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Revision von Unternehmensstrafrecht vom 07.08.2018 - 10:16

Unternehmensstrafrecht

Definition: Was ist "Unternehmensstrafrecht"?

Die Einführung eines allgemeinen Unternehmensstrafrechts in Deutschland, auch Verbandsstrafrecht genannt, war und ist immer wieder Gegenstand von Reformüberlegungen. Die Straffähigkeit juristischer Personen wurde in Deutschland schon Mitte der 1950er Jahre kontrovers diskutiert. Es geht darum, auch das deutsche Strafrecht auf Unternehmen selbst auszudehnen. In etlichen ausländischen Rechtsordnungen ist das so vorgesehen, es können dort Unternehmen sanktioniert werden. Bereits im Jahr 2013 gab es für Deutschland einen diesbezüglichen Gesetzentwurf des Landes NRW. Die im Frühjahr 2018 amtierende  Bundesregierung hat sich das ebenfalls auf die Fahne geschrieben. Laut Koalitionsvertrag vom 14.3.2018 soll „Wirtschaftskriminalität grundsätzlich auch die von Fehlverhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitierenden Unternehmen stärker sanktioniert werden“. Auch Unternehmen selbst sollen demnach "bestraft" (in der Terminologie heißt es insoweit meistens sanktioniert) werden können. Es geht u.a. darum, scheinbar nicht enden wollenden Auswüchsen und Fehlentwicklungen von kriminellen Managerverhalten (vgl. auch bei Dieselfahrverbot) gezielter, stärker und zusätzlich dort mit den Mitteln des Strafrechts zu begegnen, wo die Vorteile weitgehend generiert werden - bei den Unternehmen. Das bestehende gesetzliche Instrumentarium - Verfolgungsmöglichkeit als Ordnungswidrigkeit (vgl. §§ 30, 29a, 130 OWiG) - wird als unzureichend empfunden. Eine Umstellung bedarf konzeptioneller Neuüberlegungen zum Strafrecht.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Die Einführung eines allgemeinen Unternehmensstrafrechts in Deutschland, auch Verbandsstrafrecht genannt, war und ist immer wieder Gegenstand von Reformüberlegungen. Es geht darum, auch das deutsche Strafrecht auf Unternehmen selbst auszudehnen. Unternehmer kann eine natürliche oder eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft sein (§ 14 I BGB). Rechtssubjekte nach deutschem Recht sind natürliche Personen und juristische Personen (vgl. etwa §§ 1 ff. und §§ 21 ff. BGB). Natürliche und juristische Personen sind beide "rechtsfähig", können also Träger von Pflichten und Rechten sein. Juristische Personen sind allerdings bloße Fiktionen. Zwar erlangen sie als virtuelle, menschliche Kunstschöpfungen die Ausstattung und die rechtlichen Möglichkeiten, wie natürliche Personen am Rechtsverkehr teilnehmen zu können. Dieser allgemeine Gedankengang ist jedoch mit Bezug auf das geltende Strafrecht nicht vollzogen. Beim Strafrecht heutiger Konzeption steht allein der Mensch (natürliche Person) als Rechtssubjekt im Mittelpunkt. Juristische Personen als solche sind aufgrund nach wie vor gültiger richterlicher Feststellung, aufgrund des aktuell geltenden Rechtsverständnisses, nicht handlungsfähig (BVerfGE 20, 323, 335 f.; Beschluss vom 25.10.1966). Sie bedürfen, rein tatsächlich, natürlicher Personen (Menschen), die für sie handeln. Es gilt daher nach aktuellem Rechtsverständnis mit Bezug auf Bestrafung nach wie vor: "Bestraft oder mit Buße belegt werden kann die Gesellschaft als solche nicht." (BGHSt. 3, 130, 132, Beschluss vom 11.7.1952). Strafrechtliche Normen beziehen sich damit allein auf Menschen als natürliche Personen. Bei Verwirklichung kann für einen Menschen, auf Basis seiner persönlichen Schuld (nulla poena sine culpa - keine Strafe ohne Schuld), Bestrafung, auch in der Form von Freiheitsentzug im Gefängnis (§ 38 StGB), die Folge sein. Dieser persönlichkeitsbezogene Aspekt bereitet bei der Umsetzung auf juristische Personen aufgrund von deren Fiktionalität mindestens gedankliche Schwierigkeiten. Man tut sich auch rechtlich schwer damit, diesen Aspekt auf juristische Personen zu übertragen. Das wirkliche Leben, auch in unserem modernen Zeitalter, ist zudem auch noch nicht so weit, filmisch präsentierte Möglichkeiten umsetzen zu können. Weil man sog. Avatare als lebensechte Akteure für juristische Personen nicht einsetzen kann, für jene eine Gefängnisstrafe abzusitzen, können sich Reformüberlegungen bei der Sanktionsform nur auf die Verhängung von Geldstrafe gegenüber Unternehmen beziehen.

    Auch wenn schon ohne die Neuregelung eines Unternehmensstrafrechts durch den Einsatz der bestehenden gesetzlichen Mittel nach OWiG durchaus erkleckliche Beträge erzielt werden können (siehe etwa die Geldbuße von 1 Mrd. € gegenüber VW wegen des Dieselskandals im Frühjahr 2018), wird das als unzureichend angesehen. Die Bußgeldhöhe ist gesetzlich auf nur zehn Millionen Euro begrenzt (vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Wegen der Schwere der Schuld mitunter angezeigte Mehrbeträge, so auch im Fall Volkswagen, können nur über die Abschöpfungsvorschrift des § 29a OWiG ("Einziehung des Wertes von Taterträgen") erzielt werden. Das kann durch die Einführung einer entsprechend anders konzipierten Geldstrafe korrigiert werden. Diese Korrektur tut insbesondere auch deshalb Not, weil es das bei Verfahren nach dem OWiG geltende Opportunitätsprinzip (§ 47 Abs. 1 OWiG) nur ins pflichtgemäße Ermessen der Verfolgungsbehörde stellt, ob überhaupt es zur Bußgeldverhängung kommt oder nicht. Das ist bei Strafverfahren aufgrund von Strafvorschriften anders, hier gilt das Legalitätsprinzip, hier muss die Strafverfolgungsbehörde verfolgen, wenn hinreichender Tatverdacht vorliegt (vgl. §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 1 StPO).

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