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Aufsichtsratsteuer
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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1. Begriff: eine Erhebungsform der Einkommensteuer in Form einer Quellensteuer (Steuerabzug) auf Aufsichtsratsvergütungen an beschränkt steuerpflichtige Aufsichtsratsmitglieder oder beschränkt steuerpflichtige Mitglieder gleichartiger Überwachungsgremien inländischer Kapitalgesellschaften (§ 50a I Nr.4 EStG).
2. Bedeutung in der Praxis: Die praktische Bedeutung steigt an, weil mit zunehmender internationaler Verflechtung auch häufiger im Ausland wohnende Vertreter ausländischer Muttergesellschaften in den Aufsichtsrat inländischer Unternehmen entsandt werden.
3. Betroffene Gremien, betroffene Unternehmen: Da der Anfall der Steuer nicht von der bloßen Bezeichnung des betroffenen Gremiums abhängen kann, fällt die Steuer auch an, wenn es sich um einen Beirat oder eine ähnliche Einrichtung handelt; Voraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass es sich um ein Gremium handelt, dass nicht selbst die Geschäftsführung innehat, sondern die Geschäftsführung überwacht (also nicht lediglich unverbindlich berät). Weitere Voraussetzung ist, dass das Gremium für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft (also keine Personengesellschaft) tätig ist.
4. Steuerschuldner: Die Aufsichtsratsteuer ist formal eine Steuer, die das einzelne Aufsichtsratsmitglied zu tragen hat. Die Verpflichtung, die Steuer anzumelden und an die Finanzverwaltung abzuführen, trifft jedoch das inländische Unternehmen, für das das Aufsichtsratsmitglied tätig ist; die Unternehmen müssen also bei der Auszahlung einer Aufsichtsratsvergütung an ein beschränkt steuerpflichtiges Aufsichtsratmitglied die zivilrechtlich geschuldete Zahlung aufteilen in einen Steueranteil, der an die Finanzverwaltung zu überweisen ist (Modalitäten geregelt in EStDV zu § 50a EStG), und einen Restnettobetrag, der dem Aufsichtsrat auszuzahlen ist. Sofern der Steueranteil vom Unternehmen ordnungsgemäß einbehalten worden ist, kann der Aufsichtsrat selbst nicht mehr in Anspruch genommen werden (Gegenschluss aus § 50a V Satz 5 EStG); ist der Einbehalt der Aufsichtsratsteuer dagegen unterblieben, haftet das Unternehmen der Finanzverwaltung für den Betrag der Steuer.
5. Berechnung der Steuer: a) Steuersatz: Der Steuersatz der Aufsichtsratsteuer beläuft sich auf 30 Prozent (§ 50 a II Satz 1 EStG).
b) Berechnungsgrundlage: aa) Regelfall: Berechnet wird die Steuer, anders als sonst im System der ESt üblich, nicht von einer Nettogröße "Einkünfte" (das wäre Einnahmen minus zugehörige Ausgaben), sondern von dem auszuzahlenden Betrag (das sind also lediglich die Einnahmen). Insoweit ist die Berechnungsgrundlage für die Aufsichtsratsteuer ungünstiger ausgestaltet als sonst im System der ESt üblich; das erklärt zugleich auch, warum der Steuersatz erheblich unter dem sonst für Spitzenverdiener üblichen Satz der ESt (45 Prozent) liegt. Die Berechnung der Steuer nach der Höhe des auszuzahlenden Betrages ist jedoch aus praktischen Gründen sinnvoll, da sonst nicht nur die Aufsichtsratsmitglieder dem Unternehmen ihre persönlichen Betriebsausgaben offenlegen müssten, sondern das Unternehmen gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied auch Stellung dazu nehmen müsste, inwieweit ein Abzug der betreffenden Ausgabenposition steuerlich tatsächlich möglich ist.
