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Lohnsteuer-Jahresausgleich

Definition: Was ist "Lohnsteuer-Jahresausgleich"?
eine vom EStG wahlweise angebotene Möglichkeit für Arbeitnehmer, eine Jahreseinkommensteuererklärung auch in den Fällen abgeben und bearbeiten zu lassen, in denen sie hierzu gesetzlich nicht verpflichtet sind (§ 46 I Nr. 8 EStG). Wird der Lohnsteuerausgleich beantragt, so werden einbehaltene Lohnsteuerbeträge auf die Jahreseinkommensteuerschuld angerechnet und über diese hinausgehende überschüssige Lohnsteuerbeträge werden dem Arbeitnehmer erstattet.

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    I. Begriff:

    Das einkommensteuerliche Verfahren, mit dem Arbeitnehmer überschüssige einbehaltene Lohnsteuern erstattet bekommen können. Der Begriff "Lohnsteuerjahresausgleich" deckt im Grunde zwei Verfahrensarten ab: den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber (§ 42b EStG, insoweit noch offizielle Bezeichnung) und den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt (insoweit ist Lohnsteuer-Jahresausgleich zwar auch heute noch die allgemein übliche Bezeichnung, war aber nur bis Anfang der 1990er-Jahre die offizielle Bezeichnung des Verfahrens; seitdem wird dieser Vorgang offiziell als Antragsveranlagung bezeichnet).

    II. Allgemeiner Hintergrund der Regelung

    1. Ausnahme von der allgemeinen Steuererklärungspflicht für zahlreiche Arbeitnehmer: Grundsätzlich sind alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen verpflichtet, jährlich eine Steuererklärung abzugeben (§ 26 EStG). Für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, d.h. für alle Personen, bei denen das steuerpflichtige Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, ist dieser Grundsatz jedoch durchbrochen: Arbeitnehmer müssen eine Jahressteuererklärung nur in bestimmten Sonderfällen abgeben, die in § 46 EStG im Einzelnen aufgeführt sind und, da sie sehr technischer Natur sind, dort bei Bedarf nachgeschlagen werden sollten. Ziel dieser Regelung ist es, der Verwaltung (und den betroffenen Arbeitnehmern, für die das Ausfüllen einer Steuererklärung oft ja erheblichen Aufwand bedeutet) "überflüssige" Verwaltungsarbeit zu ersparen in Fällen, in denen die während des Jahres einbehaltene Lohnsteuer normalerweise die gesamte geschuldete Einkommensteuerschuld ohnehin im Wesentlichen abdecken müsste. Wird somit eine Steuererklärung nicht verlangt und eine Jahressteuerschuld nicht mehr durch Veranlagung berechnet, bleibt die während des Jahres vereinnahmte Lohnsteuer folglich endgültig, und die ESt ist damit pauschal erledigt (§ 46 IV EStG).

    2. Grund für ein Wahlrecht auf Veranlagung: Weil der Gesetzgeber nur deshalb auf die Veranlagung verzichtet, weil er davon ausgeht, dass es nur um unwesentliche Beträge geht, könnte es Arbeitnehmer benachteiligen, wenn die Veranlagung für sie außer in den in § 46 EStG genannten Fällen zwangsweise ausgeschlossen würde. Es sind z.B. Fälle ohne Weiteres denkbar, bei denen die während des Jahres einbehaltene Lohnsteuer die gesetzlich geschuldete Jahreseinkommensteuer durchaus auch deutlich übersteigen könnte; für diese Fälle wäre es unangemessen, die Durchführung einer Veranlagung zu verweigern. Daher räumt der Gesetzgeber allen Arbeitnehmern, die nicht schon von § 46 II Nr. 1-7 EStG ausnahmsweise zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, das Recht ein, freiwillig eine Jahressteuererklärung abzugeben und die gesetzlich geschuldete Jahressteuerschuld bestimmen zu lassen; überschüssige Lohnsteuer-Beträge werden dann erstattet (offizielle Bezeichnung: Antragsveranlagung; § 46 II Nr. 8 EStG).

    III. Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber:

    1. Grundprinzip: In einer erheblichen Vielzahl von Fällen ergeben sich Überzahlungen der Lohnsteuer über die gesetzlich geschuldete Höhe der Jahreseinkommensteuer zwangsläufig dadurch, dass die Höhe der monatlichen Bezüge während des Kalenderjahrs geschwankt hat, z.B. infolge von Lohnerhöhungen oder ähnlichen Effekten; denn weil die monatliche Lohnsteuer stets auf der Annahme beruht, der in diesem Monat bezogene Lohn sei auch in allen anderen Monaten des Jahres bezogen worden, ist die Progression, die dem Lohnsteuerabzug zugrunde liegt, in solchen Fällen immer im Vergleich zum wirklich angefallenen Jahreseinkommen zu hoch. Um in diesen einfach gelagerten Fällen der Finanzverwaltung und auch den betroffenen Arbeitnehmern unnötige Arbeit zu ersparen, sieht das Gesetz vor, dass der Arbeitgeber in einigen Fällen von sich aus einen Lohnsteuerjahresausgleich vorzunehmen hat. Dieser führt zwar schon den Abbau der genannten progressionsbedingten Überzahlungen herbei, hat aber insoweit keinen endgültigen Charakter, als das Wahlrecht der betroffenen Arbeitnehmer, eine reguläre Einkommensteuerveranlagung durch das Finanzamt zu beantragen, bestehen bleibt.

