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Komplementäre Führung
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1. Gegenstand und Begriff: Die Theorie der Komplementären Führung ist ein theoretisches Modell der Personalführung in Organisationen von Kaehler (2012, 2016). Es handelt sich um eine integrative Mehrebenen-Theorie, die eine Reihe etablierter Theorien zu einem neuen Ansatz verknüpft und weiterentwickelt. Der Begriff „Komplementäre Führung“ steht in der Tradition vieler anderer Führungstheorien mit adjektivistischen Bezeichnungen (z.B. der „Situativen Führung“ oder der „Transformationalen Führung“). Er bezieht sich auf die drei Kernelemente des Theoriemodells, die jeweils aus komplementären, d.h. sich ergänzenden Aspekten bestehen (Kaehler 2016, S. 161).
2. Zielstellung: Die Komplementäre Führungstheorie ist deskriptiv, indem sie in der Praxis etablierte Mechanismen funktionierender Personalführung beschreibt, zugleich aber auch normativ, indem sie diese Mechanismen als empfehlenswert darstellt (eine Dualität, die übrigens auch die meisten anderen handlungsorientierten Führungstheorien prägt). Die Theorie soll von wissenschaftlichem Nutzen sein und in der Führungsforschung zum Einsatz kommen. Primär ist sie aber praktisch ausgerichtet und soll eine theoretische Grundlage für betriebliche Führungsmodelle und Orientierung für Führungskräfte bieten (Kaehler 2016, S. 158).
3. Kernmodell: Das Kernmodell der Theorie besteht aus drei Elementen. Das erste Element sind die komplementären Führungsfunktionen der Ordnungswahrung und der Unterstützung (= Dienstleistung mit Doppelcharakter). Das zweite Element sind 24 komplementäre Führungsaufgaben (z.B. „Arbeitsaufgaben steuern“; „ Motivation stiften“). Damit handelt es sich bei der Komplementäre Führungstheorie in erster Linie um ein klassisches Aufgabenmodell der Führung, d.h. es wird ein Katalog von Aufgaben definiert, die Führende zu erfüllen haben. In jeder Aufgabe konkretisieren sich gleichzeitig beide o.g. Funktionen. Das dritte Element sind schließlich die komplementären Akteure, die die o.g. Aufgaben gemeinsam erfüllen. Hier wird auf die klassischen Ideen des Shared Leadership und der Selbstführung zurückgegriffen, wonach Führung nicht alleinige Sache der Führungskraft ist. Die verschiedenen Akteure wirken nach einer „kompensatorischen“ Dynamik zusammen: Idealerweise übernimmt der Mitarbeiter alle Führungsaufgaben selbst (= Selbstführung); mitunter tun dies Kollegen (= laterale Führung); nur falls dies unterbleibt, greift die Führungskraft ein; und nur falls auch dies unterbleibt, intervenieren der Personalbetreuer oder die obere Führungskraft (Kaehler 2016, S. 163ff.).
4. Umsetzungselemente: Zusätzlich enthält die Theorie der Komplementären Führung vier sog. Umsetzungselemente. Eines dieser Elemente sind die sog. „Führungsroutinen“ (=Aktivitäten, z.B. Mitarbeitergespräch), die der Erfüllung der o.g. Aufgaben (= Aufgabenstellungen) dienen. Ein zweites Element sind die Führungsinstrumente (= formalisierter Hilfsmittel, z.B. Leistungsbeurteilungsformulare). Weitere Umsetzungselemente sind der Führungsaufbau (= Aufbauorganisation der beteiligten Stellen, z.B. Leitungsspanne) und die Führungsressourcen Arbeitszeit, Kompetenz, Information und Feedback (Kaehler 2016, S. 316ff.).
5. Limitationen: Die Komplementären Führungstheorie ist offenbar praxiserprobt, soweit erkennbar aber noch nicht empirisch untermauert. Es fehlt an Studien, die die Umsetzung der in Organisationen begleiten und ihre Wirksamkeit untersuchen. Auch bleibt abzuwarten, inwieweit das Modell, über die ersten Einzelfälle hinaus, von anderen Theoretikern und Forschern aufgegriffen wird.
Vgl. auch Führungstheorien.
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