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Revision von StaRUG vom 27.04.2021 - 10:24

StaRUG

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Mit dem StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) gibt es seit 01.01.2021 einen neuen gesetzlichen Rahmen, der die Anforderungen an ein Krisen- und Risikofrüherkennungssystem präzisiert und erweitert. Die geforderte Früherkennung bestandsgefährdender Entwicklungen erfordert Risikoanalyse und Risikoaggregation, die auch bei mittelständischen GmbHs effizient umsetzbar sind. Das Gesetz erweitert zudem die Möglichkeiten der Restrukturierung eines Unternehmens zur Vermeidung einer Insolvenz (z.B. speziell über Restrukturierungspläne). Es betrifft alle „haftungsbeschränkten Unternehmensträger“, d.h. Aktiengesellschaften und auch alle GmbHs.

    Das StaRUG ist nicht nur relevant für Unternehmen in der Krise, sondern für alle Unternehmen, weil es auch Anforderungen an die Krisenfrüherkennung und damit das Risikomanagement formuliert. Verletzungen dieser Pflichten implizieren Haftungsrisiken für Vorstände bzw. Geschäftsführer.

    § 1 StaRUG enthält folgende Regelung:

    „§ 1 Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern
    (1) Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht. …“

    Der erste Satz entspricht weitgehend den Anforderungen des KonTraG (§ 91 AktG), demzufolge Systeme zur Früherkennung von „bestandsgefährdenden Entwicklungen“ einzurichten sind. Schon aus den Erläuterungen zum KonTraG ist bekannt, und in den diversen Standards festgehalten, dass die Krisenfrüherkennung ein Risikofrüherkennungssystem erfordert (siehe z.B. IDW PS 340 n.F. (2020) und DIIR RS Nr.2, vgl. Gleißner/Kimpel, 2019), das durch Risikoanalysen aufzeigt, welcher „Grad der Bestandsgefährdung“ sich aus den bestehenden Risiken und dem Risikodeckungspotenzial ergibt. Die „bestandsgefährdenden Entwicklungen“ sind nämlich meist das Ergebnis der Kombinationseffekte mehrerer Einzelrisiken, was eine Risikoaggregation (Monte-Carlo-Simulation) erforderlich macht. Bestandsgefährdungen ergeben sich aus einer Gefahr der Illiquidität. Bestandsgefährdende Entwicklungen durch (drohende) Illiquidität sind in der Regel das Resultat der Verletzung von Mindestanforderungen an das Rating oder der Verletzung von Kreditvereinbarungen (Covenants), die zu Kreditkündigungen führen können. Entsprechend sind die Implikationen von Risiken auf das Rating und Covenants zu betrachten.

    Diese bisherige bestehende Anforderung bezüglich Krisenfrüherkennung, Risikoanalyse und Risikoaggregation aus dem KonTraG wird durch StaRUG übernommen. Allerdings geht § 1 StaRUG über KonTraG hinaus. Die Geschäftsleiter werden nun verpflichtet, „geeignete Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen, wenn eine schwere Krise droht. Es werden also eine Planung von Gegenmaßnahmen und eine „unternehmerische Entscheidung“ (§ 93 AktG) zu Krisenbewältigungsmaßnahmen gefordert (vgl. § 14 StaRUG zur Wirksamkeit).

