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Statistik

Definition: Was ist "Statistik"?
Umfassendes methodisch-quantitatives Instrumentarium zur Charakterisierung und Auswertung empirischer Befunde bei gleichartigen Einheiten („Massenphänomenen”) mit universellen Einsatzmöglichkeiten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und allen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften einschließlich Medizin und Technik, in denen mit Zahlen gearbeitet wird. Ergebnisse statistischer Untersuchungen werden ebenfalls als Statistik bezeichnet. Statistik findet darüber hinaus gelegentlich auch Verwendung als Synonym für Schätzfunktion.

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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    von Professor Dr. Dr. h. c. mult. Eberhard Schaich

    I. Begriff

    Umfassendes methodisch-quantitatives Instrumentarium zur Charakterisierung und Auswertung empirischer Befunde bei gleichartigen Einheiten („Massenphänomenen”) mit universellen Einsatzmöglichkeiten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und allen Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften einschließlich Medizin und Technik, in denen mit Zahlen gearbeitet wird. Ergebnisse statistischer Untersuchungen werden ebenfalls als Statistik bezeichnet. Statistik findet darüber hinaus gelegentlich auch Verwendung als Synonym für Schätzfunktion.

    II. Zielsetzungen und Gegenstände

    Statistische Methoden sind darauf ausgerichtet, unter gleichen Rahmenbedingungen häufig beobachtbare Vorgänge mithilfe von Zahlen allgemein zu charakterisieren. Typischerweise sind statistische Untersuchungen auf die Beschreibung (Deskription) oder Erkundung (Exploration) einer geeignet abgegrenzten Grundgesamtheit von Einheiten (z.B. der Bevölkerung eines Landes, der Tagesproduktion einer Fertigungsanlage) gerichtet oder und insbesondere darauf, Schlussfolgerungen über die Strukturen in einer Grundgesamtheit (Induktion; Inferenz) zu ermöglichen. Wird die Grundgesamtheit empirisch vollständig erfasst (Vollerhebung), konzentrieren sich die statistischen Methoden auf die Deskription der Befunde, also die Überführung der empirisch erlangten Einzelinformationen in global kennzeichnende Aussagen (deskriptive Statistik). Hierzu werden Häufigkeitsverteilungen, Mittelwerte, Anteilswerte, Streuungsmaße, Korrelationskoeffizienten und tabellarische und graphische Darstellungsmethoden herangezogen. Die Beurteilung einer Grundgesamtheit gelingt auch dann, wenn diese nur teilweise empirisch erfasst wurde, soweit eine Zufallsstichprobe (repräsentative Stichprobe), also eine durch einen zufälligen Auswahlvorgang gewonnene Teilgesamtheit, vorliegt. Diese Beurteilung mittels Zufallsstichprobenbefund geschieht durch Punkt- und Intervallschätzung von Kenngrößen der Grundgesamtheit und durch Prüfung von Hypothesen über solche Größen (Inferenzstatistik). Die Inferenzstatistik basiert auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung und liefert deshalb wahrscheinlichkeitsgestützte Aussagen. Die explorative Datenanalyse nimmt eine Stellung zwischen der deskriptiven und der induktiven Statistik ein. Sie ist konzipiert als Suchprozess für Strukturen und Besonderheiten in den Daten, der neue Fragestellungen oder Hypothesen aufdecken soll, und ist in der Regel nicht ohne intensiven Computereinsatz möglich.

    Methoden der Statistik, die primär zur Beantwortung substanzwissenschaftlicher Fragestellungen eingesetzt werden (Kennzeichnung der Entwicklung eines Preisniveaus, der Fertilität einer Bevölkerung, Ermittlung des Bruttosozialproduktes eines Landes) werden als materielle Statistik neben die methodische Statistik gestellt. Innerhalb dieser werden Teilbereiche, z.B. Bevölkerungs-, Wirtschafts-, Betriebsstatistik oder spezieller Preis-, Einkommens-, Produktivitäts- oder Hochschulstatistik unterschieden.

    Die Ökonometrie ist intensiv mit der Statistik verknüpft. Sie ist enger angelegt, da ihr Gegenstand speziell die Modellierung und statistische Charakterisierung ökonomischer Phänomene betrifft. Jedoch ist in der Ökonometrie der umfassende Einsatz von Punkt- und Intervallschätzung sowie Hypothesenprüfung unabdingbar, weil zu ökonomischen Vorgängen nur Stichprobenbefunde verfügbar sein können. Die Statistik ist daher neben der Wirtschaftstheorie die wichtigste Komponente der Ökonometrie, deren materieller Teil als empirische Wirtschaftsforschung oder angewandte Ökonometrie bezeichnet wird.

