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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    I. Begriff:

    Uneinheitliche Verwendung des Begriffes W. und Abgrenzung zu Wirtschaftsordnung in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur.

    Definitionen: 1. Nach Sombart (historische Schule): Wirtschaftsweise einer Gesellschaft, determiniert durch Wirtschaftsgesinnung (Zwecksetzung und Verhalten der Wirtschaftssubjekte), Ordnung und Organisation des Wirtschaftslebens (Rechts-, Sitten- und Konventionalordnung) und realisierte Produktionstechnologien.

    2. Nach Eucken (Ordoliberalismus): Idealtypische Art und Weise der Lenkung des Wirtschaftens. Klassifikationskriterium ist für ihn, ob die Planung des Wirtschaftsgeschehens dezentral von den einzelnen privaten und öffentlichen Haushalten (Verkehrswirtschaft) oder von einer Zentralinstanz (Zentralverwaltungswirtschaft) durchgeführt wird. Zusammen mit den Marktformen (vollständige Konkurrenz, Teiloligopol, Oligopol, Teilmonopol, Monopol), den Formen der Geldentstehung (Warengeld, Kreditgeld) und den Hauptformen der Geldwirtschaft determiniert das W. (Form der Planung) die (marktwirtschaftliche) Wirtschaftsordnung.

    Wirtschaftsordnung ist definiert als die Gesamtheit der jeweils realisierten Formen, in denen Haushalte und Unternehmen miteinander verbunden sind. Sie setzt sich aus verschiedenen Teilordnungen zusammen: Ordnung der Landwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft, des Verkehrswesens, der Arbeitsverhältnisse und des Geldwesens. Spätere Begriffserweiterung um die sittlichen und rechtlichen Determinanten des Wirtschaftsgeschehens (Hensel).

    3. Im Rahmen des heute vorherrschenden systemtheoretischen Ansatzes der Sozialwissenschaften bildet das W. den analytischen Oberbegriff. Unter einem System werden eine Menge von Elementen, die in einem System- und Sinnzusammenhang stehen, die zwischen ihnen bestehenden Interdependenzen und die hieraus folgenden Abläufe verstanden (Systemtheorie). Das W. ist ein Teil des Gesellschaftssystems. Als Mindestklassifikation wird zwischen wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Teilsystem unterschieden.

    Die Menschen, Grundelemente eines jeden Gesellschaftssystems, werden je nach Handlungszweck ihrer Aktivitäten den einzelnen Teilsystemen zugeordnet; sie sind gleichzeitig Element aller drei Teilsysteme und diese gegenüber ihrer Umwelt jeweils offen, so dass Interdependenzen zwischen diesen einzelnen gesellschaftlichen Teilstrukturen bestehen. Handlungszweck des W. ist die Produktion von Gütern und Diensten. Die von den Menschen in ihrer Eigenschaft als Produzenten und/oder Konsumenten durchgeführten Aktivitäten formen den Wirtschaftsprozess; dieser wird bestimmt durch
    (1) die Wirtschaftsordnung, die die realisierte Form theoretisch möglicher Systemregelungen repräsentiert. Sie setzt sich zusammen aus der rechtlich fixierten Wirtschaftsverfassung und der gewachsenen kulturellen und sittlich-moralischen Ordnung;
    (2) die Wirtschaftsfaktoren, die vorhandene Ressourcen, Humankapital und daneben wirtschaftsrelevante Daten (Klima, Größe eines Landes u.a.) umfassen.

    II. Systemanalyse:

    Ziel ist die Ableitung der relevanten Systemstrukturen bzw. der Bestandteile des W., die Bestimmung der möglichen Ausprägungen dieser Strukturen bzw. Bestandteile und die Ermittlung der Interdependenzen zwischen ihnen sowie ihres Einflusses auf den Wirtschaftsprozess.

    Ansätze: 1. Morphologischer Ansatz (von Eucken begründet): Die einzelnen Bestandteile der jedes W. determinierenden Rahmenordnung werden ermittelt. Diese als Hauptformen genannten Teilordnungen (Ordnung der Planung, des Eigentums, der Märkte, des Wettbewerbs etc.) können in unterschiedlichen Ausprägungen (Elementarformen) realisiert werden. Jedes W. lässt sich so als Kombination unterschiedlicher Elementarformen klassifizieren; hinzu treten die rechtlichen und sittlich-moralischen Rahmenbedingungen.

    Weitere Erkenntnisse können gewonnen werden: Welche theoretisch möglichen unterschiedlichen Elementarformen miteinander vereinbar bzw. unvereinbar sind; Folgerungen über die Rationalität und Effizienz realisierter W. und die Systemkonformität wirtschaftspolitischer Maßnahmen ausgehend von der Annahme, dass der Form der Planung (zentral oder dezentral) die wesentliche Bedeutung zukommt und sie die systemspezifische Festlegung der übrigen Elementarformen und deren Kombinationsmöglichkeiten determiniert.

    2. Entscheidungstheoretischer Ansatz (von Neuberger und Duffy begründet): Eine Reihe von Grundproblemen, die in jedem W. gelöst werden müssen, werden abgeleitet. Jedem dieser Aufgabenbereiche entspricht eine Teilstruktur des W. Zu bestimmen sind:
    (1) Entscheidungsstruktur: Wie wird die Macht, wirtschaftlich relevante Entscheidungen treffen zu können, auf die Gesellschaftsmitglieder verteilt;
    (2) Informationsstruktur: Wie werden die wirtschaftlich relevanten Informationen gesammelt, gespeichert, bearbeitet und übermittelt;
    (3) Motivationsstruktur: Wie werden die Menschen zu Aktivitäten, die die gesamtwirtschaftliche Knappheitsminderung ermöglichen, motiviert;
    (4) Koordinationsstruktur: Abstimmung der einzelnen Aktivitäten;
    (5) Kontrollstruktur: Sicherstellung, dass die tatsächlichen Handlungen den ökonomischen Anforderungen entsprechen.

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