    Konkrete Hinweise, welche Charakteristika das Frühwarnsystem aufweisen soll, enthält das StaRUG also nicht. Dies ist aber nicht notwendig, weil die Anforderungen zur Früherkennung möglicher bestandsgefährdender Entwicklungen nahezu identisch aus §91 AktG entnommen wurde. Die betriebswirtschaftlichen Implikationen und Anforderungen, die sich aus §91 AktG – dem Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG) – ergeben, sind seit 1998 in Schrifttum und Standards bereits präzise dargelegt worden. Dieser Stand des Wissens ist entsprechend relevant für die Interpretation von StaRUG (siehe dazu Scherer, 2014). Klar ist, dass die Früherkennung von schweren Krisen bzw. bestandsgefährdenden Entwicklungen ein Risikofrüherkennungssystem erfordert, da Krisen das Resultat eingetretener Risiken sind. Die Anforderungen an ein solches Risikofrüherkennungssystem kann man nachlesen in Standards, wie dem DIIR RS Nr. 2 (Deutsches Institut für interne Revision) oder dem neuen IDW Prüfungsstandard 340 n.F. (2020) sowie in ergänzender Fachliteratur und wissenschaftlichen Stellungnahmen (siehe z.B. Gleißner, 2018; Angermüller et al., 2020; Gleißner/Kimpel, 2019; Romeike, 2008; Gleißner, 2017a; Vanini/Rieg, 2021). Notwendig ist insbesondere eine systematische Identifikation und sachgerechte Quantifizierung der Risiken und insbesondere eine Risikoaggregation, da bestandsgefährdende Entwicklungen meist aus Kombinationseffekten von Einzelrisiken resultieren. Bei dieser Risikoaggregation werden die quantifizierten Risiken in den Kontext der Unternehmensplanung gestellt, um zu analysieren, welche Auswirkungen die Risiken auf die die zukünftigen Cashflows und das Rating haben. Zur Aufdeckung „bestandsgefährdende Entwicklungen“ erfordert die Aggregation von Risiken mit Bezug auf die Unternehmensplanung den Einsatz von stochastischen Simulationsverfahren (Monte-Carlo-Simulation), da Risiken nicht addierbar sind. Bei der Risikoaggregation kann somit eine große repräsentative Anzahl möglicher risikobedingter Zukunftsszenarien berechnet und analysiert werden. Aus der Bandbreite des Ergebnisses (Cashflows) kann dann auf die Höhe möglicher risikobedingter Verluste und damit auf den Bedarf an Eigenkapital und Liquidität zur Risikodeckung sowie die Insolvenzwahrscheinlichkeit und die „Wahrscheinlichkeit einer bestandsgefährdenden Entwicklung“ geschlossen werden („Gefährdungswahrscheinlichkeit“).

    Die Möglichkeit der Unternehmensabsicherung durch ein Restrukturierungsprogramm bei einer erkannten Bestandsgefährdung wurde durch das StaRUG deutlich erweitert.

    Bislang gab es den Weg über eine sog. außergerichtliche Sanierung oder aber über den Weg eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens, insbesondere der Eigenverwaltung oder eines Schutzschirmverfahrens (siehe Kühne/Lienhard, 2020). Eine außergerichtliche Sanierung ist grundsätzlich nur möglich, wenn alle Vertragspartner den erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zustimmen. Dies ist in einem gerichtlichen Sanierungsverfahren nicht erforderlich, allerdings wird ein solches Verfahren veröffentlicht. Gerade dies wollen einige Unternehmen bzw. Unternehmer nicht. Der „präventive Restrukturierungsrahmen“ des StaRUG versucht, die Vorteile beider Verfahrenswege zu verbinden. Zum einen soll das Verfahren tendenziell nicht öffentlich sein. Auf der anderen Seite soll auch die Möglichkeit bestehen, einzelne Vertragspartner auch gegen deren Willen zur Zustimmung zu zwingen, um damit den Weg für die Sanierung freizumachen. Ebenso sollen einzelne Verträge auch einseitig beendet werden können, wenn dies zur Sanierung des Unternehmens erforderlich ist.

    Kernelement der präventiven Restrukturierung ist der Restrukturierungsplan. Der Inhalt orientiert sich grundsätzlich an den Regelungen des Insolvenzplans (Nickert et al., 2019). Der Restrukturierungsplan ist in einen darstellenden Teil und in einen gestaltenden Teil unterteilt. Der darstellende Teil enthält eine Beschreibung des Unternehmens und eine Ursachenanalyse der bestehenden Krise, sowie die für die Krisenbewältigung erforderlichen Maßnahmen. Der gestaltende Teil beinhaltet dann die konkrete Umsetzung der erforderlichen Restrukturierungsmaßnahmen. Beispielweise können hier Verzichte auf Gläubigerforderungen, Sanierungsbeiträge von Investoren sowie eventuelle gesellschaftsrechtliche Strukturierungsmaßnahmen aufgenommen werden.

    Ein Restrukturierungsbeauftragter steuert die Restrukturierung. Er ist ein für den jeweiligen Einzelfall geeigneter, in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine sonstige natürliche Person mit vergleichbarer Qualifikation zu bestellen, die von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängig ist und die aus dem Kreis aller zur Übernahme des Amtes bereiten Personen auszuwählen ist.

    Hinweis: Teilweise in Anlehnung an Gleißner/Lienhard/Kühne, 2021.

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