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Das Original: Gabler Wirtschaftslexikon

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    Inhaltsverzeichnis

    1. Begriff und Charakterisierung
    2. Geschichtliche Entwicklung
    3. Rechtsform
    4. Aufbau/Organisation
    5. Gliederung der Verbände

    Begriff und Charakterisierung

    „Eine nach außen regulierend beschränkte oder geschlossene soziale Beziehung, wenn die Innehaltung ihrer Ordnung garantiert wird durch das eigens auf deren Durchführung eingestellte Verhalten bestimmter Menschen“ (Weber). Die Einstellung der Mitglieder zum Verband kann traditionell, emotional oder zweckrational bestimmt sein. Im sozialen Prozess der Verbandbildung erblickt H. Spencer einen durch vorwiegend objektiv-sachliche oder durch vorwiegend subjektiv-persönliche Momente bestimmten Fall der Integration.

    Geschichtliche Entwicklung

    Gekennzeichnet durch die wechselnde Auffassung zur Frage der zwischen Individuum und Staat liegenden Verbandssphäre: Das auf individualistischer Grundlage basierende Naturrecht des 18. Jh. bekämpfte die Auswüchse und den Zwangscharakter der Zünfte und Gilden. Rousseau hatte die These aufgestellt, dass der überindividuelle Gesamtwille des Volkes (la Volonté Générale) am besten zum Ausdruck komme, wenn der Bürger dem Staate unmittelbar - also ohne Zwischenschaltung der Verbände (Associations Partielles) - gegenübertrete. In diesem Sinn erging während der Französischen Revolution (1791) ein Koalitionsverbot. Obgleich in der Folgezeit Vertreter der organischen Staatslehre und Verfechter des berufsständischen Gedankens die Notwendigkeit von Zusammenschlüssen weiterhin betonten, kam es erst um die Mitte des 19. Jh. wieder zur Verbandsbildung. Die Folgeerscheinungen des Kapitalismus führten zur Gründung von Genossenschaften, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und berufsständischen Vertretungen. Im Hoch- und Spätkapitalismus ist das Verbandswesen vornehmlich zweckrationalistisch und erwerbswirtschaftlich orientiert. Dem suchen die Vertreter der universalistischen und solidaristischen Sozialphilosophie und Weltanschauung entgegenzuwirken. Nach ihrer Forderung sollen die Zielsetzungen der Verbände an denen des sozialen Ganzen ausgerichtet werden, sodass sie - ideal gesehen - als Bindeglied zwischen den Interessen des Einzelnen und den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Belangen der Gemeinschaft dienen können.

    Rechtsform

    1. Formen:
    (1) Rechtsfähige oder nicht rechtsfähige auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende privatrechtliche Vereine (§§ 21 ff., 54, 705 ff. BGB); Regelfall. Für sie gilt der Grundsatz der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG).
    (2) Körperschaften des öffentlichen Rechts, auf der Grundlage einer gesetzlich statuierten Pflichtzugehörigkeit errichtet.
    (3) Öffentlich anerkannte (Wirtschafts-)Verbände, die kraft Gesetzes mit bestimmten Aufgaben und Befugnissen ausgestattet sind.

    2. Außerhalb des Gesetzesrechts und des Rechts über Vereine und Verbände hat sich im Laufe der Zeit ein umfangreiches Verbandsrecht (in Form von Satzungen, Ordnungen, Allgemeinen Geschäftsbedingungen etc.) entwickelt. Dieses erfasst nicht allein Tatbestände, die der Gesetzgeber nicht geregelt hat, sondern es rückt nicht selten verbandsrechtliche Vorschriften anstelle (abdingbaren) Rechts.

    Aufbau/Organisation

    Unterschiedlich. Bisweilen umfasst ein großer Verband natürliche und juristische Personen (selbst solche öffentlichen Rechts). Zwischen Zweigvereinen und Zentralverband können als Zwischenglieder Unterverbände mit geografischer (Orts-, Kreis-, Landesverband) oder sachlicher Gliederung geschaltet sein. Spitzenverbände (lose Zusammenfassung mehrerer großer Verbände) werden gebildet, um in wichtigen Fragen schnell und ohne großen Apparat Stellung nehmen zu können.

