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Deutsche PKW-Maut

Definition: Was ist "Deutsche PKW-Maut"?

Im Sommer 2019 in der verfolgten Form endgültig gescheitertes CSU-Projekt. Die von der CSU in die Bundesregierung entsandten Bundesverkehrsminister hatten im Auftrag ihrer Partei versuchen sollen, über ihre Position in der Bundesregierung ein deutsches Gesetz zu initiieren. Es sollte eine Maut für PKWs auf deutschen Autobahnen eingeführt werden. Deutsche Autofahrer sollten davon kostenmäßig nicht betroffen sein, Autofahrer anderer Nationen sollten bezahlen müssen. Der EuGH hat das diesbezügliche im Jahr 2015 zustande gekommene deutsche Infrastrukturabgabengesetz (InfrAG, vom 8. Juni 2015) mit Urteil vom 18. Juni 2019 wegen Diskriminierung rechtlich verworfen. Wegen zweier Maut-Verträge, die auf Veranlassung von Verkehrsminister Scheuer vor dem EuGH-Urteil abgeschlossen wurden, wurde im Herbst 2019 gegen ihn ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Im Sommer 2019 gescheitertes CSU-Projekt. Dieses war seit 2013 von der CSU im Wahlkampf verfolgt worden. Es war weder in der Koalition Merkel III im Jahre 2013 (18. Legislaturperiode, Koalitionsvertrag vom 16.12.2013), noch in der im Sommer 2019 amtierenden Koalition (Merkel IV, 19. Legislaturperiode) bei den anderen Partnern der CSU (jeweils CDU und SPD) auf viel Gegenliebe gestoßen. Im Koalitionsvertrag vom 16.12.2013 hatte es in der Präambel eine Regelung mit dem Inhalt gegeben, dass eine „...europarechtskonforme PKW-Maut, mit der wir Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW an der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben für das Autobahnnetz beteiligen wollen, ohne im Inland zugelassene Fahrzeuge höher als heute zu belasten...“ nur unter diesen Bedingungen gefunden werden sollte. 2015 wurde das Infrastrukturabgabengesetz (InfrAG, vom 8. Juni 2015) aufgelegt. Es war darauf angelegt, eine Maut für PKWs auf deutschen Autobahnen einzuführen, die deutsche Beitragszahler verschont, bezahlen sollen die Autofahrer anderer Länder.
    Während der Zeit im Kabinett Merkel IV (auf der Basis des Koalitionsvertrags vom 7.2.2018) war der von der CSU in die Bundesregierung entsandte Bundesverkehrsminister (Scheuer) fortlaufend damit beschäftigt, das Projekt zu verteidigen.

    Das Projekt war, nicht nur in Deutschland, schon von Anfang an sehr massiv kritisiert worden. Es war im Wesentlichen nur die CSU, die das Ziel verfolgte (was ihr mit Bezug auf Österreich u.a. die Kritik, den Charakter eines zänkischen Nachbarn zu haben, einbrachte). Politisch, rechtlich und mit Bezug auf seine wirtschaftliche Sinnhaftigkeit waren große Bedenken angemeldet worden. Der EuGH hat dem Vorhaben mit Urteil vom 18. Juni 2019 wegen Diskriminierung eine richterliche Absage erteilt. Das Infrastrukturabgabengesetz (InfrAG, vom 8. Juni 2015) wurde gekippt. Der EuGH hat im Tenor unter LS 1 wörtlich entschieden:
    "Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 18, 34, 56 und 92 AEUV verstoßen, dass sie die Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen eingeführt und gleichzeitig eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer in einer Höhe, die mindestens dem Betrag der entrichteten Abgabe entspricht, zugunsten der Halter von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen vorgesehen hat."
    Geklagt gegen das Gesetz hatte Österreich, mit Unterstützung der Niederlande.

    Bundesverkehrsminister Scheuer hatte bereits vor dem Feststehen einer gesicherten Rechtslage, vor dieser Entscheidung des EuGH, zwei großvolumige zivilrechtliche Betreiberverträge zu der Pkw-Maut
    (mehr als 2,1 Mill. Euro) abgeschlossen. Ihm wurde deshalb u.a. vorgeworfen, er habe den Abschluss einer der beiden Verträge mit dem Parlament abstimmen müssen. Ihm wurde deshalb "Verfassungsbruch" vorgeworfen. Die Verträge wurden gekündigt, bevor sie anfingen. Der Schaden für das Land allein deswegen wurde auf mehr als 700 Mio. € beziffert. Zusätzlich gab es Streit mit den zivilen Vertragspartnern, denen eine treuwidrige Schadensmehrung durch Abschluss von Subunternehmensverträgen noch nach Bekanntwerden des EuGH-Urteils vorgeworfen wurde.
    U.a. Rücktrittsforderungen des politischen Gegners an die Adresse des Ministers und große Entrüstungsadressen aus der deutschen Öffentlichkeit waren die Folgen. Der Minister wies den Vorwurf der Voreiligkeit zurück, er habe handeln müssen, um dem Land frühzeitig die Mauteinnahme zu sichern. Er verwies auch darauf, dass die Politik nicht auf Gerichtsurteile warten könne.
    Selbsterhaltungsinstinkte innerhalb der im Sommer 2019 amtierenden Regierungskoalition bewirkten das Ausbleiben von Konsequenzen. Folgen aus der in Art. 65 S. 2 GG verankerten parlamentarischen Rechenschafts- und Einstandspflicht eines Bundesministers, diese ohnedies nicht mit monetären Haftungsfolgen verbunden, waren zunächst nicht in Sicht.
    Im Herbst 2019 wurde jedoch auf Betreiben der Opposition gegen den Minister ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt (so der Stand im Dezember 2019).    

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