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Umsatzbesteuerung
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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I. Charakteristik/Steuersystematik:
Grundlegende Besteuerungsweise, die auf der Einkommensverwendungsseite des Leistungskreislaufs einer Wirtschaft neben der Verbrauchsbesteuerung durchgeführt wird. Je nach der Breite in der Ausgestaltung erfasst die Umsatzbesteuerung alle Einkommensverwendungsakte, die Verbrauchsbesteuerung nur einige (partieller Dualismus). Die Umsatzbesteuerung erfasst den „Markteintritt” von Gütern und Leistungen, die Verbrauchsbesteuerung die „Marktentnahme” (Stobbe). Beide Besteuerungsweisen sollen den „Verbrauch” belasten, indem ihnen unterstellt wird, dass sie vollständig überwälzt werden können. Sie stehen zueinander im Verhältnis einer allgemeinen zu den Sonderverbrauchsteuern; für die fiskalische und die belastungspolitische Zielsetzung und Wirkung von Bedeutung.
Derzeitige Umsatzbesteuerung in der Bundesrepublik Deutschland: Umsatzsteuer.
II. Steuertatbestände des Markteintritts:
1. Binnenländischer Markteintritt: Wird von der Umsatzsteuer i.e.S. erfasst.
2. Importe: Soll die Steuerbelastung der importierten Güter und Leistungen der inländischen exakt angepasst werden, müssen Ausgleichssteuern als Ergänzungsteuern erhoben werden (Umsatzausgleichsteuer). Sind aus fiskalischen oder handels- und produktionswirtschaftlichen Gründen unterschiedliche Belastungen geplant, besteht die Möglichkeit, einen Zoll (z.B. Finanz- oder Schutzzoll) zu erheben; wird zumeist auf ausgewählte Güter erhoben und hat somit den Charakter einer Verbrauchsteuer.
III. Erhebungsformen:
1. Erhebungsstufen: Umsatzsteuern können auf allen (Allphasenumsatzsteuer), wenigen (Mehrphasenumsatzsteuer) oder einer (Einphasenumsatzsteuer) Tausch- oder Handelstufe(n) erhoben werden. Eine Allphasenumsatzsteuer ist einfach zu erheben, niedriger Steuersatz möglich; Einphasenumsatzsteuern erfordern für dasselbe Aufkommen einen entsprechend höheren Steuersatz.
2. Erfassungsbreite: Bruttoumsatzsteuer: Bemessungsgrundlage ist das auf jeder Tauschstufe gezahlte volle Entgelt, d.h. der kumulierte Umsatzwert (eigener Umsatz+Umsatz der Vorstufen); Nettoumsatzsteuer (Mehrwertsteuer): Bemessungsgrundlage ist der um die Vorumsätze verminderte Umsatz, d.h. die jeweilige Wertschöpfung der Handelsstufe.
Die Nettoumsatzsteuer bzw. Allphasen-Nettoumsatzsteuer wird seit 1968 in der Bundesrepublik Deutschland und in vielen Ländern der EU erhoben; sie geht davon aus, dass sich die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft nicht durch ständige Tauschakte, sondern v.a. durch die Wertschöpfung darstellt. Eine solche Steuer ließe sich auch einstufig (z.B. als Einzelhandelsteuer) erheben, brächte dann aber die Nachteile einer liquiditären Belastung nur der besteuerten Handelsstufe und die alleinige Belastung dieser Stufe mit dem Risiko der Nichtüberwälzung mit sich.
3. Erhebungs- oder Umsatzsteuertypen (nach Breite der Bemessungsgrundlage): a) Mehrwertsteuer vom Bruttonationaleinkommenstyp: Es werden die gesamten Unternehmensbruttoeinnahmen abzüglich der Ausgaben für den Kauf von Produkten aus den Vorstufen erfasst, liegt auf allen Konsum- und Investitionsgütern; umfassendster Typ.
b) Mehrwertsteuer vom Nettonationaleinkommenstyp: Die Bemessungsgrundlage wird um die Abschreibungen gekürzt.
c) Mehrwertsteuer vom Konsumtyp: Neben Abschreibungen werden Investitionsausgaben abgezogen, d.h. es verbleibt als Bemessungsgrundlage der Wert der produzierten Konsumgüter; erfordert gegenüber den anderen Typen einen höheren Steuersatz. Typ der seit 1968 in der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Mehrwertsteuer.
IV. Berechnungsmodus:
Die Steuer lässt sich durch Besteuerung des um die Vorumsätze verminderten Umsatzes einer Unternehmung (Mehrwertsteuer mit Vorumsatzabzug) oder durch Kürzung der auf den Gesamtumsatz erhobenen Steuer um die an den Vorlieferanten gezahlte Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug) berechnen. Letztere liegt der in der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Mehrwertsteuer zugrunde. Beide Modalitäten sind subtraktive Verfahren; sie sind praktikabler als die Berechnung des Mehrwerts nach dem additiven Verfahren.
V. Ziele/Wirkungen:
1. Fiskalische Sicht: Der steuerliche Dualismus einer zweimaligen Erfassung des Einkommensverwendungsstromes sowie einer Erfassung der Einkommensverwendung neben der Einkommensentstehung hat Vorteile, da ein mehrmaliger Steuerzugriff an verschiedenen Steuerquellen mit niedrigeren Steuersätzen auskommt; in Anbetracht von Steuerwiderständen bei unverkürztem Aufkommen steuerpsychologisch geschickt. Durch die Umsatzbesteuerung werden auch jene leistungsfähigen Bürger zur Steuer herangezogen, die der Einkommensbesteuerung entgehen konnten.
2. Verteilungspolitische Sicht: Die Umsatzbesteuerung ist eine objektive Besteuerungsweise, persönliche Verhältnisse werden nicht bedacht; entsprechend können sich Konflikte mit dem Verteilungsziel ergeben, v.a. wenn zusätzlich Einzelverbrauchsteuern erhoben werden. Der Konflikt lässt sich durch verminderte Steuersätze für solche Güter, die im Budget der einkommensschwachen Gruppen einen hohen Anteil einnehmen (etwa für Nahrungsmittel), entschärfen; widerspricht jedoch dem objektiven Charakter der Umsatzbesteuerung.
Eine Allphasenumsatzsteuer beteiligt jeden Unternehmer an der Steuerzahllast, bei Nichtüberwälzung aber auch an der Traglast; sie beteiligt alle an der Liquiditätsbelastung durch Steuern. Einphasenumsatzsteuern lasten dies nur den Unternehmern dieser einen Besteuerungsstufe an, bürden nur ihnen das Risiko einer Nichtüberwälzung auf; Steuerwiderstände sind wahrscheinlich, da Steuersatz höher als bei Allphasenumsatzsteuern.
3. Bruttoumsatzsteuern, v.a. Allphasen-Bruttoumsatzsteuern führen zur Kumulativwirkung und zur Kaskadenwirkung (beide Wirkungen treten zusammen auf), mit ihren allokativen Nachteilen der Unternehmenskonzentration und Wettbewerbsbeeinträchtigung.
4. Die Umsatzsteuer vom „Konsumtyp” kann, weil sie gegenüber den anderen Typen eine relativ schmale Bemessungsgrundlage aufweist und demzufolge bei Aufkommensneutralität einen höheren Steuersatz erfordert, verteilungspolitischen Zielen zuwiderlaufen oder nachteilige (regressive) Verteilungswirkungen haben. Der allokative Vorteil jedoch liegt in der steuerlichen Schonung der Investitionsgüter mit ihren Produktions- und Wachstumseffekten.
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