    Den wahrscheinlichkeitsbasierten Methoden der Statistik kommt in der Entscheidungstheorie eine besondere Bedeutung für die Informationslagen Unsicherheit und Risiko zu, etwa im Versicherungswesen, bei der Analyse von Finanzmärkten oder bei Kreditwürdigkeitsbeurteilungen im Bankwesen.

    III. Arbeitsschritte bei statistischen Untersuchungen

    Ausgangspunkt ist ein Untersuchungsziel, z.B. Kennzeichnung der Mitarbeiterstruktur einer Unternehmung, das zunächst durch Festlegung der zu berücksichtigenden Untersuchungsvariablen, wie Alter, Ausbildungsstand, Zugehörigkeitsdauer und der zu erkundenden Zusammenhänge statistisch präzisiert werden muss. Die Grundgesamtheit, z.B. die Mitarbeiterschaft einer Unternehmung, ist sachlich, räumlich und zeitlich abzugrenzen. Bei der Erhebung, also der empirischen Ermittlung der Werte der Untersuchungsvariablen, sind Kostenfragen unmittelbar mit der Qualität der zu erzielenden Daten verknüpft. Bei der Auswertung von Unterlagen, die eigentlich anderen Zwecken dienen (Sekundärstatistik), z.B. Personalakten, wird eine größere Wirtschaftlichkeit oft mit einer unvollkommenen Ausrichtung auf das Untersuchungsziel erkauft. Auch bei schriftlichen oder mündlichen Befragungen oder Beobachtungen eigens für Zwecke einer statistischen Untersuchung (Primärstatistik) sind die richtige Erfassung der Zielgesamtheit (Probleme der Nichterfassung und Mehrfacherfassung) und die korrekte Ermittlung der Variablenwerte (Angabefehler, Auskunftsverweigerung) Voraussetzungen für verwertbare Resultate. Die ermittelten Daten werden mittels Tabellen und Graphiken in übersichtliche Darstellungsformen gebracht. Bei dieser Aufbereitung sind geeignete Computerprogramme unentbehrlich. Die aufbereiteten Resultate werden schließlich der Analyse zugeführt, wobei in jedem Fall Methoden der Deskription (Ermittlung von Kenngrößen einschließlich Zusammenhangskoeffizienten) am Anfang stehen.

    IV. Repräsentativstatistiken

    Erfolgt eine Teilerhebung (Stichprobenerhebung), etwa von 400 Personen, die zu einer Belegschaft von 12.000 Personen einer Unternehmung gehören, dann muss die Auswahl der Stichproben zufällig erfolgt sein, sollen die Stichprobenresultate als Schätzungen auf die Grundgesamtheit übertragen oder Hypothesen über die Grundgesamtheit geprüft werden können. Für die Zufälligkeit der Auswahl sind zahlreiche Stichprobenverfahren verfügbar, die jeweils eine adäquate Übertragung der Stichprobenbefunde auf die Grundgesamtheit ermöglichen.

    V. Statistische Adäquation

    Die Problemkreise der Festlegung der Untersuchungsvariablen angesichts des Untersuchungsziels, der richtigen Eingrenzung der Grundgesamtheit, der korrekten Erhebung der Daten, der fehlerfreien Aufbereitung und der dem Untersuchungsziel gerecht werdenden Analysemethoden sowie, bei Repräsentativuntersuchungen, der zufälligen Auswahl der Stichprobeneinheiten werden als Adäquationsprobleme der Statistik (Adäquation) zusammengefasst. Ihre Lösung ist unmittelbar mit der Qualität erzielter Resultate verknüpft.

