Zitierfähige Version
- Revision von Ethno-Marketing vom 16.02.2018 - 15:35
- Revision von Ethno-Marketing vom 08.07.2013 - 15:54
- Revision von Ethno-Marketing vom 14.02.2013 - 11:12
- Revision von Ethno-Marketing vom 14.12.2012 - 13:57
- Revision von Ethno-Marketing vom 05.11.2012 - 14:10
- Revision von Ethno-Marketing vom 08.06.2010 - 10:29
Ethno-Marketing
Geprüftes Wissen
GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon
zuletzt besuchte Definitionen...
1. Begriff: Ethno-Marketing ist die Ausgestaltung aller Beziehungen einer Unternehmung auf eine Zielgruppe, die sich aufgrund von historischen, kulturellen und sprachlichen Gegebenheiten von der Bevölkerungsmehrheit in einem Land unterscheidet. Die Unterschiede können Einfluss auf psychographische Kriterien wie bspw. andersartige Einstellungen, Motive oder Bedürfnisse haben; diese Kriterien zeigen sich in einem Konsumentenverhalten welches von dem der Mehrheitsgesellschaft abweicht.
2. Zielgruppensegmentierung: Im Jahr 2008 hatten nach Angaben vom Statistischen Bundesamt 15,6 Mio. Menschen in Deutschland einen Migrationsintergrund. Dies bedeutet, dass 19 Prozent der Bevölkerung zugewandert oder Nachkommen von zugewanderten Menschen sind. Personen türkischer Herkunft stellen mit 2,9 Mio. Menschen eine große ethnische Zielgruppe dar. Sie werden auch als „Deutschtürken“ bezeichnet, da sie türkischer Herkunft sind und dauerhaft in Deutschland leben. Das Ethno-Marketing in Deutschland richtete sich zunächst an diese Konsumentengruppe. Eine weitere große ethnische Gruppe, die gegenwärtig für die Ethno-Marketer interessant geworden ist, sind die 2,9 Mio. sog. „Russlanddeutschen“, zu denen v.a. (Spät-)Aussiedler der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zählen.
3. Wirtschaftszweige: Eine Vielzahl von bedeutenden Unternehmen aus verschiedenen Branchen beschäftigt sich in unterschiedlicher Intensität mit Ethno-Marketing. Ein Fokus ist hierbei die Ausgestaltung der Kommunikationsbeziehungen zu den Zielgruppen. Folgende Tabelle gibt einen beispielhaften Überblick – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – über Branchen und Unternehmen, die in der Vergangenheit bzw. aktuell Ethno-Marketing als zusätzliche Form des Zielgruppenmarketings für Deutschtürken nutzen:
Branche | Unternehmen | Form des Ethno-Marketings |
Automobilindustrie | Mercedes-Benz, Volkswagen, Seat, Fiat | speziell entwickelte Werbespots, die im türkischen Fernsehen ausgestrahlt werden und deutschtürkische Verkäufer in ausgewählten Autohäusern |
Telekommunikation / Postdienstleistungen | Deutsche Telekom, E-Plus, Vodafone, O2, Alice, Deutsche Post AG | eigene Werbespots und spezielle „Türkeitelefonierpakete“; bei E-Plus die Entwicklung einer Mobilfunkmarke mit dem Namen „Ay Yildiz“ (Anspielung auf die türkische Fahne mit „Halbmond & Stern“) |
Banken / Bausparkassen / Versicherungen | Deutsche Bank, Citibank, Hypovereinsbank, Western Union, Postbank, Wüstenrot, Allianz | eigene Werbespots; bei der Deutschen Bank Zielgruppenmarketing unter dem Namen „Bankamiz“ („Unsere Bank“). |
Einzelhandel und Großhandel | Kaufland, Real, Metro Cash & Carry, kik | deutscher TV-Werbespot von kik wurde ins Türkische übersetzt; standortabhängiges ethnisches Sortiment bei Kaufland, Real und Metro C&C; Handzettel in türkischer Sprache bei Metro C&C je nach Standort |
Konsumgüterindustrie | Ferrero, Johnson & Johnson, Nestlé | Werbespots, die aus dem Deutschen ins Türkische übersetzt wurden. Bei Nestlé (Maggi) wird der türkische TV-Werbespot, der für die in der Türkei lebenden Verbraucher entwickelt wurde, auch für die Deutschtürken im türkischen Fernsehen in Deutschland ausgestrahlt. |
Gesundheitsbranche | Marseille Kliniken AG („Türk Bakim Evi“ = Seniorenheim für Deutschtürken), BKK vor Ort | „Türk Bakim Evi“-Homepage in türkischer Sprache |
Tabelle 1: Branchen und Unternehmen die Ethno-Marketing für Deutschtürken betreiben bzw. betrieben haben.
4. Geschichte: Die Ursprünge des Ethno-Marketings, auch bekannt als „ethnic marketing“, finden sich in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Bereits seit den 1970er- und 1980er-Jahren spielt die kommunikative Ansprache von ethnischen Minderheiten wie „Hispanics, Asians, Blacks“ eine Rolle bei den Marketingaktivitäten amerikanischer Unternehmen. In Deutschland wird Ethno-Marketing seit den 1990er-Jahren von unterschiedlichen Unternehmen diverser Branchen praktiziert.
5. Entwicklungstendenzen: In Deutschland gibt es derzeit nur wenige wissenschaftliche Publikationen, die sich mit dem Konsumverhalten von ethnischen Minderheiten beschäftigen. Die Herausforderung für Wissenschaft und Unternehmen wird darin bestehen, einen Zugang zu den ethnischen Zielgruppen zu finden um deren Verbraucherverhalten in verschiedenen Segmenten zu analysieren. In stagnierenden Märkten versuchen Unternehmen verstärkt Nischen zu finden, um ihren Absatz zu steigern. Es ist daher anzunehmen, dass das Ethno-Marketing in Zukunft an Bedeutung zunehmen wird.
GEPRÜFTES WISSEN
Über 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Mehr als 25.000 Stichwörter kostenlos Online.
Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon