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Strategieberatung

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon
    I. Gegenstand

    Als Spezialgebiet der klassischen Unternehmensberatung beinhaltet die Strategieberatung die Unterstützung eines Unternehmens oder einer Organisation bei der Behandlung strategischer Fragestellungen. Diese betreffen die Überprüfung, Weiterentwicklung oder Neuentwicklung von Zielrichtungen, Konzepten und Maßnahmen einschließlich der Gestaltung gesamthafter Geschäftsmodelle. Strategieentwicklung ist immer auf die Zukunft gerichtet. Sie basiert einerseits auf Erwartungen betreffend das Unternehmensumfeld (z. B. Märkte, Technologie, Wettbewerb, gesetzlicher Rahmen usw.) und andererseits auf grundsätzlichen und umfassenden Zielsetzungen für das Unternehmen (z. B. Fortbestand, Marktposition, Kapitalrendite, Shareholder Value).

    Es handelt sich um einen Prozess von Analyse, Interpretation und kreativer Gestaltung, in dem Rationalität und Intuition zusammenwirken. Nicht jede Strategie wird systematisch entwickelt. Gezielte Strategieentwicklung erfordert einerseits die Bereitschaft zu dezidiertem strategischem Handeln, andererseits ein breites Spektrum fachlicher Kompetenzen und Erfahrungen (z. B. Branchenerfahrungen). Diese Voraussetzungen können in einem Unternehmen ganz oder teilweise fehlen. Hieraus ergibt sich der Ansatzpunkt und vielfach die Notwendigkeit der Strategieberatung.

    II. Anlässe der Strategieberatung

    Die Hinzuziehung von Strategieberatern resultiert aus dem Bedürfnis von Firmenleitungen, eine unvoreingenommene Perspektive für das Unternehmen zu gewinnen und evtl. divergierende Auffassungen über die Weiterentwicklung des Unternehmens zu überwinden. Dabei ergeben sich unterschiedliche Aufgabenstellungen.

    n    Überprüfung bestehender Strategien: Unternehmen befinden sich zu jeder Zeit in einer bestimmten strategischen Position und handeln in strategisch relevanter Weise. Bewusst oder unbewusst verfolgte Strategien stellen nicht zwingend ein Optimum dar. Zu überprüfen ist ihre Stichhaltigkeit in Bezug auf Umfeld und Unternehmensziel sowie ihre Konsistenz und innere Widerspruchsfreiheit. Die Überprüfung kann durch negative Entwicklungen (z. B. rückläufige Geschäftsentwicklung, sinkende Erträge, unbefriedigende Kapitalverzinsung), aber auch durch neue Geschäftsideen im Unternehmen ausgelöst werden. Auch das Anstehen bedeutender Investitionen kann Anlass einer Überprüfung sein.

    n    Weiterentwicklung/Anpassung von Strategien: Die Notwendigkeit zur strategischen Weiterentwicklung oder Anpassung (Strategic Redesign) ergibt sich aus externen oder internen Veränderungen. Das externe Umfeld des Unternehmens verändert sich stetig oder sprunghaft (z. B. Marktsättigung, Auftreten neuer Technologien, neuer Gesetze und Wertvorstellungen, neuer Wettbewerber). Intern kann die Verfügbarkeit neuer oder zusätzlicher Ressourcen (z. B. Erfindungen, verfügbar werdender Cashflow) ebenso wie ihr Wegfall (z. B. Auslaufen von Patenten, Verlust wichtiger Mitarbeiter, Wegfall von Betriebsgenehmigungen usw.) Anlass zu expansiver oder kontraktiver Umorientierung geben.

    n    Neuentwicklung von Strategien: Die Notwendigkeit für einen strategischen Neuanfang (Strategic Renewal) ergibt sich bei der Neugründung von Unternehmen, im Zusammenhang mit Fusionen oder Übernahmen sowie vielfach nach einem Eigentümerwechsel. In diesen Fällen wird häufig eine Neudefinition des allgemeinen Unternehmensziels erforderlich, die eine strategische Neupositionierung im Markt und eine Anpassung der Wertschöpfungskette nach sich zieht.