    VI. Teilbereiche der methodischen Statistik

    Von universeller Anwendungsbedeutung sind Maße zur Charakterisierung von Häufigkeitsverteilungen, v.a. Mittelwerte, Streuungsmaße und Korrelationskoeffizienten, die unter deskriptiver und inferenzieller Perspektive betrachtet werden können. Die Grundlage der Inferenzstatistik ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung. In der Stichprobentheorie werden Modelle zur optimalen zufälligen Auswahl von Teilgesamtheiten mit ihren wesentlichen inferenziellen und organisatorischen Implikationen betrachtet. Die Theorie der Schätzfunktionen (Schätzfunktion) hat die Eignung von aus Zufallsstichproben gewonnenen Maßgrößen für die Parameterschätzung zum Gegenstand. Bei der Theorie der Hypothesenprüfung (statistische Testverfahren) werden substanzwissenschaftlich entwickelte Hypothesen über Parameter oder Verteilungsfunktionen von Grundgesamtheiten unter Inkaufnahme einer (wenig über null gelegenen) Irrtumswahrscheinlichkeit (Signifikanzniveau) statistisch überprüft. Die statistische Entscheidungstheorie bildet den theoretischen Überbau der Schätzung und Hypothesenprüfung und kann auch als Teil der (allgemeiner angelegten) Entscheidungstheorie aufgefasst werden. In dieser kommt heute den Entscheidungen unter Unsicherheit bei voller oder teilweiser Kenntnis von Wahrscheinlichkeitsverteilungen über der Menge der Umweltzustände besondere Bedeutung zu. Die Analyse des Zusammenhangs mehrerer statistischer Variablen erfolgt in der Regressionsanalyse, bei der die funktionale Form zufallsbedingt gestörter Wirkungszusammenhänge im Vordergrund steht, sowie in der Korrelationsanalyse, bei der die Intensität der statistischen Verknüpfung zwischen Variablen erfasst wird. Von besonderer Bedeutung in der Wirtschaftswissenschaft sind die Methoden der Zeitreihenanalyse, die für Prognosen nutzbar gemacht werden. Die dynamische Analyse zahlreicher ökonomischer und demographischer Prozesse erfolgt auf der Grundlage der Theorie stochastischer Prozesse. Im Marketing werden zahlreiche  Verfahren der multivariaten Statistik (Clusteranalyse, Faktorenanalyse, Diskriminanzanalyse, Varianzanalyse) eingesetzt.

    Gegenstand der Bevölkerungsstatistik sind die Methoden und Ergebnisse der Erfassung und Prognose von Bevölkerungsbewegungen durch Geburten, Eheschließungen, Sterblichkeit und Wanderungen.

    Von erstrangiger Bedeutung in der Wirtschaftsstatistik sind die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), zu denen auch die statistische Problematik makroökonomischer Aggregatgrößen gerechnet wird, die Input-Output-Analyse, die Theorie der Indexzahlen (Indexzahl), z.B. Preisindexzahlen, sowie die statistische Analyse wirtschaftlicher Konzentration.

    In der Betriebsstatistik stehen Methoden der Verlaufsstatistik, der Stichprobenverfahren im Rechnungswesen, der Arbeitsprozessanalyse (Multimomentverfahren; Multimoment-Zeitstudien) und der laufenden Kontrolle und Überwachung der Qualität von Fertigungsprozessen im Vordergrund.

    VII. Institutionen der amtlichen Statistik

    Für die amtliche Statistik in Deutschland gelten die Prinzipien der fachlichen Zentralisation und der regionalen Dezentralisation. Neben der fachlich verselbstständigten Statistik (ausgelöste Statistik) gibt es auch noch Ressortstatistik durch Verwaltungen, falls statistische Unterlagen bei Verwaltungsvorgängen anfallen oder falls sich deren Bearbeitung vom Verwaltungsablauf nicht trennen lässt.

    Die fachlich verselbstständigte Statistik wird vom Statistischen Bundesamt, von den Statistischen Landesämtern und den Statistischen Ämtern und Dienststellen der Gemeinden, v.a. der Großstädte, durchgeführt. Das Bundesamt in Wiesbaden, eine selbstständige Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Innenministers, hat vorwiegend die Aufgaben, Statistiken für Bundeszwecke vorzubereiten und weiterzuentwickeln, auf einheitliche Durchführung der Programme durch die Länder hinzuwirken, die Ergebnisse zusammenzustellen und zu veröffentlichen, Statistiken der EU und internationaler Organisationen zu präsentieren und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen durchzuführen. Den Landesämtern obliegt der Hauptteil der Durchführungsarbeiten; sie nehmen Einfluss auf die Bundesstatistik über den Statistischen Beirat beim Statistischen Bundesamt.

