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TARGET2-Saldo
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1. Begriff: Der TARGET2-Saldo ist der Betrag, der Forderungen bzw. Verbindlichkeiten einer nationalen Zentralbank gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB), die im Zuge der Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen über das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 entstanden sind.
2. Merkmale: TARGET2 ist ein Zahlungsverkehrssystem, über das nationale und grenzüberschreitende Euro-Zahlungen in Zentralbankgeld schnell und mit sofortiger Endgültigkeit abgewickelt werden. Angeschlossen sind 23 nationale Zentralbanken sowie die EZB. Geschäftsbanken nehmen über ihre jeweilige nationale Zentralbank an TARGET2 teil.
Grenzüberschreitende Zahlungen spiegeln sich in den Bilanzen der nationalen Zentralbanken. Fließen bspw. einer über die Bundesbank an TARGET2 teilnehmenden Geschäftsbank Gelder aus dem Ausland zu, führt dies bei der Bundesbank zu Verbindlichkeiten gegenüber dieser Geschäftsbank. Im Gegenzug entstehen Forderungen der Bundesbank in gleicher Höhe gegenüber der sendenden nationalen Zentralbank. Diese hat entsprechende Verbindlichkeiten gegenüber der Bundesbank und reduziert durch die Kontobelastung ihre Verbindlichkeiten gegenüber der sendenden Geschäftsbank.
Die durch eine Vielzahl von Transaktionen bei den nationalen Zentralbanken entstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten gleichen sich normalerweise über den Tag nicht vollständig aus. Am Ende des Geschäftstages tritt die EZB als Zentraler Kontrahent auf, und alle bilateralen Forderungen oder Verbindlichkeiten werden in eine einzige Forderung respektive Verbindlichkeit der jeweiligen Zentralbank gegenüber der EZB umgewandelt (Novation). Die so entstehenden TARGET2-(Netto)-Salden sind das Ergebnis der grenzüberschreitenden Übertragung von Zentralbankgeld innerhalb des Eurosystems sowie der anderen angeschlossenen Notenbanken, die nicht Mitglieder des Eurosystems sind. Letztere können an TARGET2 nur auf Guthabenbasis teilnehmen. Sie weisen also immer Forderungen gegenüber der EZB aus.
Den Transaktionen, die zum Entstehen von TARGET2-Salden führen, können ganz unterschiedliche Geschäfte zugrunde liegen. Denkbar sind u.a. die Zahlung einer Warenlieferung, der Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, die Gewährung oder Rückzahlung eines fälligen Darlehens, die Geldanlage bei einer Bank und vieles mehr.
Über TARGET2 kann keine Liquidität geschaffen werden. Zentralbankgeld wird den Banken von ihrer Zentralbank hauptsächlich über Refinanzierungsgeschäfte und zudem über den Aufbau von Wertpapierbeständen und über Geschäfte in eigener Verantwortung der nationalen Zentralbanken zur Verfügung gestellt. Über deren Ausgestaltung in der EWU entscheidet der EZB-Rat im Rahmen seines geldpolitischen Mandats.
Die TARGET2-Salden sind nur ein Teil der Intra-Eurosystem-Forderungen bzw. –Verbindlichkeiten. Auch aus der jeweiligen Bargeldausgabe der nationalen Notenbanken können Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber der EZB resultieren.
3. Aktuelle Diskussion: Bis 2007 glichen sich die grenzüberschreitenden Transaktionen in TARGET2 weitgehend aus, sodass es nicht zum Aufbau von TARGET2-Salden in größerem Umfang kam. Im Verlauf der Finanzkrise sind jedoch bedeutende positive und negative TARGET2-Salden bei einzelnen nationalen Zentralbanken entstanden. Über ihre Ursachen und Folgen sowie insbesondere über die damit verbundenen Risiken ist es zu einer breiten Diskussion gekommen.
Letztlich gehen die TARGET2-Salden auf Zahlungsbilanzungleichgewichte in mehreren EWU-Staaten zurück; dabei können sowohl Leistungsbilanzdefizite als auch Kapitalexporte des Privatsektors eine Rolle spielen. Zudem erfolgte seit 2007 der Liquiditätsausgleich zwischen Kreditinstituten am Geldmarkt nicht mehr in der gewohnten Weise. Manche Institute waren und sind weitgehend vom Markt abgeschnitten und nehmen Liquiditätshilfen durch die Notenbanken in Anspruch. Kurzfristig auftretende TARGET2-Salden bauten sich nicht mehr vollständig durch private Kapitalflüsse ab.
Im Hinblick auf die Risiken aus der Geschäftstätigkeit des Eurosystems droht die Debatte um die TARGET2-Salden von den eigentlichen Herausforderungen abzulenken. Ursächlich für etwaige Risiken aus hohen TARGET2-Salden ist v.a. die stark ausgeweitete Liquiditätsbereitstellung in Verbindung mit einer mehrmaligen Lockerung des Sicherheitenrahmens sowie der ungleichen Inanspruchnahme der Zentralbankliquidität in den einzelnen Bankensystemen.
Solange das Eurosystem in unveränderter Zusammensetzung fortbesteht, werden die TARGET2-Salden fortgeschrieben. Sollte es jedoch zu einem Austritt eines Landes aus der Währungsunion kommen, würden etwaige TARGET2-Verbindlichkeiten der betreffenden Notenbank gegenüber der EZB fällig. Da ein Austritt eines Landes in den öffentlich diskutierten Szenarien üblicherweise mit einer Überschuldung des jeweiligen Landes einhergeht, könnten hieraus für die EZB direkte Risiken entstehen.
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