalancierung verschiedener, häufig in Konflikt zueinander stehender Einflüsse. So ist z.B. die Verfolgung des Zeitwettbewerbs nicht mit jeder Ausgestaltung des Leistungsangebots kompatibel. Mit zunehmender Produktkomplexität und Kundenindividualisierung zeigen sich aufgrund nachhaltig wachsender Interdependenzen rasch die Grenzen einer Wahl dieser Wettbewerbsbasis. Auch der Entscheidung zugunsten des Kostenwettbewerbs ist die Frage vorgelagert, ob man über möglichst hohe Standardisierung des Leistungsprogramms Kostenvorteile realisieren will, um niedrige Absatzpreise sicherzustellen, oder ob durch Ausdifferenzierung des Angebots verbunden mit Kundenindividualisierung das akquisitorische Potenzial und ein damit verbundener größerer Preissetzungsspielraum genutzt werden sollen.

    4. Strategieanpassung und Organisationsstruktur: Die Frage der strategiekonformen Organisationsstruktur wird in Praxis und Wissenschaft vorrangig aus statischer Sicht behandelt. Wenn mit dem Aufbau zukünftiger Handlungspotenziale die Strategiedynamik und damit die Bedeutung von Lernen und Wandel in den Vordergrund rücken, stellt sich das schwierige Problem einer Ausbalancierung von Integrations- und Änderungsanforderungen. Mit der Lerndimension richtet sich der Blick auf Wissensstrukturen und ihre Veränderungen im Zeitablauf: Die Schaffung eines strukturellen Rahmens, welcher die unternehmungsweite Entwicklung neuen sowie den individuen- und bereichsübergreifenden Transfer vorhandenen Wissens sicherstellt, wird zur Herausforderung für die Organisationsgestaltung. Unternehmungen mit Fähigkeit zum Wandel besitzen die für einen Aufbau zukünftiger Handlungspotenziale unerlässliche Fähigkeit zur Anpassung an Entwicklungen in der relevanten Umwelt. Beispielhaft hierfür können umfassende strategische Neuausrichtungen, die Generierung neuer Produktideen und deren Umsetzung in marktfähige Leistungen sowie eine grundsätzliche strukturelle Flexibilität angeführt werden. Ebenso wie bei der Integrationsperspektive spielen auch unter Änderungsaspekten Motivationsfragen eine große Rolle: Es ist zu klären, wie bei den Mitarbeitern eine grundsätzliche Bereitschaft erzeugt werden kann, sich in Lernprozessen zu engagieren und Maßnahmen zur Anpassung an geänderte Bedingungen aktiv zu ergreifen und mit zu tragen.

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