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Sonderabschreibung

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    I. Begriff:

    Im Gegensatz zu Absetzung für Abnutzung (AfA), Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) und zur Teilwertabschreibung steht die S. in keiner Beziehung zur Wertminderung eines Wirtschaftguts; ihr Zweck ist die Gewährung einer Steuervergünstigung durch Manipulation der Bemessungsgrundlage „Gewinn”. Von S. i.w.S. spricht man iAllg. beim abnutzbaren Anlagevermögen; wird die Steuervergünstigung dabei anstelle der AfA nach § 7 EStG gewährt, so spricht das Gesetz i.d.R. von erhöhten Absetzungen (z.B. §§ 7 b–d, 7h, 7i, 7k EStG), während S. i.e.S. (Bewertungsfreiheiten) zusätzlich zur linearen AfA nach § 7 EStG in Betracht kommen (z.B. § 7f EStG, § 82f EStDV). Für die Wertherabsetzung beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen und beim Umlaufvermögen ist der Begriff „Bewertungsabschlag” üblich. Dem Wesen nach stellen auch die Abzüge von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6b EStG (sog. Reinvestitionszulage) oder R 6.6 EStR (Ersatzbeschaffungsrücklage) S. dar.

    Handelsrechtlich fallen die S. unter die Kategorie der steuerrechtlichen Abschreibungen (§§ 254, 279 II HGB). Sie müssen auch in der Handelsbilanz vorgenommen werden, wenn sie steuerlich in Abzug gebracht werden sollen (Maßgeblichkeitsprinzip).

    II. S. zur Förderung der Anschaffung/Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter oder bestimmter Arten von Betrieben:

    S. sind vom Gesetzgeber häufig zur Förderung bestimmter Investitionen gewährt worden, bes. für Immobilieninvestitionen. Diese Regelungen über S. haben i.d.R. eine zeitliche begrenzte Laufzeit, weil entweder der Förderzweck erreicht oder die Subvention zu teuer wird. Dementsprechend haben § 7b EStG (erhöhte Absetzungen für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen), § 7c EStG (erhöhte Absetzungen für Baumaßnahmen an Gebäuden zur Schaffung neuer Mietwohnungen), § 7d EStG (erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen), § 7e EStG (Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude), § 7f (Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens privater Krankenhäuser), § 7k (erhöhte Absetzung für Wohnungen mit Sozialbindung) haben daher keine aktuelle Bedeutung mehr. Ihre Stichtage sind abgelaufen oder die Vorschriften sind aufgehoben worden.

    Gegenwärtig relevant sind dagegen die Ansparabschreibung für kleinere Betriebe (§ 7g EStG; Rücklagenbildung vor der Anschaffung und spätere Sonderabschreibung bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten (mit der Unternehmenssteuerreform 2008 auf 40 Prozent der geplanten Anschaffungskosten erhöht) ; die erhöhten Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 7h EStG; jeweils 10 Prozent der Modernisierungsaufwendungen über zehn Jahre) und die erhöhten Absetzungen bei Baudenkmälern (§ 7i EStG; Absetzbarkeit von Herstellungsaufwand, der zur Erhaltung des Gebäudes sinnvoll ist, zu jeweils 9 Prozent in den ersten sieben und 7 Prozent in den nächsten vier Jahren). Für selbstgenutzte Wirtschaftsgüter, die nicht zur Einnahmenerzielung verwendet werden, sind S. begrifflich ausgeschlossen.

    III. S. zur Beeinflussung der Standortwahl:

    Zonenrandgebiet: § 3 ZonenrandFG; Berlin (West): § 14 BerlinFG (Förderung der Wirtschaft von Berlin (West)); Neue Bundesländer: § 4 FördergebietsG. Diese Arten von S. sind allesamt wegen Fristablaufs für aktuelle Neuinvestitionen nicht mehr nutzbar; der Gesetzgeber hat hier die Förderung auf Investitionszulagen umgestellt.

    IV. Gemeinsame Vorschriften für S. (einschließlich erhöhter Absetzungen) gemäß § 7a EStG:

    1. Fallen im Begünstigungszeitraum nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten an, so bemessen sich die S. vom Jahr der Entstehung der nachträglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten an bis zum Ende des Begünstigungszeitraums nach den erhöhten Anschaffungs-/Herstellungskosten.

    2. Können S. bereits für Anzahlungen oder Teilherstellungskosten geltend gemacht werden, so können nach erfolgter Anschaffung bzw. Herstellung S. nur insoweit in Anspruch genommen werden, als sie nicht bereits geltend gemacht wurden.

