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Subsidiarität

Definition: Was ist "Subsidiarität"?

Der Katholischen Soziallehre entstammendes Prinzip, das auf die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung abstellt. Nur dort, wo die Möglichkeiten des Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe nicht ausreichen, Aufgaben zu lösen, sollen staatliche Institutionen eingreifen. Dabei ist der Hilfe zur Selbsthilfe der Vorrang vor einer unmittelbaren Aufgabenübernahme durch den Staat zu geben. Das Subsidiaritätsprinzip ist ein zentrales Element des ordnungspolitischen Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft. Es hat zudem Eingang gefunden in zahlreiche Rechtssysteme, etwa im Europarecht.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Begriff: Der katholischen Soziallehre entstammendes gesellschaftsethisches Prinzip (Ethik), das auf die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung abstellt. Nur dort, wo die Möglichkeiten des Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe (Familie, Gemeinde) nicht ausreichen, die Aufgaben der Daseinsgestaltung zu lösen, sollen staatliche Institutionen subsidiär eingreifen. Dabei ist der Hilfe zur Selbsthilfe der Vorrang vor einer unmittelbaren Aufgabenübernahme durch den Staat zu geben. Der individuelle Aspekt der Subsidiarität (Selbstverantwortung) und der gesellschaftliche Aspekt (Schaffung der materiellen Voraussetzungen hierfür durch den Staat) lassen sich nicht scharf voneinander abgrenzen: Je nach Akzentuierung entsprechen sowohl marktwirtschaftliche als auch wohlfahrtsstaatliche Konzepte (Wohlfahrtsstaat) dem Subsidiaritätsprinzip. Das Subsidiaritätsprinzip ist ein zentrales Element des ordnungspolitischen Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft.

    2. Finanzwissenschaft: Subsidiarität wird als Grundsatz für die Aufgabenverteilung zwischen Privaten und Staat sowie innerhalb des privaten und öffentlichen Sektors angewandt. Die Verantwortung für eine Aufgabe ist der jeweils kleinsten dafür geeigneten Einheit zu übertragen; die Abstufung der Einheiten reicht vom Individuum über den privaten Haushalt und andere private Gemeinschaften bis hin zu den öffentlichen Kollektiven unterschiedlicher Größe (Verbände, Gemeinden, Länder, Zentralstaat, supranationale Organisationen). Aus der Subsidiarität ergeben sich Empfehlungen für die Zuständigkeit des Staates (z.B. für die Empfangsberechtigung von Sozialhilfeleistungen) und für die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Ebenen.

    Zuständigkeiten der einzelnen Verwaltungsebenen: Die übergeordnete Ebene greift erst dann ein, wenn die untergeordnete überfordert ist.

    Umfang der Wirtschaftstätigkeit öffentlicher Verwaltungen: Eine negative Interpretation von Subsidiarität besagt, dass sich die öffentliche Hand nur dann wirtschaftlich betätigen darf, wenn die privaten Unternehmen nicht im Stande sind, die notwendigen Aufgaben zu erfüllen (Lückenbüßerfunktion); bei einer positiven Formulierung von Subsidiarität übernehmen die öffentlichen Unternehmen eine Vorreiterfunktion, durch die die Betätigung privater Unternehmen erst möglich wird.

    3. Sozialpolitik: Im Rahmen der Sozialpolitik bedeutet der Grundsatz der Subsidiarität, dass eine Wahrnehmung von (sozialen) Aufgaben durch den Staat nur dann erfolgen soll, wenn diese von nichtstaatlichen Einrichtungen (z.B. freie Wohlfahrtspflege, SozialKirchen) nicht erfüllt werden können.

    4. Europarecht: Mit dem am 1.11.1993 erfolgten Inkrafttreten des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union (EUV) ist ein spezifisch gemeinschaftsrechtliches Subsidiaritätsprinzip formal etabliert worden.
    a) Rechtsgrundlage: Art. 5 EUV-Lissabon besagt, dass bei Angelegenheiten, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, die Union nur tätig wird, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr  wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser  zu verwirklichen sind“ (Art. 5 Abs. 3 EUV). Der Subsidiaritätsgrundsatz des Unionsrechts entspricht also dem föderalen Prinzip und dient dem Zweck, dass in der Union staatliche Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden und die nationale Identität der Mitgliedstaaten gewahrt bleibt.
    b) Das europarechtliche Subsidiaritätsprinzip bedeutet keine Zuweisung von Zuständigkeiten, sondern eine Anweisung für deren praktische Ausübung. Der Europäische Rat von Edinburgh hat 1992 ein Gesamtkonzept zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips verabschiedet. Seither werden sämtliche Rechtsetzungsakte der EU einer Subsidiaritätsprüfung unterzogen. Mit dem Protokoll Nr. 30 präzisierte der Amsterdamer Vertrag weiter die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips.

    5. Genossenschaftswesen: im Gegensatz zum Zentralitätsprinzip im Konzern (genossenschaftlicher Finanzverbund). Übergeordnete Verbundunternehmen sind nur dienende Institutionen der vorgelagerten Stufen; sie besitzen keinen von der genossenschaftlichen Primärstufe zu isolierenden Selbstzweck, sondern erfüllen Aufgaben, die von vorgelagerten kleineren Einheiten nicht oder nur in unzureichendem Maße erbracht werden könnten.

    6. Versicherungswesen: Subsidiarität im Versicherungswesen bedeutet, dass ein Rangverhältnis zwischen zwei oder mehreren Versicherungen besteht. Die subsidiäre Versicherung kommt erst dann zum Tragen, wenn eine andere Versicherung nicht leisten muss.

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