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Eventpsychologie

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Begriff (Definition)
    2. Merkmale
    3. Ziele
    4. Darstellung des zugrunde liegenden Modells
    5. Entwicklung des Begriffes und Ausblick

    Begriff (Definition)

    Eventpsychologie ist der interdisziplinäre Transfer psychologischer und neurologischer Erkenntnisse in das Eventmanagement.

    Die erstmalige Definition (Ronft 2013, S. 91f.) sowie davon abgeleitete Begriffsbestimmungen (Wrobel und Winnen 2014, S. 390; Ronft 2020, S. 99) fokussierten sich auf die Anwendung im Kommunikationskontext und auf sozialpsychologische Gesichtspunkte. Der Anwendungsbereich wurde auf alle Aspekte des Eventmanagements erweitert. Für den Wissenstransfer aus psychologischen und neurologischen Disziplinen in Forschungs- und Anwendungsfelder des Eventmanagements wird i.d.R. ein deduktives Vorgehen genutzt. Die Eventpsychologie stellt, vergleichbar zur Sport- oder Verkehrspsychologie, eine anwendungsorientierte Subdisziplin dar.

    Merkmale

    Die Psychologie umfasst Grundlagenfächer wie die Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, aber auch Anwendungsfelder wie die Wirtschafts- oder Wahrnehmungspsychologie (vgl. Abb. „Blüte der Eventpsychologie“). Erkenntnisse aus diversen psychologischen Gebieten lassen sich dabei im Veranstaltungskontext reflektieren und ermöglichen damit in der Schnittmenge eine Anwendung im Event-Management. Ebenso lassen sich durch die methodische Adaption einzelner psychologischer Disziplinen auch einschlägige Forschungsfragen im unmittelbaren Veranstaltungskontext untersuchen. Diese tragen wiederum zu der Erweiterung der relevanten Erkenntnisse – über den Transfer aus anderen psychologischen Disziplinen hinaus – bei.

    Blossom of Event Psychology (Eigene Darstellung Ronft, S., 2019)

    Ziele

    Die grundlegenden Ziele der psychologischen Optimierung einer Veranstaltung sind seitens des Veranstalters die kommunikative Wirksamkeitssteigerung und seitens der Teilnehmer eine Optimierung der Customer Experience. Jedes Veranstaltungsformat, unabhängig davon, ob es sich um ein Public- oder Corporate Event handelt, verfolgt eine gewisse kommunikative Zielsetzung. Dies kann im Freizeitbereich das Ziel der Unterhaltung der Eventteilnehmer sein, in einem wirtschaftlichen Kontext beispielsweise die Vermittlung von Produktwissen und Markenloyalität. Die Reflektion der einzelnen Eventelemente vor dem Hintergrund einer psychologischen Effektivität im Abgleich mit dem dadurch determinierten Ressourceneinsatz können zu einem psychologisch optimierten und damit einem effizienteren Eventkonzept führen.

    Darstellung des zugrunde liegenden Modells

    Der Besucher ist unbestritten die wichtigste Determinante jeder Veranstaltung und damit ist auch die menschliche Psychologie inhärent allgegenwärtig. Events sind mit Dramaturgie, Inszenierung und Storytelling ein Kommunikationsinstrument, das für das Gehirn nicht nur Informationen, sondern auch Erlebnisse vermitteln kann. Erlebnisse werden im Gegensatz zu Sachinformationen – so genanntem semantischen Wissen – im episodischen Gedächtnis gespeichert. Dies führt dazu, dass erlebnisorientierte Botschaften zum einen länger in Erinnerung bleiben, zum anderen werden die mit dem Erlebnis assoziierten Emotionen ebenfalls konserviert.

    Die so genannte Live Communication ermöglicht im Gegensatz zu alternativen Kommunikationsmedien den direkten Kontakt mit allen menschlichen Sinneskanälen. Das daraus resultierende Ziel ist eine kongruente, multisensuale Kommunikation zu erreichen. Um die Potenziale professioneller Live Communincation auszuschöpfen, sollten möglichst alle Sinne die deckungsgleichen Informationen an das Gehirn senden, um einen neurologischen Verstärkungseffekt – das so genannte „Multisensory Enhancement“ – zu erreichen.

    Darüber hinaus sind diverse manipulative Effekte und Phänomene unmittelbar in den Veranstaltungskontext zu transferieren. So weisen beispielsweise klassische Ansätze wie die Broken Window Theory (Wilson & Kelling, 1982), Priming und Framing-Effekte (siehe Framing) bis hin zu aktuellen verhaltensökonomischen Erkenntnissen wie dem sog. IKEA-Effekt (Norten, 2009), eine unmittelbare Relevanz für die Gestaltung von (Marketing-)Events auf und sollten entsprechend berücksichtigt werden.

    Entwicklung des Begriffes und Ausblick

    Nach der ersten wissenschaftlichen Definition des Begriffs im Jahre 2013 manifestierte sich diese anwendungsorientierte Disziplin sowohl in der Branche als auch im akademischen Diskurs (vgl. o.V., events Magazin, 04/2015; Wrobel & Winnen, 2014; Ronft, 2018).

    Das wachsende Interesse an diesem Themengebiet spiegelt sich bereits bei diversen Branchenveranstaltungen wider: Eventpsychologie wurde beispielsweise auf dem Eventforum Mannheim, der Locations-Messe Rhein-Neckar oder jüngst bei den degefest-Fachtagen sowie dem Osnabrücker Eventplanertag thematisiert und in den Fokus der Diskussion gerückt.

    Die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim und Ravensburg (DHBW) hat Eventpsychologie bereits im obligatorischen Curriculum des betriebswirtschaftlichen Studiengangs Messe-, Kongress- und Eventmanagement verankert. Zur Weiterbildung von Professionals bietet die Internationale Event- und Congressakademie (IECA) entsprechende Seminare an. Auch universitäre Forschungseinrichtungen wie das Ghose Perception Lab der Technischen Universität Kaiserslautern widmen sich Fragestellungen, die zur Generierung von Erkenntnissen im Eventkontext beitragen.

    Viele psychologische Effekte werden von erfahrenen Eventmanagern bereits intuitiv angewandt. Aufgrund der stetig zunehmenden Präsenz des Themas bei Branchenveranstaltungen und in den einschlägigen Medien, sowie der wachsenden Anzahl von Seminar- und Studienabsolventen, wird das eventpsychologische Wissen die MICE-Branche zukünftig weiter durchdringen.

    Ein vom Springer Gabler Verlag herausgegebenes Standardwerk „Eventpsychologie“ wird zukünftig die wissenschaftlichen Erkenntnisse, Anwendungsbereiche und diversen Perspektiven von Branchenexperten bündeln.

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