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Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung
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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
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1. Begriff: Die lange Zeit in der Verteilungstheorie vorherrschende Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung (genauer: Neoklassische Produktions- und Verteilungstheorie) beschreibt wichtige Zusammenhänge zwischen der Produktions- und Preisbestimmung einerseits und der Einkommensverteilung andererseits.
2. Mikroökonomische Version: a) Annahmen: Die mikroökonomische Version der Grenzproduktivitätstheorie geht von einem Partialmodell aus: Güter- und Faktorpreise werden zunächst als fix angenommen. Gefragt wird dann nach dem Faktornachfrageverhalten einer Unternehmung bei vollkommener Konkurrenz unter der Gewinnmaximierungshypothese.
b) Modellbeschreibung: Sind xi = Produktionsmenge einer Einproduktunternehmung i, pi = Produktpreis, vji = Faktoreinsatzmengen und rj = Faktorpreise, wobei i = 1, ..., n und j = 1, ..., m, dann gilt die Gewinndefinition:
.
Der Gewinn wird nun unter der Nebenbedingung einer Produktionsfunktion xi = xi (v1i, v2i, ..., vmi) maximiert. Man erhält die Grenzproduktivitätsregeln:
,
die zusammen mit der Produktionsfunktion n · m Faktoreinsatzmengen und n Gütermengen bestimmen, wenn alle Güter- und Faktorpreise gegeben sind. Damit ist auch das Faktoreinkommen des Faktors j in der Unternehmung i und das gesamte Einkommen aller Faktoren dieser Unternehmung bestimmt. Nimmt man zusätzlich an, dass die Produktionsfunktion homogen vom ersten Grade, also linear-homogen ist, dann wird der gesamte Erlös der Unternehmung auf die Produktionsfaktoren aufgeteilt (Ausschöpfungstheorem). Summiert man über alle i Unternehmen und unterstellt, dass alle im Partialmodell angenommenen Preise gerade die gleichgewichtigen des Totalmodells bei Vollbeschäftigung sind, dann sind auch die Anteile der einzelnen Faktoren am Volkseinkommen bestimmt. Dabei ist unter den getroffenen Annahmen die Lohnquote in allen i Unternehmen gleich der Produktionselastizität der Arbeit:
,
wobei Wi = Lohnsumme, Xi = Nominaleinkommen, li = Einsatzmenge des Faktors Arbeit. Diese Lohnquote scheint zumindest unter der Annahme gegebener Preise nur noch von den technischen Bedingungen der Produktion abzuhängen. Diese Aussage ist nur sehr eingeschränkt für den Gleichgewichtsfall gültig.
3. Makroökonomische Version: Wird die mikroökonomische Analyse auf die makroökonomische Ebene übertragen, spricht man von der aggregierten Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung. Dazu nimmt man eine gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion an, die stetig differenzierbar ist: Yr = Yr(L, K), wobei: Yr = reales Volkseinkommen, L = Arbeitsmenge, K = Realkapitalmenge, und maximiert analog zur mikorökonomischen Version für gegebene Faktor- und Güterpreise (P = Preisniveau, w = Lohnsatz und i = Kapitalzins) den volkswirtschaftlichen Gewinn. Für die Lohnquote () folgt:
.
Nimmt man außerhalb des üblichen neoklassischen Rahmens an, dass der Kapitalstock in der kurzen Frist konstant ist und Arbeitslosigkeit herrscht, wird die Höhe der Lohnquote auch von der Höhe der Beschäftigung beeinflusst. Die Höhe der Lohnquote hängt in diesem Fall nicht nur von der Produktionstechnik ab, sondern von allen die Beschäftigung bestimmenden Faktoren. In der neoklassichen Theorie wird die gleichgewichtige Beschäftigung im Wesentlichen auf dem Arbeitsmarkt bestimmt. Insofern spielen die Arbeitsmarktverhältnisse auch bei der Festlegung der Verteilung eine entscheidende Rolle. Nach Keynesscher Lehre wird die Beschäftigung dagegen letztlich auf dem Gütermarkt bestimmt. Insofern sind die Gütermarktverhältnisse auch für die Höhe der Verteilung entscheidend.
Wie die sog. Kapitaltheoretische Kontroverse über die logische Konsistenz zentraler Bausteine der neoklassischen Kapital-, Produktions- und Verteilungstheorie gezeigt hat, kann die makroökonomische Version der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung nur unter sehr speziellen Voraussetzungen Gültigkeit beanspruchen (Ein-Gut-Ökonomie). Kritisiert wurde, dass aus partialanalytischen (mikroökonomischen) Überlegungen abgeleitete Beziehungen auf aggregierte Größen der Makroökonomie übertragen werden. Die Annahme der Existenz einer gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion und die Vorgabe einer definierten „Menge an Kapital“, die unabhängig von den Preisen der verschiedenen Kapitalgüter und damit der Profitrate bestimmt werden könnte, ist aus logischen Gründen unhaltbar. Obwohl sich gezeigt hat, dass das theoretische Fundament der makroökonomischen Version der Grenzproduktivitätstheorie auf einem Zirkelschluss basiert, wird diese nach wie vor auch für verteilungs- und beschäftigungspolitische Empfehlungen verwendet.
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