    2. Durchführung: Der Arbeitgeber, der einen Lohnsteuerjahresausgleich durchführt, tut dies ohne bes. Antrag des Arbeitnehmers von sich aus und zahlt den Erstattungsbetrag dadurch an den Arbeitnehmer aus, dass er ihm vom laufenden Lohn in der Zeit vom letzten Lohnzahlungszeitraum des auszugleichenden Jahres bis einschließlich Monat März des folgenden Jahres in Höhe des Differenzbetrags weniger an Lohnsteuer einbehält und auch nur diesen geringen Betrag an die Finanzbehörden abführt (Aufrechnung). Innerbetriebliche Verrechnung mit Lohnsteuerbeträgen anderer Arbeitnehmer und Barzahlung ist bei entsprechender Buchung auf dem Lohnkonto zulässig.

    3. Durchführungspflicht: Arbeitgeber mit mindestens zehn Arbeitnehmern am 31. Dezember des Ausgleichjahrs müssen den Ausgleich durchführen; bei weniger als zehn Beschäftigten und bei unständiger Beschäftigung, wenn die beschäftigungslose Zeit nicht durch amtliche Unterlagen (z.B. Arbeitslosen-Meldekarte) nachgewiesen wird, kann der Arbeitnehmer an das zuständige Finanzamt verwiesen werden. § 42b EStG.

    4. Keine Durchführung durch den Arbeitgeber ist in Fällen erlaubt, in denen ein Lohnsteuer-Jahresausgleich aus der Sicht des Gesetzes unerwünscht erscheint, z.B. weil der Fall komplex gelagert ist oder zur Berechnung der Jahressteuerschuld Daten erforderlich sind, über die der Arbeitgeber nicht verfügt. Demnach hat ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber zu unterbleiben, wenn:
    (1) der Arbeitnehmer es beantragt,
    (2) der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr ständig oder zeitweise nach den Steuerklassen II, III, IV, V oder VI zu besteuern war,
    (3) auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers ein Freibetrag oder ein Hinzurechnungsbetrag eingetragen ist oder
    (4) der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr Kurzarbeiter-, Schlechtwetter- oder Winterausfallgeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld oder bestimmte andere Bezüge erhalten hat (Einzelheiten siehe: § 42b I Nr. 4 EStG),
    (5) im Lohnkonto oder der LST-Karte mindestens einmal der Buchstabe „U” eingetragen worden ist oder
    (6) der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder unter Progressionsvorbehalt nach § 34c V EStG von der Lohnsteuer freigestellt waren. Ferner ist der Lohnsteuer-Jahresausgleich ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer während des Jahres teilweise rentenversicherungspflichtig und teilweise rentenversicherungsfrei beschäftigt war (Konkurrenz von allgemeiner Lohnsteuertabelle und bes. Lohnsteuertabelle). Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich hat außerdem stets zu unterbleiben bei Steuerausländern.

    IV. Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt (Antragsveranlagung, § 46 II Nr. 8 EStG) 

    Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch das Finanzamt, offiziell nur noch als "Antragsveranlagung" bezeichnet, entspricht der Abgabe einer ganz normalen Einkommensteuerjahreserklärung mit anschließendem Erhalt eines Einkommensteuerbescheides. Dabei werden die einbehaltenen Lohnsteuern auf die Jahreseinkommensteuerschuld angerechnet und evtl. Überschüsse werden dem Arbeitnehmer erstattet. Der Antrag wird einfach dadurch gestellt, dass der Arbeitnehmer nach dem Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abgibt; hierbei muss darauf geachtet werden, dass die Fristen für die Festsetzung der Einkommensteuer noch nicht abgelaufen sind. Frühere bes. Fristen für die Antragsveranlagung sind aufgehoben worden.

    V. Pfändung:

    Bei Pfändung des Lohnsteuer-Erstattungsanspruchs ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der sonst für die Lohnpfändung geltende Pfändungsschutz nicht anzuwenden, die Forderung ist ohne Beschränkung pfändbar.