    Große Verbände verfügen gewöhnlich über Präsidium, Vorstand und (Haupt-)Geschäftsführung. Bei manchen Verbänden wechselt die Verbandsleitung zwischen den einzelnen Verbandsvereinen; die Leitung führt dann der jeweils bestimmte (gewählte) „vor Ort“.

    Gliederung der Verbände

    1. Politische Verbände: a) Politische Parteien.

    b) Vereinigungen mit allg. politischen oder bestimmten sonderpolitischen Zielen, die u.U. auch Einfluss auf das staatspolitische Geschehen anstreben.

    2. Kultur-Verbände: Die Verbände für Volksbildung, Kunst und Wissenschaft, Weltanschauung und Idealismus, darunter nach Aufbau, Organisation und Auswirkung bedeutend die religiös-kirchlichen Verbände, wissenschaftliche Verbände (z.B. Verein für Sozialpolitik, Deutsche Statistische Gesellschaft), Verband der Volksbildung und Organisationen des Sports.

    3. Berufs-Verbände: Berufsverbände.

    4. Wirtschafts-Verbände: Vereinigungen von Unternehmern (und Unternehmen) des gleichen fachlichen Wirtschaftszweiges, die die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder fördern und bes. gegenüber der Öffentlichkeit, gegenüber den staatlichen Regierungs-, Verwaltungs- und Gesetzgebungsorganen und gegenüber anderen Wirtschaftszweigen vertreten.

    I.d.R. sind Wirtschafts-Verbände fachlich und regional stark differenziert. Bei privatrechtlicher Organisation können konkurrierende Verbände für das gleiche fachliche oder regionale Gebiet entstehen (so gibt es vielfach für Klein-, Mittel- und Großbetriebe des gleichen Wirtschaftszweiges und -bezirkes getrennte Verbände). Regional- oder fachlich getrennte Verbände können sich zu Dachverbänden (loserer Zusammenschluss als beim Spitzenverband) zusammenschließen. Für Hauptzweige der Wirtschaft entstehen Spitzenverbände (z.B. auf dem Gebiet der Industrie, des Verkehrsgewerbes, der Energiewirtschaft etc.). Es gibt internationale Verbände und Arbeitsgemeinschaften fachlicher Art.

    Privatrechtliche Wirtschafts-Verbände sind i.d.R. Vereine.

    Die Wirtschafts-Verbände unterscheiden sich von den
    (1) öffentlichen Markt-Verbänden: Sie üben keine marktregelnden Funktionen aus (öffentlich-rechtliche Markt-Verbände sind körperschaftlich organisierte Verbände, denen zur Erfüllung ihrer Funktionen hoheitliche Funktionen anvertraut sind; öffentlich anerkannte Markt-Verbände nehmen bestimmte nichthoheitliche Funktionen wahr);
    (2) berufsständischen Vereinigungen bzw. Kammern [Industrie- und Handelskammern (IHK), Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern], die innerhalb des Kammerbereiches die regionalen Interessen des von ihnen repräsentierten Hauptzweiges der Wirtschaft wahrnehmen;
    (3) Arbeitgeber-Verbände, die mit der Wahrnehmung der sozialen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den Arbeitnehmer-Verbänden betraut sind (kombinierte Verbände, die auch spezifische Unternehmerinteressen - als Wirtschaftsverband - vertreten, sind möglich);
    (4) wissenschaftlichen, technischen und sozialen Wirtschaftsvereinigungen, die vornehmlich der Forschung, der Unterrichtung und verwandten Aufgaben dienen (auch hier sind kombinierte Verbände denkbar).

    Vgl. auch Non-Profit-Organisation (NPO), Interessengruppen.

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