    III. Ebenen der Strategieberatung

    Auf den verschiedenen Unternehmensebenen stellen sich unterschiedliche strategische Aufgaben, die mit jeweils entsprechenden gedanklichen Ansätzen zu bearbeiten sind. Der Berater muss je nach Strategieebene über spezifische Kenntnisse und Erfahrungen verfügen.

    n    Unternehmensstrategie (Corporate Strategy): Auf der obersten Unternehmensebene (z. B. Konzernebene) sind insbes. folgende strategische Fragen zu entscheiden:
    (1) Festlegung der Grundwerte des Unternehmens und Formulierung einer unternehmerischen ® Vision (Strategic Intent); (2) Festlegung/Aktualisierung und Quantifizierung gesamthafter und übergreifender Unternehmensziele;
    (3) Auswahl und Gewichtung der einzubeziehenden Geschäftsfelder (Geschäftsportfolio);
    (4) Zielsetzungen bzw. Mission der einzelnen Geschäftseinheiten im Unternehmensverbund;
    (5) Prüfung und Genehmigung der nachgeordneten individuellen Geschäftsstrategien,
    (6) Übergreifende Zuteilung von Mitteln für die einzelnen Geschäftseinheiten (Allocation of Resources). Wichtige Arbeitsbereiche der Entwicklung von Unternehmensstrategien sind: Analyse von Trends und Diskontinuitäten, Entwicklung von Branchen- und Umfeldszenarien, Beurteilung der internen Kernkompetenzen, Portfolio-Analyse und -management, Wertmanagement, Allianzen, Übernahmen, Zusammenschlüsse.

    n    Geschäftsstrategie (Business Strategy): Auf der Ebene selbstständig planender und operierender Geschäftseinheiten ergeben sich v. a. folgende strategische Fragestellungen:
    (1) Positionierung der Geschäftseinheit im Verhältnis zum Wettbewerb;
    (2) Auswahl der fokussiert zu bearbeitenden Marktsegmente;
    (3) Definition und Bewertung strategischer Optionen;
    (4) Entscheidung für/gegen eine zu verfolgende Geschäftsstrategie und ein Erfolg versprechendes Geschäftsmodell;
    (5) Definition der zur Durchsetzung erforderlichen internen Wertschöpfung;
    (6) Prüfung der Machbarkeit (Feasibility Study);
    (7) Quantifizierung der angestrebten Ergebnisse im Zeitablauf (Business Plan);
    (8) Ausarbeitung von Aktionsplänen zur Umsetzung. Wichtige Arbeitsbereiche der Entwicklung von Geschäftsstrategien sind die Analyse von Branchen- und Technologietrends, die Bewertung branchenspezifischer Marktkräfte (Nachfragestruktur, Lieferantenstruktur, Wettbewerber, Substitutionsrisiken) sowie die Einschätzung von Produktlebenszyklen.

    n    Funktionale Strategie: Entscheidungen auf der funktionalen Ebene innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens sind der Unternehmens- und der Geschäftsstrategie nachgeordnet. Sie können aber im Hinblick auf Effizienz, Kosten oder Kapitalbindung besondere strategische Bedeutung erlangen und die Voraussetzung für besondere Wettbewerbsvorteile und die Entwicklung neuartiger Geschäftsmodelle schaffen. Wichtige Fragestellungen sind z. B.:
    (1) Konformität interner Prozesse mit den Anforderungen der Geschäftsstrategie (z. B. Kosten, Effizienz, Schnelligkeit);
    (2) Grad der Produktivität und Kosteneffizienz (z. B. Forschung und Entwicklung, Kundenbeziehungen);
    (3) Optimierung der Wertschöpfungstiefe (z. B. Fremdvergabe);
    (4) Generierung von zusätzlichem Kundennutzen durch Einsatz überlegener Systeme (z. B. Vernetzung mit Kunden und Lieferanten). Wichtige Arbeitsbereiche der funktionalen Strategieentwicklung können sein: Prozess-Reengineering, industrieübergreifende Vergleiche (Cross Industry Functional Benchmarking (CIFB)), Outsourcing/Insourcing, Nutzung von Erfahrungskurven usw.

