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Harrod-Domar-Modell
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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1. Harrod-Modell: a) Annahmen: Harrod berücksichtigt in seinem Modell nur den Gütermarkt und modelliert eine geschlossene Volkswirtschaft ohne Staat. Dies hat zur Folge, dass sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nur aus privatem Konsum und Investition zusammensetzt. Die Preise sind konstant. Das Sparverhalten lässt sich anhand der Sparfunktion beschreiben: St = s · Xt mit s < 1 und konstant. Das Sparen S resultiert somit aus dem Realeinkommen X der laufenden Periode t, das sich aus der Produktion in t ergibt und ihrem Wert entspricht. Die durchschnittliche Sparquote entspricht der marginalen Sparquote s und ist konstant. Mit der Investitionsfunktion führt Harrod den Akzelerator (v) ein: It = v · X mit v = konstant. Der konstante Akzelerator (zu deutsch: „Beschleuniger”) gibt an, in welchem Umfang durch Änderungen in der erwarteten Produktion aufgrund veränderter Nachfrage zusätzliche Investitionen induziert werden. Der Akzelerator ist zwar ein Verhaltensparameter, es ist aber nahe liegend, dass die Investitionen sich an den technischen Möglichkeiten orientieren, so dass der Kapitalkoeffizient ( = K/X) als Richtschnur für die Investitionen angesehen werden kann. Der Kapitalkoeffizient gibt an, in welchem Umfang der Kapitalbestand (K) vergrößert werden muss, wenn zusätzliche Nachfrage durch eine Ausweitung der Produktion (X) mithilfe eines normal ausgelasteten Kapitalbestandes befriedigt werden soll. Daraus folgt, dass man sich den Akzelerator am treffendsten als zusammengesetzten Parameter vorstellen muss, der einerseits die technischen Bedingungen, andererseits aber auch ein davon abweichendes Verhalten der Investoren berücksichtigt, das sich z.B. aus deren Risikoeinstellung ergeben kann.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Erwartungsbildung der Investoren zu beschreiben. Die Erwartung bez. der Nachfrageänderung kann sich auf die Differenz zwischen der Nachfrage am Ende dieser Periode (Xt) und der Nachfrage am Ende der letzten Periode (Xt -1) beziehen (Fall b) oder aber auf die Differenz zwischen der Nachfrage am Ende der nächsten Periode (Xt + 1) und der Nachfrage am Ende dieser Periode (Xt) (Fall a).
b) Um nun zur gleichgewichtigen Wachstumsrate (wX*) zu kommen, bei der sich in jeder Periode das Periodengleichgewicht einstellt, formuliert Harrod die Gleichgewichtsbedingung, setzt die Spar- und die Investitionsfunktion ein und löst die Gleichung nach der Wachstumsrate auf. Daraus folgt für den Fall a:
St = It (Gleichgewichtsbedingung)
Für Fall b ergibt sich nach einigen Umformungen:
Für beide Fälle gilt, dass die Investoren mit einer ganz bestimmten, durch s und v vorgegebenen Wachstumsrate der Nachfrage rechnen müssen, damit sich auch in der folgenden Periode das Periodengleichgewicht einstellt und die gleichgewichtige Wachstumsrate realisiert wird. Gehen die Investoren von einer geringeren Wachstumsrate aus und investieren auch entsprechend weniger, so entsteht in der folgenden Periode ein Angebotsüberschuss, da die Investitionsnachfrage nicht die durch das Sparen entstehende Nachfragelücke schließt. Die Unternehmer korrigieren daraufhin ihre Absatzerwartungen, indem sie für die nächste Periode mit derselben Konstellation, d.h. mit einem geringeren Nachfragezuwachs rechnen (Erwartung, Wachstumstheorie, Geldtheorie). Dadurch verschlimmert sich jedoch die Situation, denn infolge der weiter schrumpfenden Nachfrageerwartung sinken auch die induzierten Investitionen. Es kommt zu einem kumulativen Kontraktionsprozess, der immer weiter weg vom dynamischen Gleichgewichtspfad führt. Für den entgegengesetzten Fall, dass mit einer zu großen Änderung der Nachfrage gerechnet wird, ergibt sich ein kumulativer Expansionsprozess. Die Stabilitätsanalyse der gleichgewichtigen Wachstumsrate zeigt also ihre Instabilität. Sofern auch nur ein einziges Mal „falsche” Erwartungen gebildet werden, führt kein Weg zum dynamischen Gleichgewicht zurück. Harrod spricht deswegen auch vom Wachstum „auf des Messers Schneide”.
2. Ergänzungen von Domar: Im Wachstumsmodell von Harrod spielt lediglich die Nachfrageseite der Investitionen eine Rolle (Einkommenseffekt der Investitionen). Die Tatsache, dass die Maschinen, sobald sie einmal in den Produktionsprozess integriert sind, auch die Produktionsmöglichkeiten vergrößern, wird vernachlässigt. Diesen Kapazitätseffekt der Investitionen analysiert Domar explizit. Fügt man Domars Analyse in das Harrod-Modell ein, zeigt sich eine verstärkte Instabilität des Harrod-Domar-Modells am augenfälligsten. Jetzt müssen die Unternehmer mit einer ganz bestimmten Wachstumsrate der Nachfrage rechnen, so dass sie durch ihre Investitionen genau die notwendigen Kapazitäten zur Befriedigung der Nachfrage schaffen. So wird das Harrod-Paradoxon bestätigt, das besagt, dass unterausgelastete Kapazitäten nicht dadurch entstehen, dass zu viel, sondern dass zu wenig investiert wird.
3. Beurteilung: Mit dem Harrod-Domar-Modell ist es zwar gelungen, einen gleichgewichtigen Wachstumspfad abzuleiten, aber dieser ist instabil; jede Störung führt zu einer dauerhaften Abweichung nach „oben” oder nach „unten”. Der Grund liegt darin, dass das Modell gänzlich auf stabilisierende Faktoren verzichtet. Eine Nachfrageerhöhung wird vollständig über eine steigende Produktionsmenge kompensiert, egal, ob die Kapazitäten vorher ausgelastet waren oder nicht. Dadurch, dass die Preise konstant sind, kann die Nachfrage auch nicht in Form höherer Preise verpuffen. Auch die dämpfende Wirkung steigender Zinsen kommt nicht zum Tragen, da es keinen Geldmarkt gibt, der dies auslösen könnte. Die Realität bestätigt jedoch nicht das Katastrophenszenario, das sich hieraus ergibt.
Vgl. auch postkeynesianische Wachstumstheorie.
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