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Arbeitskräftemobilität
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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1. Begriff: potenzielle und faktische Beweglichkeit der Arbeitskräfte.
2. Der Grad der Arbeitskräftemobilität beeinflusst die allokative Effizienz der Arbeitsmärkte, bes. das Ausmaß der strukturellen Arbeitslosigkeit. Das zentrale Motiv aus Arbeitnehmersicht besteht in der Verbesserung ihrer (Einkommens-)Chancen auf dem Arbeitsmarkt; Mobilität verursacht nicht nur finanzielle sondern auch soziale Kosten (u.a. Familie, Freundeskreis). In sozialwissenschaftlicher Perspektive hängt sie wesentlich von den rechtlich-institutionellen Bedingungen ab, die von entscheidender Bedeutung für die tatsächliche Mobilität sind.
3. Inner- und zwischenbetriebliche Mobilität: Innerbetriebliche Mobilität im Sinne vertikaler Mobilität erfolgt traditionell v.a. über Aufstiegsleitern bzw. -ketten, die den Wettbewerbsbedingungen des externen Marktes weitgehend entzogen sind, und beginnt an bestimmten Einstiegsstellen (Ports of Entry); sie steigt (fällt) mit expandierenden (schrumpfenden) betrieblichen Arbeitsmärkten. Weiterbildungsmaßnahmen bzw. der Erwerb betriebsspezifischen Humankapitals sind zentrale Instrumente der individuellen Anpassung bzw. der Etablierung und Stabilisierung innerbetrieblicher Arbeitsmärkte. Zwischenbetriebliche Mobilität im Sinne horizontaler Mobilität erfordert eine breite, überbetrieblich orientierte Ausbildung bzw. Qualifikation, die durch das deutsche System der „dualen“ beruflichen Bildung mit allgemein-überbetrieblichen und spezifisch-betrieblichen Anteilen erleichtert wird (Arbeitsmarkttheorien). Die Fluktuationsraten der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind - bei deutlichen sektoralen Unterschieden - im Zeitverlauf erstaunlich konstant geblieben. Neben langfristig stabilen Beschäftigungsverhältnissen bestehen in zunehmendem Maße instabile, u.a. in Form atypischer Beschäftigung.
4. Regionale Mobilität findet traditionell v.a. statt aus wirtschaftlich schwächeren Regionen (z.B. Ostfriesland) in prosperierende, wirtschaftsstarke Regionen (z.B. Bayerns oder Baden-Württembergs). Nach der dt. Vereinigung kam es zu anhaltenden Wanderungsströme insbesondere zwischen alten und neuen Bundesländern; sie führten v.a. in den 1990er-Jahren zu einer spürbaren Nettoabwanderung von Arbeitskräften aus dem Osten, wobei deutliche Spannweiten zwischen den Bundesländern bestanden. Mobil sind v.a. jüngere Arbeitnehmer, wobei sämtliche Qualifikationsstufen betroffen sind (Unqualifizierte, Facharbeiter, Hochschulabsolventen). Infolge der eintretenden Verluste an Humankapital können regionale Disparitäten verstärkt sowie regionale Wachstums- und damit Entwicklungschancen eingeschränkt werden.
5. Grenzüberschreitende Mobilität: Die Abschaffung aller formalrechtlichen Mobilitätshemmnisse, d.h. die Einführung der vollständigen und ungehinderten Freizügigkeit als einer der Grundfreiheiten des gemeinsamen Marktes, erfolgte in den frühen 1990er-Jahren (Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit). Dennoch arbeiten weniger als zwei Prozent der Bevölkerung der EU-Mitgliedsstaaten in einem anderen als ihrem Herkunftsland. Als Erklärungen anzuführen sind neben der Verfassung der nationalen Arbeitsmärkte, die z.T. durch hohe Arbeitslosenquoten auch in den potenziellen Aufnahmeländern gekennzeichnet sind, v.a. sprachliche und kulturelle Unterschiede. Das Prinzip der vollständigen Freizügigkeit gilt nach Ablauf der insgesamt siebenjährigen Übergangsfristen im Jahr 2011 auch für Arbeitnehmer aus den acht, 2004 der EU beigetretenen mittel- und osteuropäischen Ländern (Bulgarien und Rumänien ab 2014, Kroatien ab 2015). In der ersten Phase blieb die Migration deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen bzw. v.a. in Deutschland und Österreich geäußerten Befürchtungen zurück. Kontrovers diskutiert wird die Frage des Anspruchs auf Sozialleistungen. Die Quote grenzüberschreitender Mobilität, die wesentlich niedriger ist als etwa die zwischen den Bundesstaaten der USA, hat sich zwischen den alten EU-Mitgliedsländern im Zeitverlauf nur unwesentlich verändert; höher ist sie in grenznahen Regionen (durch Grenzgänger und Pendler). Folglich kann trotz des Abbaus sämtlicher rechtlicher Mobilitätsschranken von einer „Europäisierung" der nationalen Arbeitsmärkte nach wie vor nicht die Rede sein. Nach Einführung der Personenfreizügigkeit mit den EU-Mitgliedsstaaten sind die Migrationsströme in die Schweiz den besseren Verdienstaussichten und der niedrigeren Arbeitslosenquote zuzuschreiben.
6. Schließlich ist ein Unterschied des rechtlichen Rahmens zu beachten: Zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz gilt das Grundrecht der Freizügigkeit. Für Drittstaaten gilt diese Regelung nicht, sondern das restriktivere Aufenthaltsgesetz, welches bes. Regeln für bestimmte Gruppen hoch qualifizierter Arbeitnehmer formuliert.
7. Insgesamt blieb der Anteil der Ausländer an allen Beschäftigten bislang in den europäischen Ländern relativ niedrig. Dies könnte sich mit den aktuellen Flüchtlingswellen aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten jedoch ändern. Der EU-weite Verteilschlüssel stößt bereits heute auf Widerstand bei verschiedenen Mitgliedsstaaten. Eine Ausnahme in Bezug auf den Ausländeranteil bildet die Schweiz, die nicht erst seit dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU zu einem typischen Einwanderungsland wurde. Die Annahme der eidgenössischen Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" (Masseneinwanderungsinitiative) durch das Schweizer Stimmvolk im Jahr 2014 signalisiert auch hier einen gestiegenen Widerstand.
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