    IV. Vorgehen der Strategieberatung

    Strategieberatung folgt grundsätzlich dem allgemeinen Muster von Beratungsprojekten. Ausgehend von einer Lagebeurteilung werden Handlungsoptionen erarbeitet, geprüft und einer Auswahl unterworfen. Die Umsetzung der gewählten Variante wird vorbereitet, später die Implementierung im Unternehmen begleitet und unterstützt. Spezifische Ausprägungen und Erfordernisse ergeben sich aus der Vielschichtigkeit strategischer Fragestellungen.

    n    Klärung der Strategieebene/Projektfokus: Auch bei Anstoß durch das Unternehmen kommt i. d. R. dem Berater die Aufgabe der eindeutigen Projektformulierung zu. Hierzu gehört bereits in der Akquisitionsphase die Klärung der Strategieebene, auf der sich das Projekt bewegen soll. Sofern Fragestellungen verschiedener Ebenen gleichzeitig aufgeworfen werden, ist die Reihenfolge ihrer Behandlung mit dem Klienten zu vereinbaren. Die gedankliche Hierarchie deutet darauf hin, dass in derartigen Fällen die Unternehmens- bzw. Konzernebene Vorrang vor der Geschäftsebene und der funktionalen Ebene hat. Ein Top-down-Denkansatz ist dennoch nicht zwingend, da bspw. das Auftreten neuer Wettbewerber oder neuer Geschäftsmodelle die Überprüfung der gesamten Unternehmensstrategie (z. B. der Portfoliostrategie) auslösen kann. Dessen ungeachtet muss für jedes Projekt ein inhaltlicher Fokus gefunden werden. Dies schließt nicht aus, dass Strategieberatung mehrere Stufen durchläuft und dass mit neuen Erkenntnissen auch Verschiebungen des Projektfokus einvernehmlich vorgenommen werden können.

    n    Unternehmensziele: Strategieentwicklung setzt das Vorhandensein von Unternehmenszielen voraus. Beratung impliziert daher die grundsätzliche Klärung dieser Ziele und häufig auch ihre Neuformulierung im Dialog mit der Unternehmensführung vor der endgültigen Definition des Projektes. Dieser Prozess kann sich in der Praxis wiederholen, falls aufgrund strategisch relevanter Informationen eine Zielkorrektur sinnvoll wird. Strategieberatung kann auch Anlass zur Revision von Unternehmenszielen im Licht einer vorhandenen Vision sein.

    n    Auswahl relevanter Informationen: Aus der Sicht des Beraters und Projektmanagers ist es erforderlich, rasch Klarheit über die vorhandene bzw. notwendige Informationsbasis zu gewinnen. Schlüsselinformationen werden zusammengestellt, auf ihre Relevanz geprüft und zu einer Situationsbeschreibung zusammengeführt. Eventuelle Fehlinterpretationen sind frühzeitig zu eliminieren. Im Einvernehmen mit dem Klienten wird eine gemeinsame Wissensbasis für die strategische Analyse etabliert.

    n    Analyse der strategischen Ausgangslage: In dieser Phase wird v. a. die methodische Kompetenz des Beraters in Anspruch genommen. Unter externem Blickwinkel bezieht sich die Analyse auf die Position des Unternehmens im wirtschaftlichen Umfeld, die Stellung und das Verhalten der Wettbewerber, die Machtverhältnisse von Kunden und Lieferanten, die Möglichkeit des Auftretens neuer Marktteilnehmer oder von Substitutionsprodukten. Die interne Analyse bezieht sich auf die Kosten- und Ertragsposition des Unternehmens, vorhandene Kernkompetenzen, die Sinnfälligkeit seiner Wertschöpfungskette in Bezug auf Markterfordernisse und Zielgruppen, die Bewertung einzelner Geschäftsbereiche usw. In dieser Phase sind auch zu erwartende konjunkturelle Verläufe sowie strukturelle Trends bzw. Brüche zu erfassen (z. B. weltwirtschaftliche Entwicklungen, demografische Veränderungen, Tendenzen im Kundenverhalten) und ggf. zu Szenarien zu verdichten (Szenarioanalyse).