    Die rechtlichen Grundlagen amtlicher statistischer Tätigkeit leiten sich aus Art. 73 Nr. 11 und Art. 83 GG ab. Sie ergeben sich aus dem Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (BStatG) vom 22.1.1987, aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vom 14.1.2003 und aus Landesgesetzen, etwa Landesdatenschutzgesetzen. Die Durchführung von Bundesstatistiken muss in der Regel durch ein Bundesgesetz angeordnet werden. Die Vereinheitlichung der amtlichen Statistik der ehemaligen Bundesrepublik und der neuen Länder ist im wesentlichen vollendet. Ein Informationsbedarf richtet sich insbesondere auf eventuell noch vorhandene strukturelle Unterschiede und macht separate Ausweise, etwa in der Erwerbstätigkeits- und Lohnstatistik, sinnvoll und nötig.

    VIII. Quellenwerke amtlicher statistischer Daten

    Solche werden vom Statistischen Bundesamt, von den statistischen Ämtern der Bundesländer, von statistischen Ämtern anderer Staaten sowie von internationalen Organisationen (z.B. vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften) veröffentlicht. Vom Statistischen Bundesamt werden v.a. das Statistische Jahrbuch sowie Wirtschaft und Statistik (monatlich mit einem Text- und einem Zahlenteil erscheinend) veröffentlicht. Neben diesen zusammenfassenden, also alle Tätigkeitsfelder der amtlichen Statistik abdeckenden Veröffentlichungen erfolgen in weniger regelmäßiger Abfolge Veröffentlichungen innerhalb von Fachserien, die durch thematische Spezialisierung gekennzeichnet sind. Weiter können zahlreiche Daten auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes abgerufen werden.

    IX. Ausbildung

    Statistik ist Gegenstand oder Bestandteil zahlreicher Studiengänge an Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien.

    1. Studiengänge

    Vor etwa drei Jahrzehnten wurde an manchen Universitäten (München; Dortmund) der Studiengang Statistik mit dem Abschluss Diplom-Statistiker eingeführt. Hauptgegenstand dieses Studienganges ist die methodisch-theoretische Statistik. Ein zweiter, in der Regel wählbarer Schwerpunkt ist ein Anwendungsfeld, etwa Wirtschaftswissenschaft, Biologie oder Medizin. Dieser Diplom-Studiengang wurde inzwischen durch entsprechende Bachelor-Master-Strukturen (B Sc.; M Sc.) ersetzt.

    Statistik ist ein Kernbestandteil fast aller wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge, etwa der Bachelor- und Master-Studiengänge in den Fächern Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftspädagogik, Psychologie und Soziologie, sowie verschiedener naturwissenschaftlicher, technischer und medizinischer Studiengänge. Meist, etwa in den wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen, ist eine Pflicht-Grundausbildung von vier bis zwölf Semesterwochenstunden im Studienplan enthalten. Darüber hinaus kann Statistik (gelegentlich einschließlich, gelegentlich neben Ökonometrie), etwa in den wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor- und Master-Studiengängen, als Vertiefungsgebiet gewählt werden. Analoge Regelungen gelten für verschiedene naturwissenschaftliche Studiengänge. Speziell im Studiengang Mathematik ist Statistik v.a. in der letzten Phase des Bachelor-Studiums und im Master-Studium  als mathematische Statistik (Stochastik) einer von verschiedenen möglichen Schwerpunkten.

    An den betriebswirtschaftlichen Fachbereichen der Fachhochschulen und der Berufsakademien sind in der Regel ebenfalls Pflicht-Grundausbildungen in Statistik eingeführt.

    2. Studieninhalte

    Speziell in den wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen an Universitäten umfasst die Grundausbildung deskriptive Statistik, Wirtschaftsstatistik, Bevölkerungsstatistik sowie Wahrscheinlichkeitstheorie und die wesentlichen Grundlagen der Inferenzstatistik.

    Aufbauend auf der Grundausbildung werden v.a. die Gebiete Wirtschaftsstatistik, Verlaufs- und Bevölkerungsstatistik, Stichprobenverfahren, Regressions- und Korrelationsanalyse, Schätz- und Testmethoden, Ökonometrie und angewandte Wirtschaftsforschung, insbesondere Ökonometrie der Finanzmärkte, Zeitreihenanalyse, Prognoseverfahren, statistische Entscheidungstheorie, multivariate Analysemethoden, verteilungsfreie Prüfverfahren und stochastische Prozesse vertreten.

     

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