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Hidden Champions
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1. Begriff: Der Begriff „Hidden Champions“ ist ein Begriff aus dem Bereich des strategischen Managements. Er wurde von Simon (1990) als Kategorie zur Beschreibung von Wachstumsunternehmen des deutschen Mittelstands eingeführt. Unternehmen dieser Kategorie sind (1) Unternehmen mit einen Jahresumsatz von unter 3 Mrd. Euro, (2) Nr. 1, 2 oder 3 in einem Marktsegment in Europa oder im Weltmarkt, und (3) in der Regel nicht börsennotiert, sondern inhabergeführt. Als solche sind sie weitgehend unbekannt. Auf der Basis dieser Definition untersucht Simon seit ca. 1990 in einem Panel die Erfolgsfaktoren dieser Unternehmen auf einer breiten Datenbasis von ca. 1.500 Unternehmen.
2. Merkmale: Hidden Champions zeichnen sich bes. dadurch aus, dass sie in engen Nischenmärkten Marktführer sind. Diese Fokussierung ist eine bewusste Strategie der Konzentration auf kleine, meist Premium-Marktsegmente, die dazu führt, dass Hidden Champions nicht im Preiskampf mit Konzernen oder Großunternehmen stehen, da diesen das Marktvolumen zu gering ist und ein Markteintritt lohnt, auch weil sie dort ihren Größenvorteil nutzen können. Das führt dazu, dass Hidden Champions in einem wachsen können, ohne durch hohe Wettbewerbsintensität dazu gezwungen zu sein, über Preis/Menge und Kostenführerschaft zu konkurrieren. Deshalb erzielen Hidden Champions i.d.R. sehr hohe Margen und können über eine längeren Zeitraum ungestört wachsen und sich so ohne Kostendruck stark auf die Bedürfnisse ihrer Kunden konzentrieren.
Diese Positionierung erreichen Hidden Champions durch bzw. erlaubt diese ihnen eine hohe Spezialisierung und eine signifikant hohe Kundennähe. Hidden Champions entwickeln sich meist mit den Anforderungen ihrer Kunden. Das geht soweit, dass auch die Internationalisierung von Hidden Champions auf den Kundenbedarf ausgerichtet ist und häufig sogar parallel zu der Internationalisierung der Kunden erfolgt. Andererseits sind deshalb Produkte und Leistungen häufig lange Zeit im Unternehmenslebenszyklus eher gering standardisiert.
Ferner nutzen Hidden Champions zum Wachstum wesentlich seltener risikoreiche Strategien der Fremdfinanzierung oder Mergers & Acquisitions, sondern wachsen durch weiche Diversifizierung: Es wird im Bereich der Kernkompetenz in benachbarte Produktsegmente vorgestoßen bzw. werden neue Kundensegmente mit bestehenden Kernkompetenzen erschlossen.
Zusätzlich zeichnen sich Hidden Champions durch eine hohe Wertschöpfungstiefe aus. Im Gegensatz zu Konzernen und dem Trend zum Outsourcing behalten Hidden Champions einen großen Teil des Wertschöpfungsprozesses im Unternehmen, sodass sie hier die Qualität von Produkten und Leistungen möglichst breit kontrollieren können.
Meffert & Klein (2007) haben das Modell der Hidden Champions erweitert in ein Lebenszyklus-Modell von Wachstumsunternehmen. Hidden Champions beginnen als Ein-Produkt-Unternehmen. Sie sind Spezialisierer, da sie sich auf ein spezifisches, sehr enges Produkt- oder Kundensegment spezialisieren. Ab einer gewissen Größe (durchschnittlich 200 Mio. Euro Umsatz) müssen diese Unternehmen Organisation, Absatz und Produktentwicklung sowie den Innovationsprozess standardisieren, um weiter zu wachsen. Gelingt diese Anpassung – meist in kleinen Schritten – können Ein-Produktunternehmen ertragswirksam wachsen und zum sogenannten Innovationsführer werden und sich durch weiche Diversifikation in weiteren Marktsegmenten etablieren.
Die sich vom Spezialisierer zum Innovations-Champion entwickelnden Unternehmen können sich durch die Optimierung von Kernprozessen zu Kompetenzführern weiterentwickeln, wenn sie ihre Kernkompetenz in weiteren Marktsegmenten etablieren können oder diese sogar begründen. So werden sie vom Nischenunternehmen zu einem Unternehmen, das eine ‚Masse von Nischen‘ bedient. Ein Kompetenzführer kann damit eine ähnliche Größe erreichen wie ein Unternehmen, das auf den Massenmarkt fokussiert, ohne jedoch seinen Vorteil der Spezialisierung und hoher Margen aufzugeben.
Der Ansatz von Meffert und Klein ist angelehnt an das Modell der Generic Strategies von Porter (1980) und an die Erkenntnisse von Simon, aber um die Perspektive des Unternehmenslebenszyklus erweitert.
3. Bedeutung: Der Begriff Hidden Champions hat im Feld des strategischen Managements das ‚Marktanteilsdenken‘ infrage gestellt. Dieser auf dem PIMS-Ansatz aufbauende Strategie-Fokus postuliert, dass Unternehmen möglichst große Marktanteile erringen sollen, um von den Größenvorteilen (economies of scale) zu profitieren. Diesem Ansatz hält die Hidden-Champions-Forschung entgegen, dass kleinere und mittlere Wachstumsunternehmen nicht den ‚Massenmarkt‘ fokussieren und eine Preis-Mengen- und Kostenführer-Strategie verfolgen, sondern eine Nischen- und Preis-Premiumstrategie. Meffert & Klein (2007) haben empirisch belegt (Basis: die umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands – ca. 5.000), dass Unternehmen mit dieser Ausrichtung mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit höhere Margen erzielen als Unternehmen, die auf Massenmärkte und Preis-Menge fokussieren (Kostenführer-Strategie). So können sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erfolgreicher und nachhaltiger wachsen als durch die Ausrichtung auf große Marktanteile und Kostenführerschaft.
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