    n    Strategieentwicklung im engeren Sinn: Vor dem Hintergrund der Position des Unternehmens werden strategische Denkansätze im Sinn von Handlungsentwürfen entwickelt. Dem Berater und Projektmanager obliegt es, vorhandene Ideen zu sammeln, weitere Ideen einzubringen und durch geeignete Veranstaltungen (z. B. Brainstorming-Workshops) das Generieren neuer Ideen zu unterstützen. Der innovative Gehalt einer künftigen Strategie wird in dieser Projektphase begründet. Soweit die generierten Ideen sich zu konkreten Handlungsoptionen verdichten, sind sie qualitativ und quantitativ zu bewerten und einer Auswahl zu unterziehen. Die Entwicklung von Auswahlkriterien erfolgt mit Blick auf die Unternehmensziele im Dialog mit der Unternehmensleitung. Alle Handlungsalternativen werden an den Kriterien gemessen, die im Sinne eines Filters die zweckdienlichsten Optionen erkennen lassen. In dieser Phase kann der Berater Erfahrungen sinnvoller Operationalisierung einbringen. Bei Vorliegen mehrerer plausibler Zukunftsszenarien wird es notwendig, alle Handlungsalternativen vor deren Hintergrund durchzuspielen und so auf ihre Robustheit und ihr gesamthaftes Wertsteigerungspotenzial zu überprüfen.

    n    Entscheidung: Die verantwortliche Entscheidung zugunsten einer strategischen Option obliegt der Unternehmensführung. Der Berater muss aber bereit und in der Lage sein, Empfehlungen abzugeben und diese nachvollziehbar quantitativ und qualitativ zu begründen. In jedem Fall obliegt es ihm, die systematische Entscheidungsvorbereitung sicherzustellen. Hierzu gehört in erster Linie die finanzielle Bewertung jeder Alternative, im Fall einer Geschäftsstrategie etwa in Form eines Geschäftsplans (Business Plan). Mögliche Risiken (z. B. das Nichteintreten von Annahmen, Gegenreaktionen von Wettbewerbern) werden in ihren möglichen Auswirkungen als Varianten berücksichtigt. Falls mehrere Zukunftsszenarien in Betracht gezogen werden, sind deren Parameter zu einer weiteren Auffächerung der zu erwartenden Ergebnisse einzusetzen. Schließlich ist die reale Umsetzbarkeit jeder Variante zu prüfen. Die systematische Entscheidungsvorbereitung führt nicht zu einer Verringerung der Ungewissheit über die Zukunft, ermöglicht jedoch, die Bandbreite möglicher Folgen einzugrenzen.

    V. Implementierung

    Die Entwicklung jeder Strategie hat ihre Umsetzung im Unternehmen und die Durchsetzung im Markt zum Ziel. Der Erfolg hängt einerseits von der Entschlossenheit des verantwortlichen Managements, andererseits von der Beachtung spezifischer Erfordernisse ab. Der Vorgang kann durch beratende Unterstützung abgesichert, erleichtert und beschleunigt werden, wobei methodische Kompetenz und (z. T. auch branchenübergreifende) Erfahrung den wesentlichen Nutzen stiften. Die Implementierung einer neuen oder abgewandelten Strategie erfordert im Unternehmen einen Veränderungsprozess. Sie kann scheitern, wenn die Strategie im Unternehmen nicht verstanden und akzeptiert wird. Hieraus resultiert interner Kommunikations- und Schulungsbedarf. Auf das Instrumentarium des Change Management wird verwiesen.

    Die Gesamtstrategie muss ferner in Einzelziele und -aufgaben aufgefächert werden, um wirksam werden zu können. Dies bindet qualifizierte Managementkapazität, die durch den Einsatz der seit dem Entwicklungsstadium involvierten Strategieberater wirksam ergänzt werden kann. Die Umsetzung der Strategie im Unternehmen muss letztendlich durch das Handeln der Mitarbeiter in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen erfolgen. Es hat sich herausgestellt, dass dieser Effekt durch Zielvorgaben (z. B. Budgets) nur mangelhaft erreicht werden kann. Es gilt vielmehr, quantitative Ziele mit qualitativem Handeln zu kombinieren und die Eigeninitiative und Kreativität der Mitarbeiter in die strategisch gewollte Richtung zu lenken. Eine erfolgreiche Methode wurde unter der Bezeichnung Balanced Scorecard (BSC) bekannt. Sie beinhaltet die Abstimmung einzelner Ziele und Maßnahmen mit der Unternehmensstrategie und ermöglicht die Kontrolle strategiegerechten Handelns. Die Einführung und Nutzung dieser Instrumente gilt inzwischen als fester Bestandteil der Strategieberatung.

    Vgl. auch Consulting.

    Quelle: Jörg Schneider, Stichwort Strategieberatung, in: Quelle: Rolf-Dieter Reineke / Friedrich Bock (Hrsg.), Gabler Lexikon Unternehmensberatung, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-409-12008-1

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