    VI. Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer (Steuerausländer mit Lohneinkünften aus dem Inland):

    1. Grundregel: Bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern gilt als Grundregel, dass der Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber endgültig ist und die deutsche Einkommensteuerschuld für die betreffenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dadurch auf pauschale Weise erledigt ist (§ 50 II Satz 1 EStG 2009). Diese Regelung ist zwingend, und die betreffenden Lohneinkünfte würden auch selbst dann nicht mehr vom Finanzamt berücksichtigt werden, wenn der Betroffene aus anderen Gründen doch noch eine Steuererklärung in Deutschland abzugeben hätte; vielmehr würde er dann nur noch mit den Einkünften veranlagt, die noch nicht der Lohnsteuer unterlegen haben. Beispiel: Ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer, der in Deutschland Lohneinkünfte von 60.000 EUR erzielt hatte und außerdem auch noch Mieteinkünfte aus einer deutschen Immobilie in Höhe von 10.000 EUR hatte, muss wegen der Mieteinkünfte zwar noch eine deutsche ESt-Erklärung abgeben, es werden bei der Veranlagung jedoch die Lohneinkünfte nicht berücksichtigt, da deren Besteuerung durch den Lohnsteuerabzug bereits erledigt ist (§ 50 II Satz 1 EStG).

    2. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber ist bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern generell verboten.

    3. Ausnahmen, in denen eine Veranlagung mit den Lohneinkünften durch das Finanzamt dennoch möglich ist: Ein allgemeines Wahlrecht auf einen Lohnsteuer-Jahresausgleich bzw. eine Antragsveranlagung gibt es nicht, wenn der Steuerpflichtige nur beschränkt steuerpflichtig ist. Es bedarf daher in allen Fällen, in denen ein beschränkt Steuerpflichtige eine Veranlagung erreichen will, einer ausdrücklichen gesetzlichen Sonderregelung. Im Einzelnen gilt: (a) Die Abgabe einer Jahreseinkommensteuererklärung mit anschließender Veranlagung durch das Finanzamt ist zwingend, wenn (1)  zwar eine Arbeitstätigkeit im Inland ausgeübt wurde, es aber keinen Lohnsteuereinbehalt gegeben hat, weil die Tätigkeit nicht für einen inländischen Arbeitgeber ausgeführt wurde, oder
    (2) wenn der Betroffene im Kalenderjahr von der unbeschränkten Steuerpflicht zur beschränkten Steuerpflicht gewechselt hat oder umgekehrt (§ 2 VII EStG, § 50 II Nr. 3 EStG 2009), oder
    (3) beim Lohnsteuereinbehalt irrtümlich davon ausgegangen worden war, der Arbeitnehmer sei unbeschränkt steuerpflichtig; das gilt allerdings nur dann, wenn diese Annahme sich auf eine unbeschränkte Steuerpflicht nach den Sonderregeln der § 1 II, § 1 III oder § 1a EStG bezieht (§ 50 II Satz 2 Nr. 2 EStG) oder
    (4) das Finanzamt auf der dem beschränkt Steuerpflichtigen erteilten Bescheinigung für Lohnsteuerzwecke einen Freibetrag oder einen Hinzurechnungsbesteuerung oder ähnliche Eintragungen vorgenommen hat (§ 39d II EStG).

    (b) Die Einbeziehung der Lohneinkünfte in die Veranlagung eines beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmers ist außerdem dann möglich, wenn dieser ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des übrigen Europäischen Wirtschaftsraums (EWR; Island, Liechtenstein und Norwegen) ist und auch im Gebiet eines dieser Staaten wohnt, sofern er die Veranlagung beantragt (§ 50 II Nr. 4b EStG 2009); diese Regelung ist aus EG-rechtlichen Gründen zwingend, da der Steuergesetzgeber ansonsten gegen das Diskriminierungsverbot im EG-Vertrag und EWR-Vertrag verstoßen würde.

    4. Terminologisches: Bei einem Antrag eines beschränkt Steuerpflichtigen auf Veranlagung mit seinen Lohneinkünften ist es bisher allgemein eher unüblich, von "Lohnsteuer-Jahresausgleich" oder "Antragsveranlagung" zu sprechen.

    5. Zu unterscheiden von einem Antrag eines beschränkt Steuerpflichtigen auf Veranlagung mit seinen Lohneinkünften (z.B. nach § 50 I Nr.4b EStG 2009, s.oben) ist der Antrag eines beschränkt Steuerpflichtigen, als unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt zu werden, ein Antrag, der unter den Voraussetzungen der §§ 1 III, 1a EStG gestellt werden kann; denn dieser Antrag verändert den Status des Steuerpflichtigen grundlegend, sodass er gemäß den Regelungen für die unbeschränkte Steuerpflicht veranlagt wird, während die Berechnung der Jahreseinkommensteuerschuld in den vorgenannten Fällen (Antrag auf Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger) nach den Regeln für die beschränkte Steuerpflicht erfolgt. Die Bedeutung der Unterscheidung liegt darin, dass bei der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger die persönlichen Verhältnisse nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

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