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Fahrverbot
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1. Strafrecht: a) Allgemein, Historie: Aufgrund einer Gesetzesänderung (vom 22.6.2017) grundlegend neu konzipiertes Strafelement. Es handelt sich um ein durch Verurteilung eines Strafgerichts ausgesprochenes Verbot, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von ein bis sechs Monaten zu führen (§ 44 StGB). Dies gilt so im Erwachsenenstrafrecht. Im Jugendstrafrecht beläuft sich die Verhängungsmöglichkeit des Fahrverbots auf max. drei Monate (§ 8 Abs. 3 S. 2 JGG). Das Fahrverbot ist auch nach neuem Recht aufgrund der Gesetzesänderung vom 22.6.2017 eine sog. Nebenstrafe geblieben; nach der ursprünglichen Idee der Großen Koalition hatte es dritte Hauptstrafe werden sollen. Als Nebenstrafe kann es ausgesprochen werden gegen Personen, die wegen einer strafbaren Handlung zu Freiheits- oder Geldstrafe (= Hauptstrafen) verurteilt werden. Die nach früherem Recht vorhandene Einschränkung, dass die Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen worden sein musste, wurde mit dem Gesetz vom 22.6.2017 aufgehoben. Diese Ausweitung des Fahrverbots war durchgängig umstritten (siehe die Ausführungen sogleich). Der Gesetzgeber hat mit dieser Ausweitung im Jahr 2017 das umgesetzt, was schon seit Jahren in früheren Legislaturperioden immer mal wieder als Vorhaben auf dem Plan gestanden hatte, aber nicht umgesetzt werden konnte. Seit 22.6.2017 ist es endlich vollbracht.
b) Inhalte des Gesetzes vom 22.6.2017: Unter Beibehaltung des Charakters als Nebenstrafe (anders als im Koalitionsvertrag) ist das Fahrverbot vom bisherigen KFZ-Bezug losgelöst worden. Es geht um den Zweck der Entlastung der Gefängnisstrafe, außerdem glaubt und bezweckt der Gesetzgeber, man könne Täter so empfindlicher treffen als mit einer Geldstrafe. Dem dient auch die Anhebung des Rahmens auf sechs Monate Fahrverbot im Erwachsenenstrafrecht.
c) Reaktionen im Vorfeld des Gesetzes: Das Vorhaben war vom Deutschen Verkehrsgerichtstag und vom Deutschen Richterbund schon zu Beginn der Legislaturperiode kritisiert worden. Bedenken, auch von Seiten der Opposition, waren im Frühjahr 2015, im Sommer 2016 und zur Jahreswende 2016/2017 wieder erhoben worden. U.a. Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz bzw. gegen die Prinzipien des Schuldstrafrechts wurden angeführt: Nicht jeder Täter habe einen Führerschein, es fehle daher an der Gleichheit. Wenn jeglicher Bezug zwischen Tat und Sanktion fehle, strafe ein Fahrverbot im übrigen auf ganz unterschiedliche Weise. Eine Kriminalstrafe nach der Devise, wo treffe ich den Straftäter am empfindlichsten, widerspreche zudem den Prinzipien des Schuldstrafrechts. Schließlich sei das Fahrverbot schwer kontrollier- und vollstreckbar.
d) Eigene Stellungnahme: Aus Sicht des Autors dieses Stichworts treffen diese rechtlichen Bedenken im Ergebnis sämtlich nicht zu, abhängig von einer sauberen handwerklich-rechtlichen Umsetzung im übrigen (der kurz vor Toresschluss auch noch Genüge getan wurde, siehe dazu unten, bei e)) erscheint dieser Befund eindeutig. Denn der Gesetzgeber hat auch nach der sog. neuen Formel des BVerfG einen weiten, von der Verfassung eingeräumten Spielraum. Den hat er mit dem Gesetz vom 22.6.2017 in zulässiger Weise ausgenutzt. Dies gilt zunächst für die Gestaltung der Ungleichbehandlung. Ebenso hat der Gesetzgeber bei der Gewichtung der Strafzwecke innerhalb des Rahmens der sog. Vereinigungstheorie Ermessensspielräume. Des weiteren wurde eine sog. spiegelnde Strafe abgeschafft. Nicht zuletzt wegen der auch aus Sicht des Autors dieses Stichworts nach wie vor gehegten rechtspolitischen Bedenken erscheint allerdings die Stichhaltigkeit der angeführten Zwecke zum Teil fraglich. Es wurde einiges nicht dargetan, auch die Kontrollierbarkeit und damit die Präventionswirkung erscheinen nach wie vor sehr fraglich. Das konnten schon der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. Dezember 2016, noch weniger der vorangegangene Referentenentwurf, nicht aufhellen. Auch in der maßgeblichen Beschlußempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 20.6.2017 (BT-Drs. 18/12785) werden die durch die neue Sanktionsandrohung angeblich erzielbaren spezial- und generalpräventiven Wirkungen ohne weitere Begründung unterstellt. Insoweit inkonsistent in der Argumentation ist auch die dieser Ausschussbeschlußempfehlung u.a. zugrunde liegende Stellungnahme von Schöch (vom 19.3.2017): Mit Bezug auf das Fahrverbot und die straßenverkehrsrechtliche Fahrerlaubnisentziehung sagt er, es sei "unstreitig", dass hier eine "überaus wirksame general- und spezialpräventive Sanktion" vorliege. Belege dafür werden von ihm keine gebracht. Von Schöch wiedergegebene statistische Zahlen über Verurteilungen bzw. Führerscheinentziehungen können eine solche Behauptung nicht tragen. Gleichermaßen reicht es nicht aus, zwar "ein gewisses Dunkelfeld" zu konzedieren, ohne dies aber