    3. Bei Wirtschaftsgütern, bei denen erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen werden, müssen in jedem Jahr des Begünstigungszeitraums mindestens Absetzungen in Höhe der AfA nach § 7 I oder IV EStG berücksichtigt werden; S. sind grundsätzlich nur neben der linearen AfA nach § 7 I oder IV EStG zulässig, nicht neben der degressiven AfA.

    4. Liegen bei einem Wirtschaftsgut die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von S. aufgrund mehrerer Vorschriften vor, so darf nur eine dieser Vorschriften angewandt werden (Kumulierungsverbot). – 5. Ist ein Wirtschaftsgut mehreren Beteiligten zuzurechnen und erfüllen nur einzelne Beteiligte die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der S., so können diese nur anteilig geltend gemacht werden.

    6. S. sind bei Wirtschaftsgütern, die zu einem Betriebsvermögen gehören, in einem gesonderten Verzeichnis aufzunehmen, es sei denn, die notwendigen Angaben sind aus der Buchführung ersichtlich.

    V. Bedeutung:

    Der Gesetzgeber benutzt die S. als wirtschafts- und sozialpolitisches Steuerungsinstrument und räumt dem Steuerpflichten das Wahlrecht ein, Teile der zu aktivierenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die eigentlich erst in späteren Perioden durch die Leistungserstellung verzehrt werden, sofort in Abzug zu bringen und somit die ertragssteuerliche Bemessungsgrundlage zu mindern. Diese Möglichkeit der Bildung stiller Rücklagen wird auch nicht durch das sog. Wertaufholungsgebot für Kapitalgesellschaften (§ 280 HGB) eingeschränkt, so dass dem Steuerpflichtigen ein wesentliches bilanzpolitisches Instrumentarium zur Verfügung steht. Die Vorverlagerung vorhandenen Aufwandspotenzials stellt eine erhebliche Liquiditätshilfe für den Betrieb, da

    unterstellt, die Ertragslage sei so gut, dass durch die S. keine buchmäßigen Verluste entstehen

    mit der Gewinnverschiebung auf spätere Perioden auch Steuerzahlungen nachverlagert werden. Die vorerst eingesparten Steuerbeträge können damit solange anderweitig zinsbringend angelegt werden, bis sie später infolge der dann konsequenterweise geringeren Periodenabschreibung für Steuermehrzahlungen aufgebracht werden müssen. Durch diesen sog. Zinseffekt erhöht sich die Rentabilität, wobei der Zinsvorteil umso größer ist, je länger die Nutzungs- und damit die Abschreibungsdauer ist. Allerdings tritt hierbei i.d.R. (d.h. bei durchschnittlich gleichbleibendem Steuersatz) keine echte Steuerersparnis, sondern nur eine Steuerstundung ein, weil keine zusätzlichen Betriebsausgaben geltend gemacht werden und die Höhe des zu versteuernden Gesamtgewinns während der Nutzungsdauer des abzuschreibenden Wirtschaftsgutes insgesamt nicht gemindert wird. Bezieht man den progressiven Steuertarif in die bilanzpolitischen Überlegungen mit ein, so erreicht man die größtmögliche Steuerminderung dann, wenn das Abschreibungspotenzial entsprechend dem jeweiligen Steuersatz eingesetzt wird, d.h. z.B. bei steigendem Steuersatz die S. in späteren Perioden geltend zu machen. Dieser sog. Steuersatzeffekt, der mit dem Zinseffekt konkurrieren, diesen aber auch ergänzen und damit verstärken kann, übt ebenso wie dieser einen wesentlichen Einfluss auf Liquidität und Rentabilität des Unternehmens aus und ist bei einem gegebenen Abschreibungspotenzial umso stärker, je höher der Steuersatz des Steuerpflichtigen ist. Zu beachten ist ferner, dass sich wegen der gesenkten Steuerbilanzwerte auch erbschaftsteuerlich (und damit endgültige) Steuervorteile ergeben können, wenn es während der Laufzeit der S. zu einem Betriebsübergang kommt. Hinsichtlich einer betrieblichen Steuerplanung kann man resümierend feststellen, dass die Vorteilswirkung von S. gegenüber normalen Abschreibungen umso größer ist,
    (1) je mehr die S.-Beträge an den Nutzungsdauerbeginn gelegt werden können,
    (2) je größer die zeitlichen Steuersatzunterschiede bei fallenden Steuersätzen sind,
    (3) je kleiner die zeitlichen Steuersatzunterschiede bei steigenden Steuersätzen sind,
    (4) je länger die Abschreibungsdauer, d.h. Nutzungsdauer des Anlagegutes ist,
    (5) je höher der Steuersatz bei einem festen Zinssatz ist,
    (6) je höher der Kalkulationszins (z.B. Zins für alternative Geldanlage) angenommen wird.

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