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potenzieller Wettbewerb
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1. Begriff: Der potenzielle Wettbewerb stellt darauf ab, dass das wettbewerbliche Verhalten von Unternehmen nicht nur durch die Existenz tatsächlicher Konkurrenten auf dem relevanten Markt beeinflusst wird, sondern auch durch einen möglichen Markteintritt potenzieller Konkurrenten. Ein solcher Markteintritt kann erfolgen durch: räumliche Erweiterung (Market Extension); produktmäßige Erweiterung (Product Extension) durch etablierte Unternehmen in Form externer bzw. interner Diversifikation in einen anderen Markt oder Neugründung eines Unternehmens.
Von Neugründungen dürfte dabei der geringste Wettbewerbsdruck auf etablierte Unternehmen ausgehen. Der Markteintritt potenzieller Konkurrenten hängt von deren Gewinnerwartungen nach erfolgtem Marktzutritt ab, die bes. von der Höhe der Marktschranken bestimmt werden.
2. Marktaustritts- (MAS) und Marktzutrittsschranken (MZS): a) MZS stellen aus der Sicht der potenziellen Konkurrenten (von den etablierten Unternehmen bereits investierte) Kosten dar, die ihre Gewinnerwartungen im Hinblick auf einen möglichen Marktzutritt schmälern (Chicago School; Stigler).
b) Unterscheidung: MZS können als eine extern vorgegebene Größe oder als verhaltensbedingte Komponente gesehen werden; dementsprechend unterscheidet man strukturelle und strategische MZS. Darüber hinaus muss unterschieden werden, ob die strukturellen oder strategischen Marktschranken privat oder vom Staat veranlasst worden sind.
(1) Bei den privaten MZS kann zwischen strukturellen und strategischen Schranken unterschieden werden: (a) Bain unterscheidet drei strukturelle MZS: Produktdifferenzierungsvorteile (Product Differentiation Advantages of Established over Potential Entrant Firms), Betriebsgrößenvorteile (Economies of Scale Production) und absolute Kostenvorteile (Absolute Cost Advantages of Established over Potential Entrant Firms).
Auch einzelne Marktphasen können strukturelle Marktzutrittsschranken darstellen. Die Aufnahmefähigkeit des Marktes ist in der Experimentier- und Expansionsphase höher als in der Ausreifungs- und Stagnationsphase.
–(b) Strategische MZS können nach der Art der eingesetzten Aktionsparameter unterschieden werden: Unternehmen, die eine Limitpreisstrategie betreiben, setzen den Preis so niedrig, dass es sich für den Newcomer nicht lohnt, in den Markt einzutreten; mithilfe einer Überkapazitätsstrategie können etablierte Unternehmen zusätzliche Nachfrage schneller und möglicherweise kostengünstiger befriedigen als Newcomer, die dadurch vom Marktzutritt abgehalten werden; durch eine Produktdifferenzierungsstrategie kann potenziellen Konkurrenten der Marktzutritt dadurch erschwert werden, dass die etablierten Unternehmen möglichst viele Produktvarianten anbieten und damit die Marktchancen für neue Produktvarianten einschränken (Schließen der Marktnischen); durch vertikale Bindungen kann potenziellen Konkurrenten der Zugang zu Zuliefer- oder Absatzmärkten erschwert werden.
Potenzielle Konkurrenten können schließlich durch MAS (Barriers to Exit) vom Marktzutritt abgehalten werden.
(c) Strukturelle MAS bestehen dann für ein nach Gewinnmaximierung strebendes Unternehmen, wenn sich die für einen speziellen Markt benötigten Kapitalgüter im Produktionsprozess nicht amortisieren und wenn der Liquidationserlös bzw. der Alternativertrag (Opportunitätskosten) der Kapitalgüter bei Marktaustritt zu einem Wert führen würde, der geringer ist als die beim Marktzutritt zugrunde gelegten Kosten der in dieser bestimmten Verwendung gebundenen Ressourcen (sog. Sunk Costs). Sunk Costs wirken insofern als MZS, als sie Kosten darstellen, die zwar ein Newcomer beim Markteintritt zu beachten hat, nicht aber das etablierte Unternehmen, welches diese Ausgaben bereits in der Vergangenheit unwiederbringlich getätigt hat (Irreversibilität der Kosten).
(d) Strategische MAS können für ein etabliertes Unternehmen auch darin bestehen, dass es z.B. aus Gründen der Imagepflege, der Vermarktungsmöglichkeiten oder des Zugangs zu den Finanzmärkten dem Verbleib im Markt eine höhere strategische Bedeutung zumisst als der Profitrate, die es in diesem Markt erzielt. Die Kenntnis dieser Austrittsbarrieren kann potenzielle Konkurrenten trotz niedrigerer struktureller und strategischer MZS vom Markt fernhalten.
–(2) Neben den Markteintritts- bzw. Marktaustrittsschranken, die direkt aus den Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte resultieren, gibt es auch Marktschranken, die ihre Ursache in den vom Staat gesetzten rechtlichen Rahmenbedingungen des Wirtschaftens bzw. in konkreten Maßnahmen staatlicher Wirtschaftspolitik haben.
(a) Staatliche Marktschranken struktureller Art sind z.B. das Patentrecht oder in Hinblick auf den Marktaustritt Vorschriften über Sozialpläne für die Beschäftigten eines Unternehmens im Insolvenzfall.
(b) Staatliche Marktschranken strategischer Art sind z.B. die Regulierung des Marktzutritts im Verkehrswesen oder eine Moral Suasion-Politik im Fall drohender Entlassungen von Arbeitnehmern (bei Großunternehmen mit einer hohen Zahl an Arbeitsplätzen).
Die verschiedenen Formen der privaten und staatlichen Marktzutritts- bzw. Marktaustrittsschranken lassen sich systematisch darstellen (vgl. Abbildung „Potenzieller Wettbewerb - Synopsis der verschiedenen Marktschranken”).
(3) Die Bedeutung des potenziellen Wettbewerbs wird in dem von Baumol, Panzar und Willig entwickelten Konzept der Contestable Markets hervorgehoben. Danach zwingt die potenzielle Konkurrenz die etablierten Unternehmen zu einem Marktverhalten, das unabhängig von der Marktstruktur Pareto-optimale Marktergebnisse erwarten lässt. Dies setzt allerdings voraus, dass Marktzutritt und Marktaustritt frei und damit kostenlos sind und dass die Nachfrager auf einen Markteintritt schneller reagieren als die etablierten Unternehmen mit Abwehrstrategien. Diese Annahmen ermöglichen es potenziellen Konkurrenten, die über profitable Preisunterbietungsmöglichkeiten verfügen, jederzeit auf den Markt zu drängen und kurzfristig hohe Gewinne zu erzielen, um dann nach erfolgter Reaktion der etablierten Unternehmen den Markt wieder kostenlos zu verlassen (Hit-and-Run-Strategie).
Die Contestability von Märkten hängt allerdings entscheidend von dem Fehlen von Marktzutritts- und Marktaustrittsschranken ab, weshalb Shepherd das Konzept der Contestable Markets als ein bloßes „Gedankenexperiment” charakterisiert hat. Das Konzept ist von der Chicago School of Antitrust Analysis dazu benutzt worden, um die Konzentration als in erster Linie produktiv und nur in Ausnahmefällen wettbewerbsbeschränkend zu charakterisieren, da auch bei Fehlen von tatsächlichen Wettbewerbern infolge eines völlig freien Marktzu- und Marktaustritts ausreichender potenzieller Wettbewerbsdruck herrsche.
Vgl. auch Wettbewerbstheorie.
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