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Verteilungstheorie

Definition: Was ist "Verteilungstheorie"?

Die Verteilungstheorie fragt allererst danach, wie das Ziel der Verteilungsgerechtigkeit (Verteilungspolitik) bestimmt werden kann? Und untersucht wie die konkrete Verteilungssituation aufgrund des Zusammenwirkens des ökonomischen und politischen Systems zustande gekommen ist. Schließlich analysiert die Verteilungstheorie die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten einer auf die Änderung der bestehenden Einkommens- und Vermögensverteilung gerichteten staatlichen Verteilungspolitik.

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    Ausführliche Definition im Online-Lexikon

    1. Aspekte: a) Wie kann das Ziel Verteilungsgerechtigkeit (Verteilungspolitik) (oder nach Friedman verteilende Gerechtigkeit) bestimmt werden (normative Theorie)? Hier wird die Frage nach den Leitbildern der Verteilungspolitik behandelt. Man kann dieser Problematik nicht mit dem Hinweis, dass es sich um ethische Fragen handelt, ausweichen und gleichzeitig die Status-quo- oder die Marktverteilung als Verteilungsnorm akzeptieren. Spätestens bei der Behandlung wirtschaftspolitischer Fragen ist die Festlegung bestimmter Verteilungsnormen unumgänglich. Dabei ist es nicht erforderlich, dass diese Normen quantitativ exakt fassbar sind.

    b) Wie ist die konkrete Verteilungssituation aufgrund des Zusammenwirkens des ökonomischen und politischen Systems zustande gekommen (positive Theorie)? Bes. werden untersucht:
    (1) Verteilungswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen (Konjunktur-, Wettbewerbs- und Umweltpolitik etc.);
    (2) Verteilungswirkungen anderer Entwicklungstendenzen, wie konjunkturelle Entwicklung, Wachstumstrend, Konzentration, Umweltschäden etc.;
    (3) Wirkungen von Verteilungsaktivitäten einzelner Wirtschaftssubjekte, von Gruppen, von Organisationen und des Staates auf andere Entwicklungen und Ziele;
    (4) ökonomische und gesellschaftliche Funktionen von Verteilungskonflikten (Konflikttheorie und Ungleichgewichtsanalyse). Ökonomisch wie soziologisch stehen sich dabei zwei Schulen gegenüber.

    Die Gleichgewichtstheoretiker halten Konflikte für dysfunktional, funktionslos und systemzerstörend (soziologisch: Mayo, Merton, Parson; ökonomisch: Klassiker, Monetaristen, Supply-Sider).

    Dagegen untersucht die Konflikttheorie die Funktionen von Konflikten (soziologisch: Simmel, Coser, Dahrendorf, Marx; ökonomisch: Keynes, Postkeynesianer). Die Analyse der Verteilung kann immer nur im Rahmen eines Gesamtmodells erfolgen. Demnach müssen kurz- bis mittelfristige Verteilungsanalysen immer im Zusammenhang mit Konjunktur, Beschäftigung und Inflation erfolgen, während langfristige Verteilungsaussagen nur im Zusammenhang mit einer vollständigen Wachstumstheorie möglich sind. Umgekehrt gilt aber auch: Jede Wirtschafts-, Konjunktur- bzw. Wachstumstheorie ist nur vollständig, wenn die Verteilungsproblematik explizit integriert ist. Die Integrationsforderung gilt also in beiden Richtungen (Integrationsansätze zur Verteilung, postkeynesianische Verteilungstheorie).

    c) Schließlich analysiert die Verteilungstheorie die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten einer auf die Änderung der bestehenden Einkommens- und Vermögensverteilung gerichteten staatlichen Verteilungspolitik.

    2. Wichtigste Verteilungsprobleme einer Marktwirtschaft: Im Bereich der Produktionsprozesse erfüllt das marktwirtschaftliche Prinzip wichtige Anreiz-, Koordinations- und Lenkungsfunktionen (Anpassung der Produktions- an die Nachfragestruktur bei grundsätzlicher Freiheit der Konsum- und Berufswahl), die vergleichsweise gut funktionieren, auch wenn keine uneingeschränkte Konkurrenz zwischen allen Anbietern und Nachfragern vorliegt.

    b) Der Marktmechanismus versagt hingegen in einer Reihe wichtiger Bereiche.
    (1) Er vermag keine Vermögensverteilung zu garantieren, die sowohl die Startchancen egalisiert als auch ökonomische Machtkonzentration vermeidet.
    (2) Marktprozesse gewährleisten keine befriedigende Lösung von Problemen der sozialen Sicherung, der Bildungspolitik, der Gesundheitspolitik und des Umweltschutzes.
    (3) Die Verteilung des Volkseinkommens zwischen privaten Wirtschaftssubjekten und dem Staat bez. der Steuerlastquote und der Steuerstruktur unterliegt keiner automatischen marktmäßigen Selbststeuerung.
    (4) Der Markt löst bekanntlich aufgrund von Marktversagen auch nicht das verteilungsrelevante Problem der Versorgung mit öffentlichen Gütern und Kollektivgütern.

    3. Arten: In der Literatur zur Verteilungstheorie werden bes. folgende Verteilungsmodelle unterschieden:
    (1) Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung;
    (2) Monopolgradtheorie der Verteilung;
    (3) Keynes-Kaldor-Verteilungstheorie (Kreislauftheorie der Verteilung);
    (4) mittelfristige Integrationsansätze zur Verteilung der Neuen Keynesianischen Makroökonomik;
    (5) neoklassische Wachstums- und Verteilungsmodelle (neoklassische Verteilungsmodelle);
    (6) postkeynesianische Verteilungstheorie.

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