bb) Kostenübernahme: Übernimmt das Unternehmen Ausgaben für das Aufsichtsratsmitglied, sind diese Ausgaben grundsätzlich ebenfalls als Einnahmen des Aufsichtsratsmitgliedes anzusehen (weil geldwerte Vorteile, § 8 I EStG), sodass hierfür dann ebenfalls die Aufsichtsratsteuer abzuführen ist. Eine Ausnahme ist lediglich gegeben, wenn Reisekosten übernommen oder ersetzt worden sind: In diesem Fall darf der Einbehalt der Aufsichtsratsteuer unterbleiben. Dies gilt jedoch nur für tatsächlich nachweisbar angefallene Kosten, Pauschalbeträge dürfen also nicht nach dieser Regelung behandelt werden. Ab dem Veranlagzungszeitraum 2009 dürfen Reisekosten in Höhe der für Verpflegungsmehraufwand üblichen Pauschbeträge ausgezahlt werden, ohne dass dies eine Steuer auslöst (§ 50a II Satz 2 EStG).
cc) Sonderregelung für Personen aus der EU: Staatsangehörige eines Staates der EU oder des übrigen EWR dürfen wegen einer Sonderregelung ihre Betriebsausgaben dem Unternehmen mitteilen. Die Differenz von Auszahlungsbetrag und nachweisbaren Kosten des Aufsichtsrates dient der Berechnungsgrundlage für die Steuer (§ 50a III Satz 1, 2 EStG).
6. Abgeltungswirkung der Steuer: a) Regelfall: Mit der Einbehaltung und Abführung der Aufsichtsratsteuer sind die einkommensteuerlichen Verpflichtungen des betroffenen Aufsichtsrates aus diesem Geschäftsvorfall gegenüber dem dt. Staat in pauschaler Form erledigt; eine Steuererklärung ist also hierfür nicht mehr zu erstellen (§ 50 II Satz 1 EStG).
b) Sonderregelung: Lediglich Staatsangehörige von EU und übrigem EWR, die auch dort wohnen, haben die Möglichkeit, die Aufsichtsratsbezüge trotz der Abgeltungswirkung der Aufsichtsratsteuer in die Einkommensteuerveranlagung in Deutschland mieinzubeziehen (Wahlrecht, § 50 II Nr. 5 EStG). In diesem Fall gilt die Aufsichtsratsteuer als Vorauszahlung auf die Jahressteuerschuld. Ein Überschuss hieraus wird erstattet.
7. Ansprüche auf Senkung der Steuer nach Doppelbesteuerungsabkommen: Weist das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland ein Recht auf Besteuerung bezogen auf die Aufsichtsratsvergütungen zu, erfolgt dies in der Regel ohne betragsmäßige Obergrenze (vgl. Art. 16 OECD-Musterabkommen). Damit wird ausgeschlossen, dass ein ausländischer Aufsichtsrat sich unter Berufung auf ein solches DBA Teile der Steuer erstatten lassen könnte.
8. Verhältnis zu anderen Steuerarten: a) Solidaritätszuschlag: Auf die Aufsichtsratsteuer wird zusätzlich der Solidaritätszuschlag erhoben (5,5 Prozent der Einkommensteuer, also 1,65 Prozent der Vergütung).
b) Umsatzsteuer: Die Umsatzsteuer auf eine Aufsichtsratsvergütung einer Person, die nicht im Inland ansässig ist, ist nach § 13b UStG im Regelfall von dem inländischen Unternehmen (Leistungsempfänger) geschuldet. Da es für den ausländischen Aufsichtsrat keinen geldwerten Vorteil bedeuten kann, wenn das inländische Unternehmen USt-Schulden begleicht, die gar nicht Schulden dieses Aufsichtsrats darstellen, stellt die USt also in diesen Fällen keine Einnahme des Aufsichtsratsmitglieds dar und erhöht folglich die Berechnunsgrundlage der Aufsichtsratsteuer nicht.
c) Körperschaftsteuer: Die Behandlung von 50 Prozent der Aufsichtsratsvergütungen als nicht-abziehbare Betriebsausgabe (§ 10 Nr. 4 KStG) ist etwas Anderes als die Aufsichtsratsteuer; jedoch liegt beiden Regelung dasselbe Verständnis des Begriffs "Aufsichtsratsvergütung" zugrunde, sodass die Erläuterungen des BMF in den KStR zu § 10 KStG als Auslegungshilfe auch für die Regelungen über die Aufsichtsratsteuer benutzt werden können.
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