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Eventpsychologie

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Begriff (Definition)
    2. Merkmale
    3. Ziele und zugrunde liegende Modelle
    4. Ausblick

    Begriff (Definition)

    Eventpsychologie ist der interdisziplinäre Transfer psychologischer und neurologischer Erkenntnisse in das Eventmanagement (Ronft, 2021, S. 46).

    Die erstmalige Definition (Ronft, 2013, 91f.) sowie davon abgeleitete Begriffsbestimmungen (Ronft, 2020, S. 99; Wrobel & Winnen, 2014, S. 390) fokussierten sich auf die Anwendung im Kommunikationskontext und auf sozialpsychologische Gesichtspunkte. Der Anwendungsbereich umfasst inzwischen alle Aspekte des Eventmanagements. Für den Wissenstransfer aus psychologischen und neurologischen Disziplinen (siehe Neuroökonomik) in Forschungs- und Anwendungsfelder des Eventmanagements wird i.d.R. ein deduktives Vorgehen genutzt. Die Eventpsychologie stellt, vergleichbar zur Sport- oder Werbepsychologie, eine anwendungsorientierte Subdisziplin dar.

    Merkmale

    Die Psychologie umfasst Grundlagenfächer wie die Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, aber auch Anwendungsfelder wie die Wirtschafts- und Wahrnehmungspsychologie sowie  Neuromarketing (vgl. Abb. „Blossom of Event Psychology“, weiterführend siehe Schmidt, 2021, 21ff.). Erkenntnisse aus diversen psychologischen Gebieten lassen sich dabei im (betriebswirtschaftlichen) Veranstaltungskontext reflektieren und ermöglichen damit in der Schnittmenge eine Anwendung im Eventmanagement. Ebenso lassen sich durch die methodische Adaption einzelner psychologischer Disziplinen auch einschlägige Forschungsfragen im unmittelbaren Veranstaltungskontext untersuchen. Diese tragen wiederum zu der Erweiterung der relevanten Erkenntnisse – über den Transfer aus anderen psychologischen Disziplinen hinaus – bei.

    Blossom of Event Psychology (Ronft, 2021a, S. 45)

     

    Ziele und zugrunde liegende Modelle

    Grundlegenden Ziele der psychologischen Optimierung von Veranstaltungen sind seitens der Veranstalter*innen eine kommunikative Wirksamkeitssteigerung und seitens der Teilnehmer*innen eine Optimierung der Customer Experience. Jedes Veranstaltungsformat – unabhängig davon, ob es sich um ein Public- oder Corporate Event (Unternehmenskommunikation), in physischer, hybrider oder virtueller Form, handelt – verfolgt eine gewisse kommunikative Zielsetzung. Dies kann im Freizeitbereich das Ziel der Unterhaltung der Eventteilnehmer*innen sein, bei einem Marketing-Event beispielsweise die Vermittlung von Produktwissen und Markenloyalität. Die Reflektion der einzelnen Eventelemente vor dem Hintergrund der psychologischen Effektivität im Abgleich mit dem dadurch determinierten Ressourceneinsatz können zu einem effizienteren Eventkonzept führen:
    Einen zentralen Themenkomplex der Eventpsychologie stellt daher die Wirkungsvorhersage dar. Gerade der Fokus auf multisensorische Wahrnehmung (multisensuale Markenkommunikation) genießt im Kontext der Live Communication besondere Beachtung. Die Besucherkommunikation ist auf einem Event, sowohl durch Sprache (Corporate Language) als auch durch non- und paraverbale Kommunikation, ein wichtiger Faktor. Eine ganzheitliche psychologische Betrachtung von Eventkonzepten schafft außerdem die die Möglichkeit, die Inklusion (Behindertengleichstellungsgesetz) von Menschen mit Behinderungen zu verbessern.

    Im Hinblick auf die Veranstaltungssicherheit ist zudem eine vorausschauende Unternehmensplanung und Reaktion der Veranstalter*innen – welche die Erkenntnisse aus der Wahrnehmungs-, Verhaltens- und Sozialpsychologie berücksichtigen – geboten.

    Den Eventmanager*innen, Künstler*innen, Speaker*innen und Sportler*innen etc. gebührt als zentrale Akteur*innen bei Events ebenfalls eine tiefergehende psychologische Aufmerksamkeit. So ist Stress (Beanspruchung und Belastung) ein wichtiges Thema und eine Herausforderung für die Eventindustrie. Der Umgang mit psychisch belastenden Situationen und Anforderungen erfordert gezielte Ansätze, um diesen proaktiv entgegen zu wirken.

    Die Anwendung psychologischer Erkenntnisse, auch unter Berücksichtigung von Megatrends wie Personalisierung, künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit, kann unabhängig des Formats zu Verbesserungen für Teilnehmer*innen, Veranstalter*innen und Sponsor*innen führen. Besondere Einsatzbereiche erstrecken sich von Educational-, Recruiting- und Networking-Formaten, zu Messen bis hin zu Sportevents sowie kulturellen Ausstellungen und Museen. Bei all den Möglichkeiten sind jedoch juristische und insbesondere ethische Limitationen der Einflussnahme auf die Teilnehmer*innen zu berücksichtigen.

    Ausblick

    Erfahrene Eventmanager*innen und Dienstleister*innen wissen um die Bedeutung der Psychologie und setzen Teilaspekte bereits intuitiv ein. Die Herausforderung der Eventpsychologie ist es jedoch, Wissenschaft und Praxiserfahrungen zu verknüpfen, zu akkumulieren und letztlich sowohl forschungs- als auch anwendungsorientiert zu konzentrieren. Dadurch werden eventpsychologische Inhalte systematisch aufgearbeitet, verständlicher und effizienter nutzbar. Daher gewinnt die Eventpsychologie als wissenschaftlicher Ausbildungsinhalt sowie als Beratungsleistung (Consulting) zunehmend an Bedeutung (Wrobel & Winnen, 2021, S. 57f.). Eine adaptierte Taxonomie der eventpsychologischen Wissens- und Kompetenzvermittlung ermöglicht den strukturierten Rahmen didaktischer Konzepte (Dinkel, Ronft & Zwingenberger, 2021). Erste staatliche und private Hochschulen haben Eventpsychologie bereits als Modul des Messe- und Eventmanagements curricular verankert (Dinkel et al., 2021, S. 97). Zur Fort- und Weiterbildung von Professionals werden von Weiterbildungsanbietern entsprechende Seminare ermöglicht (Dinkel et al., 2021, S. 101f.). Aufgrund der zunehmenden Thematisierung bei Branchenveranstaltungen und in Fachmedien sowie der wachsenden Anzahl von einschlägigen Seminar- und Studienabsolvent*innen ist eine weitere Verbreitung von eventpsychologischen Kenntnissen und Kompetenzen in der MICE-Branche zu erwarten.

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