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Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung
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abgek. OLAF (Office Européen de Lutte Anti-Fraude), Ermittlungsbehörde der Europäischen Union (EU) im Range einer Generaldirektion der Europäischen Kommission.
Sitz: Brüssel.
Hintergrund und Gründung: Unter dem Eindruck von Betrügereien zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts bei Zöllen, Agrarsubventionen und den Strukturfonds mit jährlichen Schäden in Milliardenhöhe wurde OLAF auf Druck des Europäischen Parlaments eingerichtet. Mitglieder des Europäischen Parlamentes kritisierten bei UCLAF organisatorisches Chaos, schlecht geführte und dokumentierte Ermittlungen, unvollständige und irreführende Daten über Betrugsfälle, sowie zögerliches Vorgehen gegen EU-Bedienstete bei Korruptionsverdacht. Weil UCLAF als weisungsabhängige Abteilung in der Europäischen Kommission organisiert sei und dies die Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten und Korruption innerhalb der EU-Institutionen behindere, forderten eine Reihe von EU-Parlamentariern die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungsbehörde für Fälle von Betrug und Korruption. Als Folge daraus wurde OLAF auf der rechtlichen Grundlage des Artikels 280 EGV mit dem Kommissions-Beschluss 1999/352/EG, EGKS, Euroatom vom 28. April 1999 als selbständige Einrichtung innerhalb der Kommission gegründet, die mit Autonomie, also Eigenständigkeit ausgestattet ist. OLAF hat am 1. Juli 1999 die Arbeit aufgenommen. Ende 2005 waren bei OLAF insgesamt 390 Bedienstete beschäftigt, viele davon sind nationale Experten, die von Fachbehörden, z.B. der Agrar-, Polizei- oder Zollverwaltung, ausgeliehen worden sind.
Ziel: Aufdeckung und Ermittlung von Betrugsfällen und Korruption zu Lasten des EU-Haushalts. OLAF ermittelt inner- und außerhalb der europäischen Behörden, z.B. in Behörden der Mitgliedstaaten, die EU-Eigenmittel vereinnahmen oder auszahlen. OLAF unterstützt, koordiniert und beobachtet die Arbeit nationaler Behörden in seinem Aufgabenbereich und konzipiert die Betrugsbekämpfung der EU. Die strafrechtliche Verfolgung der aufgedeckten Missstände ist Aufgabe der nationalen Strafverfolgungsbehörden, da es bislang kein einheitliches europäisches Strafrecht gibt.
Die Aufgaben von OLAF umfassen: die Aufdeckung und Verfolgung von Betrug im Zollbereich, die Aufdeckung von Steuerhinterziehung (soweit sie sich auf den EU-Haushalt auswirkt), die Bekämpfung von Korruption und schwerem Fehlverhalten innerhalb der EU-Institutionen, die Aufdeckung sonstiger Gesetzesverstöße, die die EU finanziell schädigen.
Organisation und Struktur: OLAF ist in vier Hauptabteilungen, die so genannten Direktionen, gegliedert. Jede Direktion umfasst wiederum mehrere Referate.
Direktion A Untersuchungen und operationelle Aktivitäten I: Referat Interne Untersuchungen – Organe der EU (A 1), Referat Interne/Externe Untersuchungen – Außenstellen und Agenturen der EU (A 2), Referat Direkte Ausgaben und Außenhilfe (A 3), sowie Referat Außenhilfe (A 4).
Direktion B Untersuchungen und operationelle Aktivitäten II: Referat Landwirtschaft (B 1), Referat Zölle I (B 2), Referat Zölle 2 (B3), sowie Referat Strukturpolitische Maßnahmen (B 4).
Direktion C Operationelle und Politische Unterstützung: Referat Justitielle Angelegenheiten, Rechtsberatung (C 1), Referat Betrugsprävention und Intelligence (C 2), Referat Amtshilfe und Intelligence (C 3), Referat Operationelle Intelligence (C 4), Referat Schutz des Euro (C 5).
Direktion D Allgemeine Angelegenheiten: Referat Pressesprecher, Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit (D 1), Referat Gesetzgebung und Rechtsangelegenheiten (D 2), Referat Interinstitutionelle und Außenbeziehungen (D 3), Referat Erweiterung, Ausschüsse und Berichte (D 4), Referat Verwaltung und Personalwesen (D 5), Referat Haushalt (D 6), Referat Fortbildung, Implementierung von Programmen (D 7) und
Referat Informationsdienst (D 8).
Arbeitsbereiche: Die Arbeitsbereiche von OLAF sind: Eigene Ermittlungen (interne und externe Untersuchungen), Unterstützung und Koordinierung anderer Ermittlungen, z.B. der Mitgliedstaaten, Monitoring und Überwachung anderer Ermittlungen, „Intelligence“, d.h. Bereitstellung von Fachwissen, Analysen und Risikodaten, Konzipierung der Betrugsbekämpfung der EU.
OLAF ermittelt selbst sowohl bei EU-Behörden (interne Verwaltungsuntersuchung) als auch in Nicht-EU-Behörden (externe Verwaltungsuntersuchung), sofern diese Institutionen EU-Eigenmittel einnehmen oder ausgeben. Es unterstützt die Ermittlungen anderer Behörden, indem es beispielsweise auf EU-Ebene gesammelte Informationen anbietet. Es koordiniert in grenzübergreifenden Fällen die Ermittlungen der nationalen Behörden. Beim Monitoring wird der Verlauf der Ermittlungen anderer Behörden verfolgt. Im amtsintern „Intelligence“ genannten Bereich stellt OLAF den Mitgliedsstaaten oder Drittländern multidisziplinäres Fachwissen, strategische Analysen und Risikobewertungen zur Verfügung.
Kritik: Kritische Beobachter kritisieren die Eingliederung in die Organisationsstruktur der Kommission und die Abkehr von der ursprünglichen Idee der Schaffung eines unabhängigen Amtes.
Vgl. EU-Haushalt, Eurojust, EU-Staatsanwaltschaft.
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