wissenschaftlich anhand von Forschungsergebnissen zu belegen und darzustellen. Das alles genügt jedenfalls nicht, um die Behauptungen aufzustellen: "...Aber die Respektierung des Fahrverbots und der Fahrerlaubnisentziehung ist doch beachtlich, zumal außerhalb großstädtischer Regionen die Kontrolldichte bei dem in Betracht kommenden Personenkreis nicht so gering ist wie unauffällige Bürger vermuten...". Zudem geht der Gesetzgeber selbst auch von einer "geringen Kontrolldichte" aus (s.u.). Wenn Schöch im übrigen an anderer Stelle seiner Ausarbeitung zutreffend darauf hinweist, dass es bei den Ziel-Tätergruppen, "quantitativ" beachtlich (!), um Hooligans, Rechte und Linke Extremisten, Wilde Graffiti-Sprayer, Stalker, Vandalisten u.a. geht, dann bedarf es aus Sicht des Stichwortautors keiner tiefsinnigen psychologischen und soziologischen Studie, um zutreffend annehmen zu können, dass solche Tätergruppen sich nicht werden beeindrucken lassen. Sie fahren - und das gerade auch deshalb, weil sie um das Kontrolldefizit wissen. Es besteht daher zumindest in diesen quantitativ beachtlichen Fällen alles andere als eine Erfolgsgarantie für die Neuregelung. Das alles passt in ein allgemeines Schema. Vor allem der zu erkennende Politikerruf nach Strafausweitung - schon länger kein besonderes konservatives Markenzeichen mehr - hat sich damit auch hier durchgesetzt. Die mit großem Politikereifer betriebene Suche und das Aufspüren von - nicht selten - scheinbaren Strafbarkeitslücken bei den existierenden Straftatbeständen offenbart mindestens eine repressive Hilflosigkeit - und zuweilen auch ein Stück weit eine Unehrlichkeit. Sie setzt sich generell, und auch - wie soeben ausgeführt - bei der Rechtsfolgenausweitung hier, dem Vorwurf aus, dass bloße Strafverschärfungen und -ausweitungen mit Bezug auf deren Präventionswirkungen auf potenzielle Täter differenziert zu sehen sind. Abschreckend wirkt vor allem der Aufdeckungs- und Verfolgungsdruck, der aber eben bei einer Fahrverbotsverhängung angesichts relativ grobmaschiger Verkehrskontrollen eher gering sein dürfte. Die verbotene Fahrt entgegen Fahrverbot, nach aktuellem Recht strafbar nach § 21 I StVG, wird oft unentdeckt bleiben. Das schreckt potentielle bzw. verurteilte Täter kaum ab, das gilt zumindest für die o.g. Tätergruppen. Unter dem Strich geht es daher bei dieser Strafausweitung eher um Schuldausgleich, weniger um Prävention. Das Diktum des "spürbaren Übels" entlarvt dies im übrigen. Wenig realitätsbezogen meinte der Gesetzentwurf vom 21. Dezember 2016 zum Präventionsthema: "Die Einhaltung des Fahrverbots lässt sich in der Tat nur eingeschränkt kontrollieren, sodass die Gefahr besteht, dass sich der Verurteilte über dessen Anordnung hinwegsetzt. Ein solches Widersetzen dürfte aber grundsätzlich nicht zu erwarten sein, wenn die Höchstdauer des Fahrverbots „nur“ auf sechs Monate verlängert wird und es so auf Straftaten der unteren bis mittleren Kriminalität beschränkt bleibt… Eine Höchstfrist von sechs Monaten dürfte zum anderen – jedenfalls im Erwachsenenstrafrecht – einen für den Betroffenen noch hinreichend überschaubaren, seine Befolgungsbereitschaft noch nicht überstrapazierenden Zeitraum darstellen." Auch das ist widersprüchlich, man kann nicht einerseits mit der (angeblichen) Notwendigkeit der Einführung eines empfindlichen Übels operieren wollen, das dann andererseits doch nicht so beeinträchtigend sei. Die Annahme, verurteilten Tätern sei eine Duldungsbereitschaft - trotz Erkennens des geringen Entdeckungsrisikos - zu unterstellen, findet, wie oben dargelegt, ebenfalls wenig Halt. Diese und andere rechtspolitischen Ungereimtheiten haben jedoch den Gesetzgeber nicht davon abgehalten, am 22.6.2017 zur Tat zu schreiten. Der aufmerksame und durchaus freundlich-aufgeschlossene Beobachter resigniert und versinkt sich in tiefsinnige Lebensaphorismen, wie die der Feststellung, "Ein Mann muss das tun, was er tun muss." Das passt mühelos auch auf einen maßgeblich von parteipolitischen Interessen be- und getriebenen Gesetzgeber.
e) Bestimmtheitsgebot: Gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken anderer Art, denen sich § 44 StGB-E noch ausgesetzt sah (Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot - vgl. dazu die Erläuterungen zu diesem Stichwort in der Vorversion), wurden durch die Einfügung des neuen § 44 Abs. 1 Satz 2 StGB sachgerecht Rechnung getragen. Er beinhaltet die notwendige Rahmensetzung für die Richterschaft. Das geht im wesentlichen auf den Anstoß der entsprechenden Beschlußempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 20.6.2017 (BT-Drs. 18/12785) zurück.
2. Durch den Bußgeldbescheid festgesetztes Verbot bei grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (§ 25 StVG).
3. Wirksam wird das Fahrverbot mit Rechtskraft des Urteils oder Bußgeldbescheids. Die Frist des Fahrverbots rechnet ab amtlicher Verwahrung des Führerscheins.
Vgl. auch Fahrerlaubnis.
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