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Industriepolitik, Konzeptionen

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Die Vertreter einer vorausschauenden Strukturplanung (positive Strukturanpassung, Picking the Winners) weisen dem Staat die Aufgabe zu, den Strukturwandel (struktureller Wandel) so zu beeinflussen, dass zukunftsträchtige Branchen rascher wachsen können und strukturschwache Branchen dementsprechend schneller schrumpfen. So sei es möglich, das Wachstum einer Volkswirtschaft insgesamt zu erhöhen sowie mehr Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen.

    2. Vertreter einer ordnungspolitisch orientierten Industriepolitik wenden dagegen ein, dass eine erfolgreiche Strukturplanung nur möglich sei, wenn staatliche Instanzen bessere Informationen über die künftige Wirtschaftsentwicklung hätten als private Wirtschaftssubjekte. Sie verweisen darauf, dass die sektorale Produktionsstruktur im Rahmen einer Marktwirtschaft das Ergebnis zahlreicher dezentraler Entscheidungsprozesse ist, die sich an der Veränderung der relativen Güter- und Faktorpreise orientieren. Da das System der relativen Preise das effizienteste aller denkbaren Informationssysteme sei, würden staatliche Planungseingriffe zwangsläufig zu verzerrten Produktionsstrukturen und gesamtwirtschaftlichen Effizienzverlusten führen. Aus dieser Sicht ist es gar nicht möglich, die gesamtwirtschaftlich optimale Produktionsstruktur vom Staat vorzugeben, da die dazu nötigen Informationen nicht verfügbar seien. Die sektorale Struktur einer Volkswirtschaft sei „zwar das Ergebnis menschlichen Handelns, aber nicht menschlichen Entwurfs” (Hayek). Der Industriepolitik komme demnach primär die Aufgabe zu, Hindernisse für den Strukturwandel aus dem Weg zu räumen, anstatt den Strukturwandel unmittelbar zu lenken.

    3. Vergleich der beiden Konzeptionen: Welche dieser beiden Grundkonzeptionen gesamtwirtschaftlich vorteilhafter ist, hängt aus theoretischer Sicht entscheidend davon ab, welche Rolle Pfadabhängigkeiten oder Hysterese-Effekten im Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung zukommt. Diese Effekte werden bes. im Rahmen der neuen Wachstumstheorie analysiert. Wenn damit gerechnet werden kann, dass sich die sektorale Struktur einer Volkswirtschaft ohne größere Friktionen flexibel an die jeweiligen komparativen Vor- und Nachteile gegenüber anderen Volkswirtschaften anpasst, führen staatliche Markteingriffe in die Sektorstruktur zwangsläufig zu gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsverlusten, da das Ausnutzen der international unterschiedlichen komparativen Kosten (komparative Vorteile) behindert wird. Wenn die Industriestruktur jedoch historische Beharrungstendenzen aufweist und nur unvollkommen auf Änderungen nationaler komparativer Vorteile reagiert, dann kann es gesamtwirtschaftlich sinnvoll sein, den Strukturwandel gezielt in eine Richtung zu lenken, die ein besseres Ausnutzen heutiger oder künftiger komparativer Vorteile erlaubt. Die Frage nach dem „richtigen” industriepolitischen Konzept lässt sich damit nicht rein theoretisch lösen, sondern bedarf der empirischen Analyse der Determinanten des sektoralen Strukturwandels.

    a) Weitgehend unstrittig ist die empirische Beobachtung, dass die sektorale Produktionsstruktur von Ländern im Zeitablauf recht stabil ist. Daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, dass die Sektorstruktur durch Hystereseeffekte geprägt ist, denn die Persistenz von Sektorstrukturen könnte auch das Ergebnis einer Persistenz der jeweiligen komparativen Vor- und Nachteile sein. Entscheidend ist vielmehr, ob die historisch gewachsene sektorale Struktur eines Landes auch dann bestehen bleibt, wenn sie aufgrund eines veränderten volkswirtschaftlichen Umfeldes in Widerspruch gerät zu den komparativen Vorteilen des betreffenden Landes. Gegen die These einer derart verstandenen strukturellen Hysterese sprechen die ausgeprägten Schrumpfungsprozesse arbeitsintensiver Industrien in hoch entwickelten Ländern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten infolge der verschärften Weltmarktkonkurrenz aus Niedriglohnländern ergeben haben. Gleichwohl kann die Frage der Struktur-Hysterese nicht als eindeutig empirisch geklärt angesehen werden. Der Streit zwischen den Verfechtern einer ordnungspolitisch orientierten Industriepolitik und einer Politik der positiven Strukturanpassung wird also wohl auch künftig anhalten.

    b) Die in den westlichen Industrieländern praktizierte Industriepolitik bewegt sich zwischen diesen beiden Polen. In den Grundsatzerklärungen der Regierungen wird zumeist die Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln als oberstes Ziel genannt, während in der Praxis immer wieder einzelne Branchen oder auch Unternehmen gezielt gefördert werden. Dabei geben rein ökonomische Argumente nur selten den Ausschlag; oftmals wird „politischen Zwängen” der Vorrang eingeräumt. Von allen Bereichen der Wirtschaftspolitik steht die Industriepolitik wohl am stärksten unter dem Druck von Interessengruppen.

    Vgl. auch Industriepolitik.

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